Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Kunst der Gegenwart Trendumkehr signalisieren, läßt sich hier und heute noch keineswegs mit Sicherheit fest stellen. Klar ist, daß die skizzierte Situation nicht eben angetan ist, das Verständnis für jene Künstler zu heben, welche unbeirrbar ihren Weg im Sinne tradierter Werte weiterbeschritten haben. Erblickte man etwa noch vor drei ßig Jahren in Toni Stadler einen späten Höhe punkt der traditionsreichen Münchner Bildhauerschule, ist sein Name heute den jungen Akademiestudenten kaum noch ein Begriff. Auch um Walter Ritter, welcher Jahrzehnte hindurch ein entscheidender Animator und Impulsgeber der Linzer Kunstschule wie auch Kunstszene war und mit seinen Plasti ken Zeichen von absoluter Unverrückbarkeit setzte, ist es seit Jahren auffallend und unge rechtfertigt still geworden. Mehr noch: Die junge Generation steht seiner symbolträchti gen Figurenwelt vielfach mit einer eigentüm lichen Hilflosigkeit gegenüber. Aus diesem Grunde und weil er selbst ein Stiller, ein hart näckig Schweigender, professioneller Tief stapler ist, scheint es an der Zeit, sich aus An laß seines achtzigsten Geburtstages wieder einmal sein künstlerisches Ouevre zu verge genwärtigen, weiches in der Gesamtheit von einer heute nicht eben selbstverständlichen Dichte, Geschlossenheit und Geradlinigkeit ist. Wer als Pöstlingbergwanderer seit Jahrzehn ten an dem von Plastiken umgebenen, von al ten Kastanienbäumen umstandenen ehema ligen Schablederwirtshaus vorübergeht, wird kaum glauben, daß sein stiller Klausner kein gebürtiger Linzer ist. Tatsächiich kam Walter Ritter an den Gestaden der Mur, in Graz, am 26. Mai 1904 zur Welt. Seine Vorfahren sind aus dem Erzgebirge zugewandert, wobei der Vater ein wohlhabend-angesehener Kauf mann war. Obwohl sich innerhalb der Ritter'schen Ahnen keinerlei künstlerische Tra dition feststellen läßt, zeigen die Eltern ein erstaunlich großes Verständnis dafür, daß der Filius kaum nennenswerte Anstalten macht, die Handelsakademie zu Ende zu bringen, statt dessen von allem Anfang an ausschließ lich Interesse am Zeichnen bekundet. Ein Be such an der Grazer Kunstgewerbeschule bei dem damals recht bekannten Bildhauer Wil helm Gösser wird ermöglicht. Doch ieider beendet der unerwartet frühe Tod des Vaters diese glückliche Zeit sehr abrupt und entzieht dem heranreifenden Künstler vor allem auch die so wichtige ökonomische Basis. Fragt man Walter Ritter heute nach seiner er sten entscheidenden, künstlerischen Begeg nung, verweist er auf die berühmten Bronze türen von Hildesheim, welche er anläßlich einer in jener bitteren Zeit unternommenen is 'ä Oben: Drei Flötenspielerinnen, Bronze, gegossen 1980, am 8. 9. 1980 aufgestellt im Donaupark Linz nahe dem Brucknerhaus. — Foto: A. Durchan Rechts: Jongleur, 132 x 58 x 22 cm, Bronze, Besitz Walter Ritter 70

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