Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Kunst der Gegenwart und Fama, christlichem Glauben und jahr hundertealter Naturreligion. Ali dieser thematisch scheinbar bedingten Orgiastik und Bacchantik zum Trotz haftet diesem Ouevre im Grunde eine große Kontrolliertheit, mehr noch eine ureigene Keuschheit und Scheu an. Eine Zurückhal tung, welche durchaus der Introvertiertheit ihres Schöpfers entspricht. Ritters Werk steht im Grunde ferne der Zeiten, sicherlich weit weg vom Lauten. Es ist getragen von einer stillen Weisheit, einem augenzwinkernden Wissen um die Essenz und Existenz der Din ge, gepaart mit einem treffenden, doch nie verletzendem Humor. Fast noch stärker als in den Plastiken kom men all diese Kriterien in Ritters zeichneri schem Schaffen zum Ausdruck. Es umfaßt viele tausende Blätter, ganze Schreibtischla den von unveröffentlichten, noch nie wirklich gehobenen Schätzen, und begleitet die bild hauerische Tätigkeit dieses Künstlers von den ersten Schaffensjahren an in steter Konti nuität. Vornehmlich ist es die Tuschezeich nung in ihrer strengen Reduktion auf das Schwarz-Weiße, ihrer äußersten Konzentriertheit und Komprimiertheit auf die Linie als un endliche Ansammlung von Punkten, ohne Versuch einer Flächenimagination. Sicher lich übertrifft die Sicherheit der Strichführung und die Qualität des Endproduktes in diesem Metier bei weitem alle Versuche des Künst lers mit der Farbe, wie Aquarell oder Misch technik, welche sich ebenfalls vereinzelt vor finden. Thematisch kreisen diese Blätter um die von der Plastik her bekannten Sujets wie etwa den Gaukler, den Jongleur, den Zirkus clown, die Zwischenwesen, dazu immer wie derden sitzenden, stehenden oder liegenden Frauenkörper, im Idealfall mit einem Strich, in faszinierendem Verve — ohne abzusetzen — durchgezogen. Sodann als Neuland die Landschaft. Nie das Bekannte, Bedeutende, immer das scheinbar Unwichtige kürzelartigunprätentiös bewältigt wiedergegeben. Hauptsächlich Themen aus der steirischen Heimat; da eine alte Ziegelfabrik mit verfal lendem Schlot, dort Häuser aus den Vororten von Graz. Eine einsame Straße oder ein klei ner Marktflecken an der Pack. Nie Aufregen des, immer Stilles wird hiervon der sicheren Hand des Künstlers unverwechselbar einge fangen. Als drittes schließlich das Thema des Todes in einer von ferne an den alten Secessionsfreund Thöny gemahnenden Sublimierung und Dichte. Der Tod, welcher uns aus dem Spiegel entgegengrinst, dem Hochseil akrobaten aufs Trapez folgt. Die berühmte Sängerin, welche von ihm am Klavier beglei tet wird oder der Tod, welcher uns nur ganz einfach über die Schulter schaut, bedeutend, daß er unser aller Leben fortwährend mitver folgt, uns während all des Erdendaseins doch nie aus den Augen läßt, als sichere Endkon sequenz unserer Existenz. Gerade diese Blätter sind ferne jeder Theatralik von einer geradezu bestürzenden Aktualität und Dichte und gehören sicherlich zum bedeutendsten innerhalb des Ritter'schen Schaffens, dar über hinaus aber auch der österreichischen Zeichnung der letzten Jahrzehnte. So beruhigend es ist zu wissen, daß der bild hauerische Nachlaß dieses Künstlers neben den in der Neuen Galerle Graz, der Österrei chischen Galerie Wien und der Neuen Gale rie Linz befindlichen Arbeiten nunmehr ein Domizil im Linzer Stadtmuseum Nordico ge funden hat, so unbegreiflich und bedauerlich ist es, daß Ritters bedeutendes, zeichneri sches Werk bislang so gut wie im Verborge nen blüht. Es zu heben, wäre sicherlich die Aufgabe einer verantwortungsvollen Mu seumspolitik. IjäLERIE SSDlfR CUALIWVOLLE GEMÄU3E ALTER&NEUER MEISTER (6.2DJHD[) ERLESENE AMTIQUITÄTEN FRANZ GLAUBACKER (Sarajewo 1896—1974 Linz) „WOLFGANG AMADEUS MOZART" Farbkreide auf Papier 50 X 35 cm signiert und datiert 1971 4020 Linz, Klosterstraße 14 - Telefon 0 73 2/27 00 86 - Geschäftszeiten: Montag-Freitag 10-12 und 15-18 Uhr, Samstag 10-12 Uhr 75

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