Oberösterreich, 35. Jahrgang, Heft 1, 1985

Jahr durch das Fest des goldenen Priesterju biläums des Abtes unterbrochen, aber auch von der Pest gestört wurde,die bis ins Jahr im Garstener Gebiet wütete. Als Bildhauer war von 1680 bis 1682 Johann Jakob Canevale tätig; der Bruder des Poliers, des Comasken Bernardo Spazio, der in Linz ansässige Johann Baptist Spaz der Jüngere, und der Schweizer Petrus Magnus Roß arbei teten ebenfalls als Bildhauer an der Fassade. Nagelfluh wurde für die Grundmauer und den Sockel verwendet, der Klelnraminger Sandstein hat sich für die übrigen Blldhauerarbelten später nicht als sehr wlderständsfählg erwiesen. Das Jahr 1680 brachte kaiserlichen Besuch nach Garsten,auch Herzog Karl von Lothrin gen beehrte das Kloster. Im selben Jahr ver starb Pletro Francesco Carlone und Carlo Antlonlo, der auch die übrigen Aufträge des Vaters In Admont und Seckau, Kremsmünster und Schllerbach fortzusetzen hatte,folgte als Baumelster. In diesem Jahr kam übrigens schon der Dachstuhl auf das Sakristeigebäu de. 1682 setzte der junge Garstener Zlmmermelster Johann Offenhuber den Dachstuhl auf den Kirchenbau und der milde Winter er möglichte noch die EInwölbung von Presbyterlum und Sakristei.Johann Jakob Canevale nahm Abschied. Im nächsten Jahre wurde Giovanni Battlsta Carlone, ein Bruder des Baumeisters, Prinzipal, er schuf die Stuck figuren, seine Gehilfen arbeiteten an den Zieraten. Die Arbelt begann Im Sommerchor und ging, wie Anselm berichtet,„so schlelnig vor sich, daß fast alle Tag ein Engerl, wie sie In dem Bettchor zu ersehen, Ist verförtiget worden,ein großer engl aber, wi er das gsims der kürchen trägt, über 2 Täg nit viel bedörffen". Von April bis September dieses Jahres hatte man den Sommerchor und die Decke des Presbyterlums und Langhauses fertig. Mitte August waren schon die Freskomaler aus Und bei Krems eingetroffen, die aus dem Böhmischen kommenden Brüder Grabenberger, nach „Ordnung ihrer Kunst" von An selm folgendermaßen gereiht: Michael Chri stoph, Michael Georg und Johann Bernhard. Der erstgenannte, Michael Christoph, war Prinzipal. Nach einem Mißgeschick im Som merchor, wo sie das hiesige Material noch nicht kannten und das mittlere Stück noch mals herunterschlagen mußten,ging es auch in dieser Sparte gut weiter. Im September hat ten sie die Gemälde im Sommerchor, Presbyterium und Langhaus fertig. Im nächsten Jahr war die Arbeit gerade begonnen, da brach der Türkenkrieg aus. Der zwanzigjähri ge Waffenstillstand mit der Pforte war abge laufen, am 14. Juli standen 200.000 Türken unter Kara Mustafa vor Wien, selbst in Steyr machten sich viele zur Flucht bereit. Der achtzigjährige Abt Roman traf vorsorglich die nötigen Anstalten: Archiv und Bibliothek ka men in sichere Gewölbe, der Kirchenschatz sollte über Mondsee nach Salzburg gebracht werden. Am 19. Juli reiste der schwerkranke Abt In einer Sänfte nach Spital am Pyhrn,auf die Nachricht der Belagerung der Stadt Tulln durch die Türken machte sich auch der Kon vent bereit. 72 Mann standen zum Schütze des Klosters unter Waffen.Am 12.September kam aber die Siegesnachricht über den Ent satz Wiens. Ein Monatspäterstarb Abt Roman,der zuvor noch wegen seines Zustandes In einer Truhe helmgebracht worden war. Ein erfülltes Le ben hatte sein Ende gefunden. Zu diesem Zeltpunkt war die Stiftskirche mit Ausnahme des Abschlusses der Fassaden türme bereits fertiggebaut. Der Carloneforscher Johann Sturm klassifiziert Garsten als „Höhe- und Endpunkt der Garlonekirchen mit Ihrer überzeugenden Gesamtwirkung von Architektur, Stuckplastik und Farbe sowie gleichzeitigen Idealen Erfüllung der trldentlnlschen Architekturvorschriften", wie sie der hl. Carlo Borromeo als Kardlnal-Erzblschof von Malland für seine Diözese formuliert hatte. Der neue Abt Roman Angerer, der schon seit Jahren die Seele der Bautätigkeit In Garsten gewesen war und dazu das genaue Tage buch führte, konnte nach der Turmkreuzsteckung Im Jahre 1684 an die Vollendung der Inneneinrichtung schreiten. Carlo Anto nio Carlone hatte den Plan für den Hochaltar schon entworfen, Jakob RIttInger aus Kla genfurt arbeitete bereits an den Schnitzarbei ten, als er am 8. Dezember 1683 unter dem Kiosternamen Marian seine Profeß als Laien bruder ablegte. Natürlich waren neben Ihm viele Hände tätig, bis am 5. Oktober 1685 nach achtjähriger Bauzeit mit einfacher Be nediktion die Eröffnung der Kirche vorge nommen werden konnte. Am 27. Juli 1686 wurden die Reliquien des hl. Berthold In feier licher Weise in der dem Grabe Otakars gegenüberliegenden Nische beim Bertholdiaitar beigesetzt. Die feierliche Einweihung der Klosterkirche Marlä Himmelfahrt erfolgte erst am 29. September 1693, Inzwischen war auch die Losenstelnerkapelle fertiggestellt. In deren Bauvertrag Carlo Antonio Carlone be scheiden als „Maurmeister" unterzeichnete. Die Stiftsbauten hat Carlo Antonio Carlone noch bis zu seinem Tode Im Jahre 1708 In Passau mit Prälatur und Saaltraktfortgeführt, von diesem Zeltpunkt an war Jakob Prandtauer Stiftsbaumelster, der die Vorstellungen Carlones für den repräsentativen Westhof übernahm und den Westtrakt bis 1715, dem Rechts: Architekturhandbuch des Andrea Rozzo — „Der Mahler und Baumelster Perspectiv", Augsburg 1709 — mit Besitzvermerk von Jakob Prandtauer — „mirr Jacob Prandtauer zugehörig", DIözesanmuseum Linz 16

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