Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

an neu entdecktem und belebtem Liedgut herangetragen worden Ist. Ähnlich dem Adventsingen scheint sich seit kurzem auch der wieder aufgegriffene Ge danke der vorösterlichen Passionssingen zu entwickeln. Bezüglich des dabei eingesetz ten Liedgutes kann man in Oberösterreich auf wertvolle, lange Zeit ignorierte Quellen zurückgreifen. Zum Teil handelt es sich um Aufzeichnungen von Passionsspielen, als auch um eine Reihe davon unabhängig ent standener Fastenlieder, die durch Flugblatt drucke einstmals verbreitet worden waren. Ein Liedgut, das in unserem und im vorange henden Jahrhundert verachtet, vernachläs sigt und schließlich in Vergessenheit geraten war. Gewissermaßen eine sachliche Verwandt schaft zu den sich gerade entwickelnden Passionssingen besteht mit dem in gegenreformatorischer Zeit entstandenen Antlaßsingen in Traunkirchen. Dieser volksfromme Brauch, der ausschließlich durch das Absin gen des vielstrophigen und mehrstündigen Antlaßliedes und des daran sich anschließen den „24-Stunden-Liedes" geübt wird, findet lediglich noch im salzburgischen Großarl, gleichfalls in der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag, statt. Dem einen oder anderen Beispiel, das hier angeführt wurde, könnte entgegengehalten werden, es sei Veranstaltung und daher kein Brauch. Nun sollte man durchaus nicht allem, was „geplant und gestaltet" wird und somit die Teilung in Durchführende und Zu hörer bedingt, das Merkmal eines Brauches absprechen. Es muß doch zugegeben wer den, daß die erwähnten Advent- und Pas sionssingen, die Mitwirkung von Volksliedund Volksmusikgruppen bei Mundart-, Krippen- oder Bauernmessen zumindest als modifizierte Brauchformen angesehen wer den dürfen, weil ja die Singenden lediglich die notwendige Aufgabe für eine Gemein schafterfüllen. Eine Teilung Bühne-Publikum bzw. Durchführende-Zuschauer ist in solchen Fällen gar nicht gegeben. Als überlieferter Brauch noch stärker spürbar entpuppen sich die im Verlauf der „tanzenden Hochzelten" von den Brautführern angesun genen Gstanzl, jene gelegentlich auch von einem Gegensänger pointiert beantworteten Vierzeiler. Was südlich der Donau die Hoch zeitsbläser erledigen, das fällt in manchen Teilen des Mühlviertels den Brautführern zu. Vom frühen Morgen eines Hochzeitstages an sind sie mit Arien und Stückeln bei jeder Pha se des Brauches dabei und passen ihre Vier zeiler allen wichtigen Situationen an. Sie kommentieren gleichsam das Geschehen der Feier vom Anfang bis zum Ende. Eine ganz eigenartige Stellung kommt dabei dem „Brautlied" zu, das meist nach dem fast kultisch anmutenden Ehrentanz „unter der Verwandtschaft und Freundschaft" des Paa res noch während des Hochzeitsmahles an gestimmt wird. Man bedient sich im allgemei nen eines der beiden Lieder: „Schön ist die Jugend" oder „Die Sonne neiget sich". Nicht selten stellt sich beim Erklingen dieser Lieder echte Ergriffenheit bei allen Anwesenden ein, denn durch Umdeutung der Liedtexte wird auf die „Hoch-Zeit" im Leben des Paares und gleichzeitig auf die nun sich vollziehende Wendung seines Lebensweges feinsinnig hingewiesen. Anders das vordem erwähnte Gstanzlsingen, das „Anfriemen", das mitunter auch zu kräfti gen, deftigen Trutz- und Streitgsangln ausar ten kann. In unseren Gebirgslandschaften schließlich sind die so überaus geübten Sänger mehr stimmiger Jodler und Jodellieder zu Hause. Wie von selbst finden sie sich zusammen, warten bloß auf einen, der vorsingt, und schon stimmen sie in die vertraute Melodie ein. Sei es bei den Schützen, beim Almtanz, beim Z'sammsitzen am Lichtbratlmontag oder bei anderen Anlässen im Leben- und Jahrlauf der Salzkammergütler. Ihr Liedvorrat scheint unerschöpflich zu sein. Gerade am Beispiel des Liedes stellt sich einem nachdenklich Gestimmten oft die Fra ge, warum das so überaus reiche und vielfäl tige Volksmusikgut des Oberösterreichers für Außenstehende kaum zum Begriff geworden ist. Man spricht von Typen, wie dem Tiroler, Kärntner oder steiermärkischen Lied, aber nicht, zumindest recht selten, von der beson deren Prägung oberösterreichischer Formen. Ja selbst Traun- oder Innviertier Tänze fallen dem Nicht-Oberösterreicher kaum als mar kante Eigenständigkeit auf. Wenn doch, dann sind es häufig nur sehr unklare Vorstellun gen, die man sich von der Volksmusikland schaft in den oberösterreichischen Vierteln macht. Dabei hatte der Landla als Musik- und Tanzform einmal weit nach Osten, wie nach Westen hin ausgestrahlt, wo er sich sogar ganze geschlossene Gebiete erobern konn te; Wiener und niederösterreichische Lieder haben ihren Ausgang im Land ob der Enns genommen und selbst das ErzherzogJohann-Lied der Steiermark ist von einem oberösterreichischen Ennstaler, von Anton Schosser, geschrieben worden. So mag es vermutlich an der im großen und ganzen stillen, unaufdringlichen Art des Sing- und Musizierbrauches des Oberöster reichers liegen, der sein klingendes Gut am liebsten sich selbst zur Freude und Erbauung gebraucht. k Kunst und Handwerk aus Stift Geras Um ein bäuerliches Möbel zu bemalen oder zu restaurieren, ist es wichtig, neben der Blu men- und Figurenmalerei gerade die Techniken der Klei stermalerei, des Marmorierens und des Kammzuges zu be herrschen. 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