Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 4, 1984

aus- und eingegangen sind. Die beiden Bau ernführer Stefan Fadinger und sein Schwa ger Chr. Zeller wurden 1626 in der Stadt feier lich beigesetzt, allerdings in der Folge vom bayrischen Statthalter Graf Flerberstorff exhu miert und im „wiiden moos" unweit der Stadt verscharrt. Über das Musikleben der Stadt ist aus dieser Zeit so gut wie nichts bekannt. Wir können nur Rückschlüsse ziehen aus Berich ten anderer Städte und Klöster. Im 16. und ganz besonders zu Beginn des 17. Jahrhunderts bildete sich unter dem Einfluß des Protestantismus in den Städten Ober österreichs in den Stadt- und Lateinschulen eine erste Blütezeit der Schulmusik aus. So gab es bereits namhafte Kantoren, Chorregenten und Organisten im Geiste des Luther ischen Ausspruchs: „ . . ein Schulmeister muß singen können, sonst sehe ich ihn nicht an!" Wie bedeutend das Musikleben um diese Zeit in Linz war, beweisen zahlreiche kompositorische Widmungen hervorragen der mitteldeutscher Meister wie M. Praetorius, V. Flaußmann, u.a. An der Landschafts schule in Steyr wirkte der Komponist und Organist Paul Peurl fast 20 Jahre. In der Ge genreformation übernahmen die Klöster nach einem kurzfristigen Rückschlag wieder die Musikpflege. So wirkten bei der 900-Jahrfeier des Stiftes Kremsmünster nicht weniger als 18 Trompeter und Flornisten und eine große Sängerschar mit. Durchreisende, oft sehr gute Instrumentallehrer wurden für den Unterricht der Zöglinge und Musiker in den Klöstern verpflichtet. Es begann die große Zeit des Orgelbaues: St. Florian, Steyr, Garsten, Ottensheim, u.a. In der 2. Flälfte des 17. Jahrhunderts gibt es in Linz bereits beachtliche Opernaufführungen. Das Jesuitendrama spielte eine wesentliche Rolle und trug viel zur Entfaltung des Musik lebens bei. Seit der Reform des Schulwesens durch Kaiserin Maria Theresia 1774 übernah men die elementare Musikerziehung in den dörflichen und städtischen Gemeinden der Lehrerstand und das Bürgertum. Die Ausbil dung des Lehrers lag zunächst meist noch in den Händen der klösterlichen Präparandien (etwa Vorläufer der Lehrerbildungsanstalten, heute Pädagogische Akademien). Die Lehrer erhielten hiereine umfassende Einführung in die Musiktheorie (Harmonierlehre, Kontra punkt, Generalbaßspiel), sowie eine vielseiti ge Unterweisung im Instrumentalspiel (Orgel, Klavier, Violine) und selbstverständlich die Schulung einer trefflichen Stimme. Wie wir aus Bruckners Biographie wissen, gehörte es zu den Aufgaben eines Unterlehrers neben Mesnerdienst die Orgel zu spielen. Häufig war der Lehrer überhaupt der „Musikpapst" seiner Gemeinde. Von seiner Initiative und seinem Können war das Niveau der musikali schen Aktivitäten abhängig. Als Regens Chori bildete er gewöhnlich seinen Nachwuchs an Sängern und Instrumentalisten selber her an. Daß die Qualität solcher musikalischen Aufführungen in den Kirchen mitunter des Mantels der göttlichen Barmherzigkeit be durfte, ist naheliegend. Zu Ende des 19. Jahrhunderts kam es zu zahlreichen Gründungen von Musikschulen und Konservatorien, in denen der junge Musi ker seine weitere Ausbildung erfuhr. Nicht selten ging dann der Weg nach Wien, um sich dort den letzten Schliff zu holen. Fast alle aber übten zunächst den Beruf eines Lehrers aus, denn vom Ertrag der musikalischen Tätigkeit konnte man damals wie heute kaum leben. Über das Musikleben der Stadt Eferding im 19. Jahrhundert konnte, wie schon er wähnt, kaum jedoch etwas Nennenswertes gefunden werden. Da begann nach dem Ersten Weltkrieg ur plötzlich ein Musikleben zu blühen, das aus historischer Sicht nicht erklärbar ist. Für den wirtschaftlichen wie politischen Aspekt gibt es keine Anhaltspunkte für das plötzliche Auf treten einer so schönen Musikentfaltung. Bleibt als letzter Gesichtspunkt die Initiative starker Musikerpersönlichkeiten, die in dieser Stadt gewirkt haben. Es scheint mir, daß die Tatsache, daß der große Sohn der Stadt, Jo hann Nepomuk David, 1895 in Eferding