Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Ü: Sogenannte „Kratzzither" aus dem Salzkammergut, um 1780, 21 x 52,5 cm. Sammlung Edgar v. Spiegl (1876—1931) Im Schloßmuseum Linz, vormals Volkskundemuseum Englelten bei Bad Ischl. Foto: Franz Gangl Unter Verschreien verstehen die Obermühlviertler Rauhnachtsänger die Ankündigung ihres Neujahrsbrauches. Jeweils am Vortag, das ist am 4. Jänner, ziehen ein paar Reiter, Musikanten und Maskierte von Hof zu Hof und künden für den nächsten Tag das Eintref fen der Rauhnachtsänger an. Mit Trompeten signal werden die Hofbewohner vors Haus geholt, worauf ein Vorsänger im Stil der Gstanzl das bevorstehende Ereignis mitteilt und auch gleich die Vorbereitungen zur Be wirtung der Besucher anregt: „Wer heit Krapfn bacht, dem wird gsunga af d' Nacht!" Die Szene, die noch um ein paar lustige Vier zeiler und kurze Musikstücke erweitert wird, erinnert sehr an die längst überholte Praxis der Gemeindeämter, einen Austrommler durch das Ortsgebiet zu schicken. Darauf dürfte wohl auch die Bezeichnung „Verschrei en", d. h. Ausrufen von Mitteilungen, zu bezie hen sein. Ist der eben geschilderte Brauch als Parodie erkennbar, so stellen die von den Musikanten im Verlauf der Faschingszeit meistens in den Rahmen größerer Veranstaltungen eingebau ten Klapphornverse bzw. die Jahreshachel ausgesprochene Rügebräuche dar. Klapphorn, bildhafte Umschreibung für Klari nette, jenes in der Volksmusik so selbstver ständlich gewordene Instrument, das eigent lich erst auf dem Umweg über Mozart bei Stadt- und Dorfmusikanten bekannt und schließlich unentbehrlich geworden ist. Be gleitet vom Klapphorn werden Spottverse ge sungen, die sich auf Ortsvorkommnisse be ziehen, die man eigentlich lieber verborgen gehalten hätte. Genau dieselbe Absicht ver binden nun die Innviertier mit ihrer „Jahres hachel". Der Vorgang des Hecheins mit dem kammartigen Werkzeug bei der Flachsbear beitung fand bald seine Umdeutung für ein zänkisches, böses Tratschweib; jemanden durch die Hachel ziehen, ihn „ausrichten", hatte demnach in der Jahreshachel das ge eignete Mittel im Rügebrauch gefunden. Gei gen und Baßgeige, Trompeten und Tschinel len bilden (zum Beispiel in Taiskirchen) das schlichte Ensemble, das den Sänger des Rü geliedes begleitet. Im Grunde genommen sind bald alle Faschingsbräuche, ob Zeitun gen, Umzüge, Gerichte oder Scherze, auf die Geißelung oder Bloßstellung lokaler Ereignis se abgestellt. Es sind dann eben Rügelieder ohne Sänger oder Musikanten. Ein besonders typischer Rügebrauch ist das Landlalied der Traunviertler Rüden, die je weils an einem Faschingsdienstag zu ihrem Kirtag nach Sierning kommen. Gerade den meist gar nicht zimperlichen Spottversen, mit denen die Landlatänzer an Vorgängen im Dorf, im Land, ja selbst in der weiten Welt draußen ihre Kritik üben, gilt auch das haupt sächliche Interesse der im prallvollen Saal Sitzenden. In diesem ausgesprochenen Volksmusikbrauch sind Wort, Weise und Tanz aufs innigste und untrennbar miteinander verbunden. Die viele Wochen, ja Monate zu vor schon erdachten und bis zum Auftritt streng geheim gehaltenen Verse sind in der Regel als Achtzeiler angelegt, wobei die er sten sechs Zeilen erzählen, die beiden letz ten aber die scharfe, witzige Pointe bereit halten. Das Leopoldiblasen ist ein auf den Salinen markt Ebensee beschränkter Musikanten brauch, dessen Anfänge kaum mehr zu eru- -9 Sammlung von Maultrommeln im Schloßmuseum Linz, II. Stock, Raum 8. Das neu erwachte Interesse an echter Volksmusik hat auch alte Instrumente zu neuem Leben erweckt. Zentrum der Maultrommelerzeugung in Oberösterreich war und ist Mölln im Steyrtal. — Foto: Franz Gangl 26

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