Bücherecke Neuerscheinungen aus Bayern Kurt Schubert — Hans Heyn: Chiemgau. Land zwi schen Saizach und inn. — Rosenheim: Rosenheimer Verlagshaus Alfred Förg 1984, 192 Seiten, da von 96 Seiten Kunstdrucideil mit 48 teilweise dop pelseitigen Farbtafein, 2,75 x 26 cm, Leinen Laden preis S 50.7—. Mit Datum vom 26. Juni 1917 schrieb Rainer Maria Rlike an Gräfin Aiine Dietrichstein einen ausführli chen Brief. Ort der Handlung: Terrasse des Schioßhoteis auf der Herren-Insel des Chiemsees (ehe malige Augustinerabtei) mit träumerischem Blick auf die Frauen-insei (Frauenwörth) mit ihrem ural ten Benediktinerinnen-Kloster und den weitlichen Bewohnern — „kleine Gewerkleute, Fischer, Zim merer, Schlosser und Gärtner, die seit immer im Kiosterverhältnis stehen; die bilden mit ihren biumenüberiadenen Gärtchen und neugierig befensterten Häuschen eine offene Weitiichkeit. . ." Der feinsinnige Lyriker zeigt sich in diesem Schrei ben ganz versunken in die Schönheit dieser ro mantischen Landschaft. Auch der Urbajuware Ludwig Thoma widmet dem Chiemsee begeisterte Worte: „Der Chiemseei Wenn ich die Augen schließe und — sei es wo im mer — Wasser an Schiffspianken plätschern höre, erwacht in mir die Erinnerung an die Jugendzeit, an Stunden, die ich im Kahn verträumte, den See rundum und den Himmel über mir..." Er fügt aller dings diesen poetischen Worten in seiner Autobio graphie „Erinnerungen" bittere Kritik an Schloß Herrenchiemsee an, diesem Prototyp des Historis mus, wie ihn der unglückliche Bayernkönig Ludwig II. träumte und verwirklichte: „Es friert einen vor dem Prunk." In der bayerischen Landeskunde gibt es wohl kei nen namhaften Autor, der nicht dem Reiz des Chiemgaus erlegen wäre. Hans Heyn aus Rosenheim, unseren Lesern von Heft 1/1984 bekannt, hat aus der Fülle dieser litera rischen Überlieferung 17 Texte ausgewählt und zu einem Loblied auf den Chiemsee zusammenge stellt. Dazu finden sich noch viele lyrische Texte und kurze Prosasteiien. Die Auswahl erfolgte über legt und vermittelt ein abgerundetes Landschafts bild. Das Besondere an diesem Landschaftsbuch sind jedoch die fotografischen Landschaftsbilder mit ihren ausführlichen Bildbeschriftungen (auch in Englisch). Wie der Chiemsee eine ganze Bibliothek füllen könnte, ist auch kaum ein in München lebender Maier an ihm vorbeigewandert, ohne von seinem Zauber berührt zu werden. Sogar Max Beckmann, dieser spröde Expressionist, malte 1934 ein Ölbild „Bück auf den Chiemsee", das Harmonie und Stille vermittelt. Chne in den Fehler zu verfallen, für die Fotografie malerische Stiimittei zu verwenden, hat der Biidautor dieses Buches Kurt Schubert eine Biidweit ge schaffen, die zutiefst beeindruckt, den Beschauer derart fesselt, daß er am liebsten gleich am näch sten Tag den Chiemsee besuchen möchte. Am be sten charakterisiert seine Fototechnik wohl die Be schriftung zum Titelbild: „Bück von der Ratzinger Höh' auf die Fraueninsei im Chiemsee, im Hinter grund das Höiiengebirge, ein im Cberösterreichischen gelegner Kaikaipenstock (da staunt der oberösterreichische Leser. Anm. der Red.). Der Bück ist ungewöhnlich, wenngleich die Insel als Bildmitte — man ist versucht zu sagen — jeder mann vertraut erscheint. Fremd ragt dagegen die Bergmauer im Hintergrund auf, obgleich sich der Blick auf das ferne Massiv über diese Distanz im Jahresiauf immer wieder einsteilt. Die Cptik macht es möglich, den Raum zu überbrücken, das Tele objektiv holt das Weitentrückte nahe . . . Die Foto grafie vermag wie das Fernglas im Ausschnitt nur die Weite in die Nähe zu rücken und damit zu über raschen. Denn es ist nicht das Gewohnte, sondern das Ungewöhnliche und vielfach erstmals Gesehe ne, das Auge und Sinne beeindruckt." Kurt Schubert erweist sich als Meister in der Stand ortwahl für seine Aufnahmen. Er liebt vor allem die Früh- und Abendstimmungen am See, wenn Nebel und ein unwirkliches Licht mit der Natur ihre Spiele treiben. Er versteht sich aber auch gut auf Kun staufnahmen, wie z. B., das Foto vom „Trostberger Rokoko" in der „Ehemaligen Stiftskirche von Baumburg" oder „Hohenaschau". Noch eines wird in dieser „Rosenheimer Rarität" dem österreichischen Leser bewußt gemacht — die geographische und historische Nähe des Chiemgaus. In der „Chiemgauer Zeittafel", die Hans Heyn mit lobenswerter Akribie zusammen stellte, finden wir viele Daten, die auf die Verbin dung mit Salzburg hinweisen, so gleich das Jahr 891, als das Reichskloster Chiemsee an Salzburg fiel. Erinnern wir uns auch, daß die heutige Salz burger Landesregierung ihren Sitz im Chiemsee hof in der Chiemseegasse 8 hat, der bis 1814 