gebo ren wurde und dort seine früheste Jugend verbracht hat, nach dem Zweiten Weitkrieg einen wesentlichen Impuls gegeben hat. Es ist hier nicht der Platz, eine Würdigung des vielleicht bedeutendsten Komponisten in Oberösterreich seit Anton Bruckner zu formu lieren. Aber irgendwie scheint es mir wichtig, darauf hinzuweisen, daß er einen sehr analo gen Weg zu Bruckner gegangen ist. Eferding, nur zirka 20 km nordöstlich von Ansfelden entfernt, war auch für David nur Eiternhaus, Stätte der frühesten Jugend und der ersten Schulzeit. Dann ging er einen ähnlichen Weg wie Bruckner: Sängerknabe in St. Florian 1905, also mit 10 Jahren, wo er wie Bruckner vorwiegend Messen der großen Klassiker und die etwas mageren Produkte der Caecilianer kennen lernte und nur in der Fastenzeit und im Advent die Polyphonie der Renaissan ce. Daneben gab es für den musikalisch Hochbegabten erfreulicherweise Instrumen talkonzerte mit Werken des großen sympho nischen Repertoires. Selbstverständlich leg ten die berauschenden Klangerlebnisse der großen Orgel einen Grundstein zu seinem späteren eigenen Orgelschaffen. Auch er sollte Lehrerwerden und ging zu diesem Stu dium in das Stift Kremsmünster. Als Flötist und Cellist wirkte er dort im Amateurorche ster des Stiftes. Der damaligen Praxis ent sprechend erwarb er sich autodidaktisch auch die Handhabung verschiedener ande rer Instrumente. Trotzdem war von einem spä teren Musikerberuf vorerst noch keine Rede. Diese Fähigkeiten zu besitzen, war eben, wie in dem historischen Rückblick dargestellt, für einen künftigen Lehrer eine Selbstverständ lichkeit. 1910 kam David an das Lehrersemi nar in Linz. Hier finden wir David manchmal schon am Dirigentenpult bei der Interpreta tion klassisch-romantischer Musik. Nach ab geschlossenen Studien wurde er Lehrer in Peterskirchen im Innkreis. In dieser Zeit ent standen über 100 Lieder und Chorwerke, die aber größtenteils verloren gegangen sind. Während des Ersten Weltkrieges wurde er zeitweise zum Militärdienst eingezogen, aber immer wieder freigestellt. Wichtig und ty pisch für den Entwicklungsweg des LehrerKomponisten waren die Jahre 1921—23 in Linz. Hier begegnete er erstmals im Konzert saal der Musik der Impressionisten. Noch im mer entschloß er sich aber noch nicht zu dem Beruf eines „Komponisten". In Linz wurde auch Davids Concerto grosso über B-A-C-H zur Uraufführung gebracht. Auch dieses Werk ist leider nicht erhalten. 1923 bekam er eine Lehrerstelle in Wels. Hier war er bereits Organist an der evangelischen Kirche (selbst katholisch) und gründete den Welser BachChor. In diesem Zusammenhang befaßte Da vid sich eingehend mit dem Studium der Vo kalmeister der Polyphonie, wie Josquin und Ockeghem, nicht um sie mit seinem Chor einzustudieren, dazu wäre die Leistungsfä higkeit weit überzogen worden, sondern viel mehr aus eigenem kompositorischem Inter esse. Dieses Studium mit dem Höhepunkt der Niederländischen Polyphonie war für die spätere Kompositionstechnik Davids sicher von außerordentlicher Wichtigkeit, weil es den Grundstein zu seiner stilistischen Eige nart legte. Orgelwerke, die in dieser Zeit ent standen sind, wurden ohne Wissen Davids von den beiden Bruckner-Biographen Max Auer und Ernst Kurth, die zu seinem Freun deskreis gehörten, an den Augsburger Verlag Filser eingereicht und gedruckt. Der damals sehr bekannte Organist Friedrich Högner spielte sie in der Folge viel in Deutschland. Erst jetzt, im 33. Lebensjahr, wurde sich Da vid seiner vollen Berufung zum Komponisten mit allen beruflichen Konsequenzen bewußt. Es zeigte sich eben bei David jene langsame Entwicklung ab, die auch für Bruckner so charakteristisch ist: Das zögernde Verlassen der bürgerlichen Sicherheit, die hemmende Hochachtung vor der gewaltigen vorhande nen Musikliteratur und ihren Schöpfern, das zunächst mangelnde Vertrauen in die eigene Schaffenskraft. Es folgte 1934 die Berufung an das Landeskonservatorium in Leipzig, 16

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