Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

6. Landesmusikfest, Festkonzert mit der Maglstratsmuslk Wels am 29. Juni 1984 im Linzer Brucknerhaus Jüf' % A. 1» tes Phänomen darstellt. Österreich und der süddeutsche Raum sind darin mit ihrer Dich te wohl führend. Und Oberösterreich geht zahlenmäßig mit rund einem Viertel aller österreichischen Musikkapellen auch hier voran. Das Werden dieses Umstandes drängt zu einigen grundlegenden Gedanken: 1. Bläsermusik geht ursprünglich auf die dienstbar gemachte Signalmusik zurück. Das Horn zählt zu den ältesten Instrumenten und stellte in grauer Vorzeit ein Mittel zur Ver ständigung dar. Es kam bei den Germanen zu höchsten Ehren und war dem obersten der Götter, Wotan, geweiht. Heimdall, der Him melswächter, besaß ein Riesenhorn, das un ter der Weltesche vergraben war. Auf den Schleswiger Domfresken aus dem 14. Jahr hundert bläst die auf einer Katze reitende Frigga ein mächtiges Horn. Karikaturen über die Germanen zeigen immer noch den mit zwei Hörnern bewehrten Helm. Aus der Karo lingerzeit hören wir von der sagenhaften Reichweite der elfenbeinernen Olifanten. Das Horn diente zur Verständigung und bald auch schon zur Ausschmückung diverser Kulthandlungen. 2. Durch Überblasen des Horns erscheint nach dem Grundton eine reiche Obertonpa lette, die vor allem den physikalischen Drei klang (4., 5., 6. Oberton) hervorbringen läßt und damit die Kombinationsfreude wie im Jodler anheizt. Durdreiklangsausspielungen entsprechen vielfach einem geheimen Dur empfinden der Germanen. Statt der römi schen Sekund- und Terzaufstiege setzten un sere Vorfahren gerne Terz- und Quartsprünge nach oben, was ihnen bei den römischen Missionaren im Zusammenhang mit der Gregorianik vielfach Kritik wegen ihres Unvermö gens bzw. wegen vermeintlicher Vorsätzlich keit über diese nicht kirchentonalen Züge einbrachte. Jedenfalls dürfte es nicht über trieben sein, von einer aligemeinen Bläser lust der Germanen zu sprechen, wie es der Musikhistoriker Hans Joachim Moser tat. 3. Die Freude an Durdreiklangskombinationen lebt heute noch im Alphornblasen und im Echo- und Arienblasen weiter. Bergland schaften und Felswände reizen mit Widerhall und sogar vielfacher Echowirkung zu spiele risch künstlerischer Ausnützung solcher Ge gebenheiten. 4. Hörner, Trompeten und Posaunen werden seit altersher zu besonderen kultischen Handlungen herangezogen. Trompetende und posaunende Engel weisen in Darstellun gen christlicher Kunst seit der Gotik darauf hin, daß diese Instrumente und das Spiel mit ihnen großes Ansehen hatten und sogar zur Gottesverehrung für würdig befunden wurden. 5. Johann Sebastian Bach führte zum italieni schen Concerto grosso Bläser als Concertino ein. 6. Richard Wagner erweiterte das Bläserin strumentarium um die sogenannten Wagner-Tuben. 7. Anton Bruckner krönte seine Expositionen mit starken Blechbläsermassierungen. 8. Eine besondere Eigenheit stellen die kirch lichen Fosaunenchöre in weiten Teilen Deutschlands dar. 9. Der Umgang mit Blasinstrumenten ermög licht verhältnismäßig früh ein erstes Zusam menspiel. 10. Die oberösterreichische Jugend greift gern nach Blasinstrumenten. Ein Blick in die heimischen Symphonieorchester beweist, daß der Bläserbedarf zum Unterschied von den Streichern aus dem Lande gut abge deckt werden kann. 11. Musikalische Vereinigungen üben im spe ziellen auf die Jugend eine besondere Anzie hung aus. Die Erwachsenen und im Beruf Stehenden sind vielfach von der Imagination, die aus dem gemeinsamen, aktiven Musizie ren erwächst, gefangengenommen. Sie emp finden das Spiel als einen im wahrsten Sinne des Wortes harmonischen Ausgleich. Der heute speziell artikulierte Wunsch nach Krea tivitätsmöglichkeiten ist im gemeinsamen Musizieren längst erfüllbar. Historische Befunde Seit der Antike wurde den Saiteninstrumen ten unter allen Instrumenten der erste Rang eingeräumt. Die Kithara war Apoll, dem ober sten der Götter, geweiht. Der Aulos, eine Schalmeienart aus Kleinasien, war das In strument zur Verehrung von Dionysos, dem Gott der Fruchtbarkeit und der Zeugung. Pal las Athene versuchte sich einmal im Spiel des Aulos, merkte aber im Spiegel eines Flusses, wie sich beim Blasen ihre Backen auswuchteten und ihre Schönheit darunter litt. Sie warf das fremdartige Blasinstrument weg. Was die Sage hier ausmalt, widerlegen heutzutage die vielen hübschen ansatzkun digen Musikerinnen in den Musikkapellen. Seit der Renaissance, der Zeit der ausge sprochenen Diesseitsbejahung, gelangen die Blasinstrumente zu höchsten Ehren. Die Bevölkerung erlebte sie bei Turnieren, kirchli chen Festen und Jahrmärkten. Darüber hin aus bezeugen Chroniken aus Klöstern und Stiften ein hohe Musikkultur, wobei nur einer alten biblischen Gepfiogenheit nachgekom men wurde, Gott mit Trompeten, Posaunen, Schalmeien und Pauken zu verehren. Ein Inventar aus dem Jahre 1584 bestätigt für das Stift Kremsmünster das Vorhandensein eines umfangreichen Instrumentariums für Bläser. Eine große Rolle spielten in der Blasmusik entwicklung die Thurner oder Thurnermeister. Sie betreuten das musikalische Image einer Stadt. Mit Zinken, Posaunen, Trompe ten und Pauken bliesen sie die Sonn- und Fei ertage an, spielten zum Empfang der Gäste, bei Bürgermeister- und Richterwahlen und zum Tanz und zur Unterhaltung. Ihr Aufga bengebiet spiegelt sich im Jahresablauf un serer Musikkapellen wider. Wie sich die Bil der gleichenl Thurner nahmen eine hohe soziale Stellung ein, genossen äußerst eh renhaftes Ansehen und zeigten oftmals höch ste künstlerische Qualität. Ihre Aufgabe um34

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