Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 3, 1984

Bücherecke Gegenwart (letztes Datum 27. Juli 1983, Durchklet terung der Elger-Nordwand in der Rekordzelt von 4 Stunden und 50 Minuten) informiert. Die Daten und knappen chronikalischen Texte sind angerei chert mit zeitgenössischen Berichten und Bildern, eine Fundgrube für Bergstelger mit Herz und Kulturhistorlker, die sich den Bergen verschrieben ha ben. Dadurch wird dieser Alpln-Ploetz anschaulich lesbar, Ist nicht nur ein Nachschlagwerk, sondern ebenso eine anregende Lektüre. In einem Geleltwort werden die geistesgeschichtli chen Hintergründe des Alpinismus angedeutet. Die Gliederung der „Chronik" richtet sich nicht nach der Zeittafel der Weltgeschichte, sondern nach der Perlodlslerung des Alpinismus. Der 1. Abschnitt behandelt den „Präalpinismus" von den Anfängen bis zur Erstbesteigung des Montblanc, also eine ganz andere Perlodlslerung wie in der Weltgeschichte. Der Mensch nimmt in diesen langen vor- und frühgeschichtllchen Zelt räumen von den Alpen Besitz als Jäger, Träger eines magischen Kultes, vor allem aber als Krieger. Einen Höhepunkt stellte der Alpenübergang des Karthagers Hannibal 218 v. Chr. mit 50.000 Mann, 6000 Reitern und 37 Kriegselefanten dar. 385 n. Chr. besteigt die Nonne Ätheria von Aquitanien den Berg Sinai und empfindet dabei, wie ihr Bericht be weist, nicht nur religiöse, sondern auch schon na turhafte Gefühle. Der 26. April 1336 wird als „Ge burtstag des Bergsteigens" bezeichnet. Francesco Petrarca bestleg an diesem Tag den Mont Ventoux (1909 m) in der Provence. Vor Ihm war schon Dante Alighieri 1311 auf den Monte Falterone Im Apennin gestiegen. In ihren poetischen Berichten wird frü hes Bergerlebnis deutlich. Albrecht Dürer reist nach Italien und zeichnet Berglandschaften, Al brecht Altdorfer schafft seine Radierung „Alpine Landschaft". Diese Hinweise belegen die Breite dieser Chronik. Der 2. Abschnitt beschäftigt sich mit dem „Frühen Alpinismus" von der Erstbesteigung des Mont blanc 1786 bis zur Gründung der aipinistischen Or ganisationen 1857 bis 1869. Wieder überrascht die Fülle von völlig neuen Daten. Wer erinnert sich schon in Österreich, daß 1798 die Erstersteigung des Großen Wiesbachhorns (3564 m) durch die einheimischen Bauern Zanker und Zorner aus Fusch von Ferleiten aus erfolgt ist. Natürlich fehlt In dieser Periode auch Erzherzog Johann nicht. Wo Ist aber sein Bruder Erzherzog Karl geblieben, Sieger von Aspern, nach dem das Karls-Eisfeld = Hallstätter Gletscher benannt wor den Ist? Eine kleine Anmerkung für eine Neuauf lage! Daß die Erstbegehung des Großen Priels 1819 durch Erzherzog Ludwig angemerkt ist, wollen wir hingegen anerkennend vermerken. Breiter Raum wird zu Recht Friedrich SImony ge widmet. Die auf 8. 71 wiedergegebene Zeichnung aus 1847 „Stilleben eines Naturforschers" zeigt sein Arbeitszimmer in Hallstatt, wie es in seiner In nenarchitektur heute noch erhalten ist. Nur die Un ordnung, über die sich Adalbert Stifter so begei stert äußerte, ist derzeit einer behaglichen Gemüt lichkeit gewichen. Der 3. Abschnitt beschäftigt sich mit dem „klassi schen Alpinismus" von der Gründung der Alpinen Vereine 1857/69 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Nun häufen sich die alpinen Großtaten, Das Interesse an den außereuropäi schen Gebirgen erwacht. Wieder werden wir von einer Fülle der Namen und Daten überrascht. Wir wollen aus österreichischer Sicht besonders des „Gletscherpfarrers" Franz Senn gedenken, der mit Recht als Erschließet der Ötztaler Alpen bezeich net wird. Auch der alpine Schilauf wird nun ange führt. Wenn so ausführlich von Zdarsky die Rede ist, warum nicht auch von seinem Kontrahenten Bilgeri, mit dem er sich sogar duellieren wollte (we gen verschiedener Schilauftechnlken). Der 4. Abschnitt ist dem „Modernen Alpinismus" in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gewidmet. Den Abschluß bildet schließlich der „zeitgenössi sche Alpinismus" von der Ersteigung des ersten Achttausenders 1950 bis in die Gegenwart. Irgendwo steht In diesem Buch, daß es eine Hö hensehnsucht gibt, eine „Krankheit", die zum Berg steigen zwingt. Eine gesunde Erkrankungl Allen Bergsüchtigen sei diese „Chronik" wärmstens ans Herz gelegt. Q. W. Hilda Sandtner: Stricken einmal anders. Kreatives Handarbeiten. — Rosenheim: Rosenheimer Ver lagshaus Alfred Förg 1984, 136 Seiten mit 34 Farb bildern und 143 Schwarzweißbiidern, 19.5 x 23 am, Leinen, Ladenpreis S 310.50. In der Reihe „Rosenheimer Raritäten — Rosenhei mer Strickbücher", die auch in Österreich bekannt und beliebt sind, nimmt diese Neuerscheinung eine Sonderstellung ein. Die