Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 3, 1984

Oberösterreich aktuell Gemeinsam können wir den Waid retten Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck Der Wald, einer unserer wichtigsten Lebens grundlagen, ist krank. Wir Menschen haben ihn krank gemacht — und nur wir Menschen sind imstande, ihn wieder gesund zu ma chen. Die Rettung des Waldes ist heute eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt. Denn ein gesunder Wald ist eine unabdingbare Voraussetzung für eine zufriedene Lebens qualität, ja sogar für unser Überleben. Unermeßliche Bedeutung Oberösterreich ist ein Waldland. Fast eine halbe Million Hektar, das sind über 40 Pro zent unserer Landesfläche, sind mit Wald be deckt. Er erfüllt als solcher eine Fülle wichti ger, vielfach lebenswichtiger Funktionen. Er ist Sauerstoffspender, gleicht Klimaschwan kungen aus, verhindert Erosion des Bodens und dient im Gebirge als Lawinenschutz. Darüber hinaus hat er auch für den Wasser haushalt größte Bedeutung. Durch seine Fä higkeit, Wasser zu speichern, hilft er mit, Überschwemmungen zu verhindern und er leichtert die Versorgung mit ausreichendem und gesundem Trinkwasser. Als Bestandteil unserer Kulturlandschaft ist der Wald dar über hinaus natürlich auch ein beliebter Ort, an dem wir selbst und unsere zahlreichen Ur laubsgäste Erholung finden können. Wichtiger Wirtschaftsfaktor Neben seiner Bedeutung für den Fremden verkehr stellen der Wald selbst und in der Fol ge auch die Forst- und holzverarbeitenden Betriebe einen wichtigen Wirtschaftsfaktor dar. Die rund 110 Millionen Festmeter Wald repräsentieren einen Wert von etwa 70 Mil liarden Schilling. Der jährliche Einschlag, der um 2 Millionen Festmeter beträgt, bringt den Waldbesitzern fast 2 Milliarden Schilling. Ein kranker Wald wächst aber langsamer, sofern er nicht überhaupt stirbt. Diese Zuwachs oder Vitalitätsminderung beträgt im Zentral raum, im Mühlviertel und im Alpenvorland, aber auch in Becken- und Kammlagen des Gebirges bereits zwischen 20 und 50 Pro zent. Nach vorsichtigen Schätzungen von Forstfachleuten ergibt dies einen jährlichen Schaden von mindestens 130 Millionen Schil ling. Dies bedeutet nicht nur eine Einkommens verminderung für viele der rund 48.000 Wald besitzer, sondern langfristig auch eine Ge fährdung von 28.000 Arbeitsplätzen. Denn gegenwärtig ist die Arbeit von 2000 Forstarbeitern und Förstern direkt an den Wald gebunden, weitere 26.000 Oberöster reicher arbeiten in der Sägenindustrie, als Zimmerer, Tischler oder in der Papierindu strie. Das Ausmaß der Schäden Gegenwärtig weisen rund 79.000 Hektar Waldfläche, das sind 16,3 Prozent der Wald fläche Oberösterreichs, durch die Luftverun reinigung verursachte Krankheitssymptome auf. Das besonders Erschreckende daran ist nicht nur die Größe der Fläche, sondern vor allem die rapide Zunahme der Schäden. Ha ben sie sich nämlich über Jahre bei etwa 7000 Hektar stabil gehalten, sind sie erst in den vergangenen zwei, drei Jahren auf dieses erschreckende Ausmaß angestiegen. Die Nahimmissionsschäden um die Indu strie, etwa im Gebiet Linz, LenzingVöcklabruck und Ranshofen-Braunau ma chen dabei mit zirka 17.500 Hektar den klei neren Teil aus. Die keinem Verursacher direkt zuordnungsfähigen Schadensgebiete in fern liegenden Wäldern machen hingegen 61.500 Hektar aus. Sie sind die Leidtragenden der sogenannten „Hochschlotpolitik". Dazu zäh len bei uns besonders der Böhmerwald und der Sauwald. Die Berichte über die schlimmsten Wald schäden kommen derzeit aus unserem nörd lichen Nachbarland, der Tschechoslowakei. Die Schadstoffemissionen des um das Erz-, Iser- und Riesengebirge liegenden hochindu strialisierten Raumes führten dort in den letz ten Jahren zu einem Waldsterben unvorstell baren Ausmaßes. Die starke Luftverunreini gung in der CSSR wirkt sich auch bei uns nachweislich aus. So ergeben die Ergebnis se der Luftmeßstation Schöneben, in der Nähe des Dreisesselbergs, die von der Unter abteilung Immissionsschutz der Landesbaudirektion betrieben wird, bei Nordwind stets erhöhte Schwefeldioxidwerte. „Jahr des Waldes" Nach dem heutigen Wissensstand sind ne ben Schwefeldioxid die Stickoxide und deren Umwandlungsprodukte die gefährlichsten Schadstoffe für den Wald. Sie haben eine Art „Leitfunktion". Die Reduktion dieser in die Luft abgegebenen Abfallprodukte unserer In dustriegesellschaft muß bei allen Überlegun gen zur Verhinderung des Waldsterbens im Vordergrund stehen. Dazu bedarf es des Verständnisses und der Mitarbeit der gesamten Bevölkerung. Das heurige „Jahr des Waldes" soll dafür ein be sonderer Anstoß sein, es soll aufgeklärt und bewußt gemacht werden, daß Gegenmaß nahmen — oft auch kostspielige — notwen dig sind. Die Erhaltung unserer Wälder kann nicht allein ein Anliegen der Politiker und der Waldbesitzer sein, es muß eine Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein! Die Aktion „Jahr des Waldes" wird übrigens 1985 fortgesetzt. Den Auftakt zum „Jahr des Waldes" stellte am 19. Jänner 1984 der Landeswaldbauerntag im Linzer Brucknerhaus dar. Inzwischen sind bereits eine Vielzahl von Aktionen und Infor mationsveranstaltungen durchgeführt wor den, viele werden noch folgen. Land geht mit gutem Beispiel voran Wer von anderen etwas will, muß selbst mit gutem Beispiel vorangehen: Die oö. Landesregierung hat deshalb einen einstimmigen Beschluß gefaßt, der eine Rei he von Forderungen nach wirkungsvollen Maßnahmen zur Verminderung waldschädli cher Luftverunreinigungen enthält und Lö sungsansätze aufzeigt, im eigenen Wirkungsbereich wurden davon bereits verwirklicht oder in die Wege geleitet: • Das in Bau befindliche 150 MegawattKraftwerk Riedersbach II der OKA, das aus schließlich mit heimischer Braunkohle betrie ben werden soll, wird mit einer 90prozentigen Entschwefelungsanlage, die rund 500 Millio nen Schilling kostet, ausgestattet. In den be reits bestehenden kalorischen Kraftwerken werden ebenfalls Maßnahmen zur Reduzie rung der Schadstoffe ergriffen. Das älteste Kraftwerk, Timelkam I, für das sich der Ein bau einer Rauchgasreinigungsanlage nicht mehr lohnt, wird 1986 stillgelegt. • Energiesparen heißt Umwelt schonen! In Landes-Amtsgebäuden eingebaute EnergieOptimierungsanlagen führen nicht nur zu einer beachtlichen Reduzierung der Heizko sten, sondern auch zu einer entsprechenden Schadstoffminimierung. 61

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