Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Reichersberg, Augustlner-Chorherrenstlft, Bibliothek, Grisaillemalerei über dem Eingangsportai mit Symbolisierung der Musik (tonus), Johann Nepomuk Schöpf 1771. — Foto: Franz Gangl band umfaßt 76 Seiten und kann als Gegen stück bürgerlicher Musikpflege zu den Holz schnitten „Kaiser Maximilians Triumph" von Hans Burgkmair (1518) angesehen werden. Hier wie dort lassen die Darstellungen die In strumente der Zeit und Ihre Handhaltung und Spielweise erkennen. (OÖ. Landesmuseum). Neben den Thurnern traten im 16., 17. und 18. Jahrhundert auch die ständischen Land schaftstrompeter und Pauker in Erscheinung. Sie nahmen wie die kaiserlichen Hoftrompe ter musikalische Repräsentatlonsaufgatien der Landstände des Erzherzogtums ob der Enns wahr, wurden aber auch für Kurierdien ste und diplomatische Missionen eingesetzt. Ein Biedermeier-Gemälde vom Losensteiner Turnier auf dem Linzer Hauptplatz (1521) zeigt solche landständische Trompeter vor der Eh rentribüne. Das ausgehende 18. Jahrhundert brachte grundlegende Wandlungen in der Pflege der Bläsermusik. Die Funktionen von Thurnern und landständischen Trompetern übernah men allmählich bürgerliche Musikvereinigun gen und die Militärkapellen der Regiments garnisonen. Der letzte und wohl auch bedeutendste Heerpauker der obderennsischen Landstände, Georg Druschetzky (1745 bis 1819), zeigt in seinem Lebensweg deut lich diesen Übergang. Zunächst mit Dekret vom 15. April 1777 als landständischer Heer pauker eingesetzt, bereicherte er mit seinen Kompositionen und dem vortrefflichen Spiel das Linzer Kulturleben, büßte aber nach den Reformen Josephs II. (1783) seine Stellung ein und übernahm in der Folge ein Privatorche ster eines ungarischen Adeligen in Preßburg. Das entspricht der allgemeinen Entwicklung um 1800, wonach Musikvereinigungen und die seit 1750 überall stark In Erscheinung tre tenden Militärkapellen die musikalischen Auf gaben Im Land und im Heer abdeckten. 1733 wird das Infanterie-Regiment Salm errichtet. Dem Inhaber wird in der Bestallungsurkunde die Verpflichtung auferlegt, eine Muslkbanda zu unterhalten. Das Regiment wird ab 1779 als Nr. 14 das Linzer Hausregiment. Unter seinen Kapellmeistern befinden sich höchst bedeutende Namen wie Edmund Patzke (1844 bis 1903), Franz Rezek (1847 bis 1912) und der letzte Hessenkapellmeister Gustav Mahr (1858 bis 1930), unter dessen Leitung 1916 der Hessen-Marsch des jungen Peuerbacher Leutnants Karl Pernklau aus der Taufe gehoben wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Hessenregiment Nr. 14 in das Alpenjägerregiment Nr. 7 umbenannt. Die Mili tärmusik stand unter der Leitung des hervor ragenden und unvergessenen Max Damberger. Ab 1937 dirigierte sie Leo Ertl. Mittelpunkt der Musikpflege des Linzer Haus regiments war der Linzer Volksgarten mit seio nem großen Saal. Nicht unerwähnt sollen die anderen oberösterreichischen Garnisonsorte bleiben, wo ebenfalls traditionsreiche Militär musik gepflegt wurde. Neben den Militärkapellen richteten sich nun im ganzen Lande Bürgerkorps und Bürger garden eigene Musikkapellen ein. Das Er starken eines selbstbewußten Bürgertums nach den napoleonischen Kriegen führte in vermehrtem Maße zu gesellschaftlichen Zu sammenschlüssen und Vereinsgründungen. Das Bürgertum richtete sich im Bieder meier seine Welt. Dazu kam, daß Franz I. 1827 das „Musizieren zu einer freien und je dermann unverwehrten Sache" erklärt hat. Von amtlicher Seite wurden die neuen Be strebungen dazu noch durch ein Vereinsge setz aus dem Jahre 1852 unterstützt. Das alles ergab eine echte Gründerzeit In musik kultureller Hinsicht. Die Vereinssatzungen „von dem Verein der musikalischen Gesellschaft zur Blechharmo nie in Micheldorf" nennen 1833 folgende Ziel setzungen: „Nicht bloß, um In müßigen Erho lungsstunden sich nützlich zu beschäftigen. sondern auch um immer mehr Fertigkeit Im Spielen auf dem sich angeeigneten Instru mente zu erlangen, einen harmonischen Ton hervorzubringen und ein richtiges Gefühl für eine Harmonie zu gewinnen." Die allgemeine Entwicklung, Blechharmonie und Holzbläser zu vereinen, setzte bereits um 1750 ein, wobei gegen Ende des 18. Jahr hunderts ein ausgeprägtes Schlagzeug (Janltscharenmuslk) dazukam. Türkisches Schlagzeug stand damals in Mode wie alles, was sich mit den Türken be faßte. Die österreichischen Abwehrkämpfe gegen die Muselmanen prägten vielseitige Spuren. Bekannterweise hat Gluck In seiner Oper „Die Pilger von Mekka" 1764 die große Trommel eingesetzt. Mozart verwendete zum ersten Mal in seiner Türkenoper „Die Entfüh rung aus dem Serail" große Trommel, Becken und Triangel. Österreichische Militärkapellen spielten bereits ab 1741 mit JanitscharenSchlagzeug. Initiatoren und Instruktoren für die bürgerli che Musikentwicklung waren Schulmeister, Pfarrer und ehemalige Regimentsmusiker, 36

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