Historische Kunst der Ranshofener Festprozession von 1699 ebenso bloß aus Ranken gebildet, wie dies die aquarellierte Bilderserie mit der Darstel lung des ganzen Festzuges im Oberösterreictiisctien Landesmuseum zeigt. Auf diese Weise wurde in Ranshofen der Akanthus zum bestimmenden Faktor eines Gesamtkunst werks von einem solctien Umfang gemacht, daß vorübergehende Festdekoration und Kirchenausstattung gleichermaßen einbezo gen wurden. Zugleich trat an ein und demsel ben Ort die verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Rankenaltären und den italienisch-hochbarocken Festwägen einsich tig zutage. Die Übertragung ihrer malerischen Stileigen schaften in das Medium der Altäre hatte die gattungsimmanente Entwicklungsgrundlage der freien Knorpelwerkretabel und die Hilfe der Ornamentstichsammlungen zur Voraus setzung. Im sakralen Ambiente gewinnen diese Akanthusgebiide als Altäre nun den hochbarock transzendentalen Charakter einer flimmernden Gloriole, einer von Engeln und Heiligen bewohnten Zwischenwelt, die in ihrem Realitätsgrad rational nicht mehr defi nierbar ist. Man könnte davon sprechen, daß diese rahmenden Sphären auch die Altarblät ter transzendieren und in ihrer geistlichen Ausstrahlung steigern. Die Idee des Glorien effekts ist an jenen Beispielen tatsächlich zu beweisen, bei denen der Akanthus mit Wol ken verflochten ist, oder bei denen Engelsge stalten frei im Akanthus schweben und das Hauptbild präsentieren, wie am Hochaltar der Pfarrkirche Bisamberg bei Wien. Dieses erhellende Motiv ist der Kombinationsfähig keit der Rankenaltäre mit einem anderen, eindeutig transzendentalen Altartypus, näm lich den wiederum aus dem Berninikreis stammenden Engelsaltären zu verdanken, die nur aus dem Altarbild mit stützenden, wei senden Engelsfiguren bestehen (z. B. Seiten altäre der Stiftskirche Kremsmünster 1682/86). Schon die frühesten Beispiele von Akanthusaltären in der Stiftskirche Garsten 1685/88 stellen eine Verschmelzung der bei den Typen dar und geben so einigen Auf schluß über den künstlerischen Sinn. Dieses strahlenkranzartige Fluidum geht ein her mit der malerischen Einheitsbildung in nerhalb der Altarform. Diese hinwiederum entpuppt sich gleichzeitig als Element eines ausgesprochenen Dekorationsstils, wenn man die Rankenaltäre als Bestandteile einer geschlossenen Gesamtausstattung betrach tet, wie dies eingangs geschehen ist. Die räumliche Freiheit und naturalistische Durch bildung der pflanzlichen Ornamente in der Stuckplastik, die im Gegensatz zum Schnitz handwerk von Italienern bestimmt war, ist als entwicklungsgeschichtliche Parallele eine Voraussetzung für die Angleichung der Gat tungen untereinander. Es ist aus Gründen des zeitlichen Ablaufs und der zuvor be schriebenen genetischen Reihen jedoch nicht anzunehmen, daß die Entfaltung des Akanthus im Stuck speziell auslösend für seine dominante Rolle im Medium des Altars gewesen sei. Bis zu welch erstaunlichem Grad die gegenseitige Annäherung im Rah men der allgemeinen Stilentwicklung und im Sinne der beginnenden Tendenzen zum Ge samtkunstwerk gedeihen konnte, zeigt das Beispiel der Franziskuskapelle in der Salz burger Franziskanerkirche, wo die potentiell dekorative Rolle der Rankenaltäre idealisch zutage tritt. In der Kapelle, die 1693 oder knapp davor ihre Stuckierung durch Ottavio Mosto erhieit, wurde die bewußte Altarform in vollem Umfang mit Hauptbild, seitlich schwe benden und dem Akanthusgeschlinge zuordenbaren Tugendailegorien sowie einem Auszugsmedaillon als Bildform in Stuck an die beiden Seitenwände appliziert. Die ver gleichsweise späte Entstehung und der aus geprägte Altartypus schließen in diesem Fall den umgekehrten genetischen Weg vom Stuck in den Aitarbau aus. >- 64
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