Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

/- • '/O ülf/tt* #/*-<♦ 4A^* »- if »-t'VCr'^ß'y /^y. '^,i.//:„.p//^ Links: Postkarte Friedrich Hebbei mit Ansicht des „Hebbeihauses in Gmunden", Autograph von Christine Hebbei Etwa drei Jährzehnte später veröffentlichte der Schriftsteller Karl Emil Franzos (1848—1904), ein Freund F. Th. Vischers, eine Studie „Das Wiener Burgtheater und das deutsche Drama; Beiträge zur Geschich te der dramatischen Produktion 1814—1867". In Band IV dieser Arbeit befaßte ersieh einge hend mit Friedrich Hebbel und warf dabei eine ernste Frage auf, als er zu bedenken gab: Ob jedoch der Umstand, daß Heb bel die eigentliche Höhe- und Schaffenszeit seines Lebens in der österreichischen Resi denzstadt verbrachte, nicht trotzdem ein Un glück für ihn bedeutete, muß gleichwohl eine offene Frage bleiben. Kein Theaterdirektor stand ihm feindlicher gegenüber als Laube — keine Theaterkritik behandelte ihn schlechter als die Wiene,r nirgendwo galt er dem Publi kum weniger als dort. . ." Diese Kritik an Lau bes eigenwilliger Einstellung kam Jahrzehnte später noch einmal öffentlich zur Sprache. In einem Aufsatz über Ludwig und Zerline Gabillon (in: „Von Österreichischer Kultur" von Helene Bettelheim-Gabillon, Wien 1921) wird berichtet: „. . . Sein [Gabillons] Beruf wurde ihm nicht leicht gemacht. Laube, der Gabillon in Hannover entdeckte und ihn zuerst mit rei cher Gunst und großen Rollen überschüttete, zog seine Hand von ihm zurück, nachdem Zerline Würzburg seine Frau geworden, mit der der Direktor von Anbeginn auf Kriegsfuß stand. Lewinsky trat auf den Plan und Laubes Gnadensonne leuchtete nur mehr dem neuen Stern . . . Endlichtratim Jahre 1863 eine Ver änderung ein, als die Aufführung von Heb bels ,Nibelungen' — nach langem Widerstre ben des Direktors — erzwungen wurde und Ludwig Gabillon als Hagen einen so durch schlagend glänzenden Erfolg errang, daß alle Animositäten Laubes ihn nicht mehr zu Boden drücken konnten. Dann folgte Sieg auf Sieg . . ." Hebbel selbst vermerkt lakonisch und kurz im Hinblick auf seine schwierige Situation am 20. Oktober 1856: „. . . Wieder ein neues griechisches Stück mit unendlichem Jubel über die Bühne gegangen, während mein Gyges, der die Griechen wieder in die Mode gebracht hat, in der Schublade ruht. Ich fühle aber so wenig Eifersucht und Neid, als ob ich ein Pferd im Wettlaufen siegen sähe . . .". Denn inzwischen ist Wichtiges eingetreten. Im Alter von 42 Jahren betritt Friedrich Heb bel Mitte Juli 1855 zum ersten Mal die Stadt Gmunden. Der Anlaß — eine Bäderkur für Frau Christine — ist eher in die Kategorie der Zufälligkeiten einzuordnen. Das „Entree" muß eher abschreckend gewesen sein, denn Hebbel berichtet, daß es in Strömen geregnet habe. Trotzdem kommt schon nach drei Wo chen ein für alle Außenstehenden überra schendes Geständnis: Es gefällt mir hier so wohl, daß ich mich angekauft habe . . ." Dieser Hauskauf in Gmunden ist in seiner Spontaneität nur jenem Ereignis vergleich bar, dem sich Hebbel — entgegen seiner oft geäußerten Lebensvorstellung — neun Jahre vorher in Wien überlassen hatte: der Ehe mit Christine. Nun also ist es ein kleines Haus in Gmunden, das nochmals und endgültig eine Umgestaltung seiner seelischen Landschaft herbeiführt. Der gleiche Dichter, der mit dem Epigramm „Was der Mensch auch gewinne, er muß es Rechts: Theaterzettel des k. k. Hof-Burgtheaters mit Ankündigung der Aufführung des „Deutschen Trauerspiels Die Nibelungen" von Friedrich Hebbel am 26. März 1863 teuer bezahlen — wär' es auch nur mit der Furcht, daß er es wieder verliert" seine nahe zu angeborene totale Verletzlichkeit offen bart, läßt mit einem Male alle zum eigenen Schutz erworbene Skepsis hinter sich und berichtet Freunden im In- und Ausland in fast selbstvergessen klingenden Briefen von sei nem kleinen Besitz; „. . . Ja, wir sitzen bereits auf unserem Eigenen — es gibt eine Tür, aus der ich nicht hinausgeworfen werden kann und einen Garten, über dessen Planke ich nach Belieben klettern oder springen darf, ohne daß mir irgend ein Mensch etwa darein zu reden hat. . ." Was aber war es wirklich, das eine Persön lichkeit wie Friedrich Hebbel — einen Dichter, dessen einzige Lebensvoraussetzung schlicht und einfach „das dramatische Ge setz" war — gerade in dem kleinen Salzkam mergutstädtchen, in einer beschaulichen Idylle des neunzehnten Jahrhunderts, derar tig fesseln konnte? In den Brief- und Tagebuchstellen jener Zeit sind — mehr oder weniger verschlüsselt — zwei erklärende Momente für diesen Ent schluß enthalten. Kurz ausgedrückt könnte man demnach die beiden Pole der spontanen 46

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