Resi denz der Fürstbischöfe von Chiemsee war. Die geographische Verbindung des Chiemsees zu Österreich ergibt sich durch die Kitzbüheier oder Tiroler Ache, einem der beiden Hauptzuflüsse dieses mächtigen Binnengewässers mit seinen 80 km^ Seefiäche. Ja und „Tirol ist immer nah", wie es in einer Bildbe schriftung heißt. Dieses Landschaftsbuch bereitet viel Freudei Defregger-Aibum mit Erzählungen von Peter Rosegge.r — Rosenheim: Rosenheimer Verlagshaus Al fred Förg 1984, 176 Seiten, 48 Schwarzweißtafein, 8 Schwarzweißabbiidungen, 19,5 x 23 cm, Leinen, Ladenpreis S 280.80. Diese neue „Rosenheimer Rarität" ist eine wertvol le und liebenswürdige Ergänzung zu der 1983 er schienenen großartigen Defregger-Monographie, die vom gleichen Veriagshaus herausgegeben worden ist, beträchtliches Aufsehen erregt und gu tes Echo gefunden hat. Wir haben seinerzeit dar über in unserer Zeitschrift eingehend berichtet. Mit berechtigtem Stolz kann Alfred Förg darauf ver weisen, daß ihm eine echte DefreggerRenaissance zu danken ist. Diese Tatsache sollte auch und besonders in Österreich gewürdigt wer den. Das Defregger-Aibum ist erstmals 1880 erschie nen. Der Künstler stand damals auf dem Höhe punkt seiner künstlerischen Entwicklung. 1880/82 konnte er sich in München eine Villa in der Königin straße einrichten, 1885 erfolgte der Bau eines groß zügigen Ateliers. Er stand 1880 in seinem 45. Lebensjahr, Peter Rosegger zählte 37 Lebens jahre. Er schrieb über seinen Auftrag: „Der Verle ger dieses Prachtwerkes hat mich aufgefordert, zu den Bildern des .Defregger-Albums' den Text zu schreiben. Diese Bilder bedürfen keines Textes, sie erzählen sich selbst. Aber es ist Brauch geworden, daß zu den bildlichen Darstellungen auch was ge plaudert werde, daß besonders dort, wo die Farbe nicht vermittelt werden kann, das Wort dafür Ersatz zu bieten suchen solle." Es war ein guter Gedanke, diesen malerischliterarischen Schatz zu heben und unserer Gegen wart darzubieten. Rosegger erfand nicht nur pas sende Geschichten, sondern geht immer wieder auch auf Defreggers künstlerische Eigenart ein. Folgende Defregger-Biider werden uns besonders nahegebracht: Der Gänseräuber (Die gebissene Gans), Der Naturforscher (Der Botaniker in der Aimhütte), DerZitherspieier, Wilderer in der Senn hütte (Lustige Gesellschaft), Die Poppen (Die zer brochene Puppe), Stasi, Vor dem Aufstand mit Por trät von Josef Speckbacher, Traudi, Tiroler Knabe, Jägers Heimkehr (der Kioane), Vesperbrot, Mäd chenporträt (Lisi), Die Italienerin, Das Preispferd, Hofer in der Hofburg, Das letzte Aufgebot, Andreas Hofers Tod, Die Brüder, Sepps Brief, Der Erstgebo rene, Barmherzige Seelen, Das Spielzeug, in der Sennhütte, Die Geschwister, Das Tischgebet, Der Brief an den Schatz (Eine Dorfgeschichte in Brie fen), Sonntagsruhe, Das heilige Bildnis, Das Bil derbuch, Habt's a Schneid?, Plauderei, Tiroler Dirndl (Vroni), Der Besuch, Ein Alpenstrauß, Der verwundete Jäger, Mußestunde, Der Schmied von Kochel, Ankunft zum Tanz, Der Tanz auf der Alm, Der Urlauber, Moidei, Speckbacher (Speckbacher sieht seinen Sohn als Landesschützen), Besuch auf der Alm und Aufbruch zur Jagd (Ein Spazier gang in den Alpen), Kleine Wilddiebe und Zur Ge sundheit (Zweiter Spaziergang in den Alpen), Der Brautwerber, Die Betteisänger, Der Saiontiroler (Der Sonntagsbauer). Diese Auswahl stützt sich vor allem auf Defreggers Genre-(Sitten)bilder und seine Historienmalerei. Wenig berücksichtigt sind seine Porträts, völlig zur Seite gerückt seine Landschaften. Das entspricht dem Zeitgeist des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Erst heute und so richtig erst seit Erscheinen der Defregger-Monographie und der damit verbunde nen Defregger-Aussteiiung in Rosenheim wissen wir die Porträtkunst und Landschaftsmalerei dieses großen Tirolers zu schätzen. Vorliegendes Buch eignet sich vorzüglich für alle Freunde unserer „aipeniändischen Heimat und des bäuerlichen Lebens". Jost Perfahl: Kleine Chronik des Alpinismus. Im Zu sammenwirken mit dem Deutschen Aipenverein un ter Mitarbeit v. Franz Grassie,r Peter Grimm, Pit Schubert u. Heimuth Zebhause.r — Rosenheim: Ro senheimer Veriagshaus Alfred Förg 1984, 216 Sei ten, 114 Schwarzweißabbildungen (Fotos u. Zeich nungen), 13 X 21 cm, iam. Pappband, Ladenpreis S 202.80. Verlag und Autor ist mit dieser Neuerscheinung ein Handbuch zur Alpingeschichte gelungen, in der übersichtlichen Anordnung einer Zeittafel wird der Leser über die Entwicklung des Aipinismus von der Prähistorie (100.000 bis 40.000 v. Chr.) bis in die 81
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