Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

Wilhelm Dachauer (1891—1951), Entwurf „Bauernmusik", Bleistiftzeichnung, DachauerNachlaß Im Innviertler Volkskundehaus Ried Im Innkreis. Die Schrlftleltung dankt Kustos Dr. Josef Mader für seine Unterstützung Spielen und Vor-Tanzen, also etwas, was mit dem Wesen aller volkskulturellen Äußerun gen nicfit gut zu vereinbaren Ist. Es war und Ist zweifellos Immer noch schwie riger zu definieren, was Volkskunst, Volksmu sik und so welter Ist, und wie man diese Ge biete gegenüber der Hochkunst abzugrenzen habe. Da Ist es schon leichter zu sagen, was Volkskunst nicht Ist. Sie Ist nicht Selbst zweck, meldet Sensation und Effekthasche rei, doch gerade diese Selten machen sich beim Auftreten mancher halbprofessioneller Gruppen Immer wieder aufdringlich bemerk bar. Bedenklich daran Ist nicht die Art der Zu sammensetzung oder das Einbezlehen neu er Instrumente, ja selbst „modernere" Klangfarben würden nicht stören, well ja alle Stile der Vergangenheit Ihren Einfluß auf die Volkskultur ausgeübt hatten und so Verände rungen und Wandel auch hier herbeigeführt haben. Bedenklich Ist die oft so penetrante Anbiederung an den schalen Geschmack der Masse. Da werden angeblich „bäuerliche" Lebensformen als „echter Brauch" verkauft, übertriebene, unnatürliche Lustigkeit zur Schau gestellt und Lieder mit ordinären, geschmacklosen Texten gesungen. Neuer dings kommt zu alldem jenes sinnlose Ge zappel und Gewackel der folkloristisch ver seuchten Instrumentalgruppen. Dieses total verzerrte Bild, wie es bei manchen FernsehGroßauftrieben gezeigt wird, verleitet dann nicht selten zur Nachahmung bei den noch „normal" gebliebenen Volksmusikanten. Oft unbewußt beginnen sie Tempi und Tonlagen zu steigern und sind fortan darauf aus, eini gen unseligen Preis- und Meisterjodlern nachzueifern. Die Beispiele solcher aus der Bahn geworfenen, zu kommerziellen Fehltrit ten verleiteten Gruppen sind leider auch als eine Folge des eingangs erwähnten Interes ses für die Volksmusik zu verbuchen. Doch nicht sie sind gemeint, wenn es um Fe ste und Bräuche der Volksmusikanten geht. Da muß man schon deutlich unter Volksmu sik, volkstümlicher und schließlich volkstümelnder Musik unterscheiden. Klammert man die volkstümelnde aus, bleibt Immer noch ein beachtlich großer Kreis übrig, des sen Angehörige Im Zusammenleben und Zu sammenwirken gewisse verbindliche Gepflo genhelten begründet und ausgeprägt haben; Gepflogenhelten, die durchaus als Bräuche angesprochen werden können. Wo von Brauch die Rede Ist, meint die Volks kunde Immer etwas Verbindliches; etwas, zu dem sich ein bestimmter Personenkreis ver pflichtet fühlt. Da braucht man sich nur die zahlreichen Anlässe vor Augen führen, die Im Laufe eines Jahres anstehen, wo man des Liedes oder der Musik, meistens sogar bei der, dringend bedarf. Allein die Jahresberichte der örtlichen Blas musikkapellen — es gibt mehr als 480 Im Lande — vermitteln einen eindrucksvollen Überblick. Selbst In kleineren Gemeinden sind an die hundert „Ausrückungen" nicht selten. Man benötigt sie bei Jubiläen, Schulund anderen Eröffnungen, bei Frühschop pen, Ständchen, Prominentenbesuchen und Begräbnissen. Doch einmal Im Jahr da wol len die Männer für sich selbst musizieren, wollen auf diese Welse für Ihren vielfältigen Einsatz, sozusagen für das „Mehr an Lei stung", besonders bedankt sein. Dieser Über legung Ist der Brauch entsprungen, zu ver schiedenen geeigneten Terminen einen Heischeumzug Im Ort abzuhalten. Die einen nehmen den Jahreswechsel dafür wahr, um von Haus zu Haus zu ziehen, wo sie mit Trunk und Spende In die Vereinskasse für Ihr Ständ chen bedankt werden, andere halten Oster weckrufe, musikalische Tagwachen bzw. Revelllen für angebracht. Man erfährt auch von Malenständchen, die als Heischeumzug „In eigener Sache" durchgeführt werden und zum festen Bestand des örtlichen Brauch tums geworden sind. Es soll hier nicht übersehen werden, daß dank oder zufolge des häufigen Zusammen sein-Müssens oder -Wollens die Blasmusiker ein erfreulich starkes WIr-Bewußtseln ent wickelt haben. Das wird äußerlich noch durch die sie kennzeichnende und somit unter scheidende Tracht deutlich unterstrichen. Man gehört einer Zunft oder Gilde an, die den 24

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