Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Linzer Theatergeschichte im Spiegel der Bauchronik des Landestheaters Linz Hertha Schober Theater — vom Publikum geliebtes, von den Verantwortlichen mit Sorgen gehegtes Kind; das ist überall und war auch schon vor Jahr hunderten so. Freilich, ursprünglich war man bescheidener, gab sich unbekümmert um den äußeren Rahmen dem Vergnügen des Miterlebens hin. Das Theaterspiel selbst, ob nun geistlichen oder weltlichen Inhalts, ist alt, über die Beschaffenheit der Aufführungsstät ten fehlen fast alle Nachrichten, jedenfalls gab es keine richtigen Bühnen, auch kaum Kulissen. Ein einfaches Holzgerüst, einige aufgehängte Teppiche genügten. Erst 1711 errichteten die Jesuiten in Linz in ihrem Kol leg einen Theatersaal und erhielten dafür eine ständische Beihilfe von 6000 fl; aber das war zu einer Zeit, da man sich schon lange an die „Gastspiele" von Berufsschausplelern ge wöhnt hatte. In Linz hört man von diesen erstmals In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Linz als wichtiger Verkehrs- und Handelspunkt lockte, speziell zu Marktzelten, natürlich auch Thea terleute an. Trotzdem gab es noch lange kein festes Schauspielhaus. Jede Truppe, die die Splelgenehmigung erhielt, mußte sich an der Donaulände außerhalb der Stadtmauern in der Gegend der heutigen Zollamtstraße eine hölzerne Splelhütte errichten und sie nach her wieder abbrechen. Erst 1752 ließ die Stadt einen städtischen Speicher an der Un teren Donaulände durch den Baumelster Jo hann Matthias Krinner in ein Schauspielhaus umbauen; dies geschah allerdings ziemlich freudlos und nur über Aufforderung der Stän de, die ihrerseits einen Plan Krinners für ein ständisches Theater abgelehnt hatten. Neben diesem städtischen „Schauspielvier tel" an der Donau entwickelte sich schon Im 17. Jahrhundert ein zweites Theaterviertel vor der westlichen Stadtmauer und hierin sind die Vorläufer unseres Landestheaters zu se hen; eine Parallele, die heute noch In Bruck nerhaus und Landestheater besteht. Die Stände hatten Anfang 1644 auf ihr diesbe zügliches Ansuchen von Kaiser Ferdinand III. den kaiserlichen Mautgarten zur Errich tung einer Reitschule und eines Tummelplat zes erhalten. Noch Im November 1644 erhielt der Bauschreiber den Auftrag, den Reitplatz instandzusetzen und im nächsten Jahr wurde der Reitstadel zu bauen begonnen, konnte aber erst 1650 als fertiggestellt betrachtet werden. In den Folgejahren kamen noch eini ge Ergänzungsbauten hinzu, von 1693 bis 1695 folgte ein erweiterter Neubau und 1697 schließlich das neue ständische Ballhaus. Doch schon die alte Reitschule muß ein ziem lich stattlicher Bau gewesen sein, denn sie wurde wiederholt als Theater verwendet, erstmals im Jahr 1670, als der Magistrat das Spielgesuch einer Truppe während des Ostermarktes abgelehnt hatte. Im allgemei nen werden die namhafteren Theatergrup pen hier die Spielerlaubnis erhalten haben, wohl nicht nur um ihnen das Aufbauen der Spielhütte zu ersparen, sondern damit auch die Mitglieder der Stände Theaterfreuden ge nießen konnten, ohne die doch nicht sehr be quemen Bedingungen und die vielleicht auch nicht immer sehr angenehme Gesellschaft an der Donaulände mit in Kauf nehmen zu müssen. Anfang 1682 z. B. erhielt der Bau schreiber den Auftrag, das nötige Holz für ein Theater in der Reitschule zu beschaffen, da die Stände den fürstlich Eggenbergischen Komödianten die Schauspielerlaubnis wäh rend des Bartholomämarktes zur Unterhal tung des Adels erteilt hätten; diese Truppe trat In der Folge mindestens bis 1687 auf. Auch in Linz zeigt sich also, wie In den mei sten anderen Städten, daß Reitschulen und Ballhäuser für Theateraufführungen verwen det wurden, bestanden hier doch meist die einzigen Säle, die eine Bühne und genügend Zuschauer aufnehmen konnten. 