Autorin, seit 1973 In haberin des Lehrstuhls für Kunsterziehung an der Universität Augsburg, führt überzeugend vor, daß die Kunst des Strickens nicht nur eine reiche Ver gangenheit hat, sondern mit ihr in unserer Zelt ganz neue Wege beschritten werden können. Ihr Buch kommt dem derzeitigen Trend nach Neubele bung der Handarbeit sehr entgegen. Allerdings wendet es sich mehr an geübte und künstlerisch talentierte Strickerinnen als an Anfängerinnen. Schöpferische Phantasie, eigene Ideen sind Vor aussetzung für das Gelingen von Arbeiten, wie sie hier beschrieben und vorgeführt werden. Nach Kapiteln, die sich mit technischen Fragen be schäftigen — Elementare Formen des Strickens, Grundregeln der Gestaltungslehre, Beziehung zwi schen Technik und Gestaltung, Manipulationen modernen Strickens, Wechsel der Materialien, Umstrukturierung, erprobt an Kleidungsstücken, Erzlelung von Plastizität, Kombination verschiede ner Techniken — werden gediegene Beispiele ge zeigt: Mäntel und Pullover, Puppen und Spieltlere, Bildstickereien, Paravents und Blldgehänge, Bo denbeläge und Taschen. Abschließend wird die Frage gestellt, ob Stricken wirklich nur eine Hand arbelt für Frauen sei. Sicherlich nicht! Ich kenne In meinem Heimatort einen Zahnarzt, der hervorra gende Kreuzstichvorhänge und -tischtücher her stellt. Bekannt sind viele männliche Textllkünstler. Wie alle „Rosenheimer Raritäten" Ist auch diese Neuerscheinung mit viel Liebe und Geschmack hergestellt worden. Die abgebildeten Werkstücke sind durchwegs Proben von Meisterhand. Künstle rischer Blick kann den Fotografen bestätigt wer den. Carola Förg: Altdeutsche Leinenstickerei. — Rosen heim: Rosenheimer Veriagshaus Alfred Förg 1984, 88 Seiten mit 81 fViustervoriagen zum Nachsticken, 16 X 17 cm, lam. Pappband, Ladenpreis S 131.10. In der Serie der „Rosenheimer Musterbücher" möchte ich dieser Neuerscheinung ein besonde res Prädikat zuerkennen: es ist in Inhalt und Ge staltung eine bibliophile Kostbarkelt, so richtig ein Geschenkbüchlein, will jemand einem Freund (einer Freundin) alter Handarbelt eine Freude be reiten. Carola Förg beschäftigt sich viel mit textiler Gestal tung. Arbeiten von ihrer Hand befinden sich in öf fentlichem und kirchlichem Besitz. In dieser Publi kation wählte sie alte Muster aus, durchwegs aus der Blütezelt der deutschen Leinenstickerei, Die von Ihr ausgewählten Muster zeichnete Ute Biebl werkgerecht nach. Somit Ist dieses Büchlein nicht nur schön zum Anschauen, sondern ebenso nütz lich zum Nacharbeiten. In einem knappen einleitenden Text werden wir in formiert, daß das 16. Jahrhundert der altdeutschen Leinenstickerei „ihre reichste und künstlerisch überzeugendste Ausprägung" gegeben hat. Diese frühen Muster sind streng geometrisch gehalten. Die Barockzeit suchte und fand auch Eingang In die Leinenstickerei. Die Muster werden nun „rei cher, anspruchsvoller". Wer Lust hat, kann nach den gegebenen Vorlagen Kombinationen entwickeln, er kann sich aber auch die Halskrause der englischen Königin Jane Seymour oder etwa ein Stickereimuster von der Grab platte des Lübescker Bischofs Bocholt aus dem Jahre 1341 nachsticken. Derartige Veröffentlichungen sind geeignet, Kunst geschichte und Volkskunde lebendig, für die Ge genwart nutzbar zu halten. E. W. Roswitha Preiß: Johann Georg itzifeidner 1704/05—1790. Ein Bildhauer des Saizburger Roko ko in Bayern. — Weißenhorn: Anton H. Konrad Ver lag 1893, 208 Seiten Text, 156 Tafeiabbiidungen, 2 Farbtafein, Format 21 x 23 cm, Ganzleinen mit Schutzumschlag, Ladenpreis S 351.—. Eine nähere Beschäftigung mit der Verlagsproduk tion in Bayern führt zur Erkenntnis, daß die lokale Kunstgeschichte bei unseren Nachbarn Intensiver gepflegt wird als in Österreich. Vorliegende Mono graphie ist ein Musterbeispiel. Ein gewissenhaft er stelltes Literaturverzeichnis — Genauigkeit ist ein wesentliches Merkmal dieses Kunstbuches — führt zwar eine stattliche Publikationsreihe an, in der das Werk von Johann Georg Itzifeidner auf scheint, trotzdem ist der Name dieses „Barockmei sters aus TIttmoning" bisher kaum ins Bewußtsein der profilierten Kunstgeschichtsforschung gerückt worden. Auch Heimat- und Kunstfreunden war er wenig bekannt. Ein ländlicher Bildschnitzer? Was soll das? Roswitha PreIß, die Autorin vorliegender Monogra phie, hat über dieses Thema 1974 an der Universi tät Innsbruck dissertiert, erhielt für ihre Doktorar beit den Ersten Förderungspreis für wissenschaftli che Arbeiten über das Land Salzburg und hat nun in dem Städtchen Weißenhorn im Rothtal Im Kreis Neu-Ulm einen Verlag gefunden, der Ihre umfang82

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