1697 war dann das neue Ballhaus fertigge baut; die Gesamtkosten betrugen 17.830 fl. Baumeister war kein geringerer als Carlo An tonio Carlone, die Bauführung hatte Matthias Ellmayr inne. Wie großzügig dieses Ballhaus gestaltet war, kann man daraus ersehen, daß Bartholomeo Carlone und Geronimo Flomberto die Stuckarbeiten ausführten. Aller dings scheint man dort und da erst noch mit Provisorien gelebt zu haben, denn 1701 erbot sich der Bildhauer und Stukkateur Franz Jo sef Feichtmayr (auch Felchtner), das Ball haus mit Kunststeinplatten zu pflastern. Die Stände ließen Ihm Ende November mitteilen, daß sie sich für rote Platten entschieden hät ten, daß ihnen aber der geforderte Preis von 1000 fl und 50 Taler Leihkauf zu hoch erschei ne; er solle also einen wohlfeileren Preis ma chen, damit man die Arbeit nicht einem ande ren Bewerber übertragen müsse. Außerdem müsse er bekanntgeben, wie lange er für die Haltbarkeit hafte. Das neue Angebot Felchtmayrs ist nicht erhalten, aber er bekam den Arbeltsauftrag. Vom Bartholomämarkt 1712 wissen wir von den ersten Opernaufführun gen im Ballhaus, gestaltet von einer italieni schen Truppe. Der landschaftliche Ballmei ster Johann Christoph LangetI und der Ballhausmarkier Ferdinand Martin baten da mals um eine finanzielle Beihilfe, da sie durch die „Operisten" einen Verdienstent gang hatten; es wurden ihnen 36 bzw. 40 fl bewilligt. Auch in den folgenden Jahren ga stierten immer wieder Theater- oder Opern truppen hier, so z . B. zum Bartholomämarkt 1733 die Truppe des Antonio Denzio und dann 1743 als wohl bedeutendste die des Pietro Mingotti; sie war von Mai bis September in unserer Stadt und trat auch anläßlich der Erbhuldigung für Maria Theresia auf. Diese Gastspiele brachten neben Schauspielen auch die ersten Opernaufführungen nach Linz ins „Theatro al Ballhauß". War es nun der Einfluß von Operndlrektor Mingotti — er hat 1736 in Graz das erste Theater erbaut und in manchen Städten, in denen er länger wellte, ein solches Gebäude errichtet — oder war einfach der Erfolg beim Publikum ausschlaggebend, jedenfalls rich tete Johann Matthias Krinner, einer der be deutendsten Linzer Baumeister — unter an derem sind das Elisabethinenkloster, die Ursulinenkirche und der Umbau der Minoritenkirche sein Werk — 1751 an die Stände das Gesuch, ihm das Ballhaus als „Ko mödienhaus", einen Saal für Ballredouten und einige Nebenräume für die Dauer von zehn Jahren zu überlassen; als Gegen leistung würde er auf seine Kosten ein Theater erbauen und nach der angegebenen Frist unentgeltlich den Ständen übergeben. Diese aber wiesen den Vorschlag ab, da „dieser Umbau weder zur Ehre noch zum Nutzen der Stände sei und daß dadurch viel mehr das Landhaus und der Stände andere allda befindliche Gebäude in größere Feuers gefahr und andere Ungelegenheiten kom men könnten". Schade! Trotzdem gewann der Theaterbaugedanke, der Wunsch nach einem eigenen attraktiven Gebäude Immer mehr Anhänger. Besonders Landrat und Lan desanwalt Johann Franz Achaz Herr von Stiebar nahm sich dieser Angelegenheit kräf tig an. Er führte erst gemeinsam mit Franz X. Freiherr von Pocksteiner und dann allein über zehn Jahre das Stadttheater, holte bedeuten de Theatergruppen nach Linz und gründete 1772 eine „adelige Theatersozität". Im selben Jahr machte Stiebar den Ständen den Vor schlag, das Ballhaus, dessen Funktion ohne dies schon längst beendet war, gänzlich auf zulassen und dafür einen Redoutensaal zu erbauen. Diesmal waren die Stände einver standen und bewilligten sogar Gelder hIefür, ja übernahmen schließlich die gesamten Ko sten von 5703 fl. Bekannte Linzer Handwer kernamen finden sich beim Bau des Redoutensaales, so u. a. der Baumeister Johann Baptist Gangl, der Steinmetz Johann Michael Herstoffer, der Zimmermeister Leopold Hip pe!, der Hafner Gabriel Fischer. Neben dem Redoutensaal Im 1. Stockwerk, mit dem Linz nun endlich einen wirklich re präsentativen Raum für festliche Veranstal tungen jeder Art besaß, befanden sich im Ballhaus zu ebener Erde nun noch Räume zur Abhaltung von „Casslnen" (geschlossene Gesellschaften), Billiard- und Spielzimmer, Rauchzimmer „für die Tabakschmaucher der besseren Gattung" und eine Zuckerbäckerei

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2