Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 3, 1984

Dorfhauptmann, dessen Funktionsperiode meist ein Jahr dauerte, dessen Würde und Bürde reihum ging, so daß jeder der Urbauern eines solchen Rodungsdorfes sicher ein mal im Leben seine Gemeinschaft auch von der Seite der „Regierung" kennen und ein schätzen lernen konnte. Hauptfürsorge- und Vorsorgebereiche waren neben der Fortfüh rung von Rodung und Aufbereitung des ge wonnenen Landes die Wasserversorgung, d. h. Bau und Erhaltung der Ortswasserlei tung, und die Anschluß- und Aufschlleßungswege im Bereich der Dorfflur. Gerade das sind die Bereiche, in denen es von altersher und noch heute die meisten Scherereien und Streitigkeiten gab und gibt. Daß eine Rodungs- und Siedlungsgemein schaft im Laufe der Jahrhunderte und im Pulsschlag der Geschichte zusammen wuchs, gleiche Arbeitsweisen und ein festes Brauchtum entwickelte, ist nicht verwunder lich; daß auch Humor und Mutterwitz nicht zu kurz kamen, beweist unter anderem ein Dorf spruch, der noch in unserem Jahrhundert den Kindern des Rodungsdorfes Rudolfing von den Alten vorgesagt und vom Jungvolk dann spottend aufgesagt wurde. Solche „Ortslitaneien", die übrigens auch aus dem Moldautal überliefert sind, hecheln, wie in diesem Fall, alle 20 Ur-Häuser des Ortes durch — die Nummern stehen in Klammer hinter der Zeile —, bringen Reales und Phan tastisches, auf alle Fälle muß das Reimwort „stimmen"; als Namen tauchen Haus-, Familien- und Rufnamen gemischt auf; Lagepläne und Katasterblätter zeigen noch heute, da in vielen Dörfern bei den Grundzusammenlegungen die „HosenträgerÄcker" längst in große Wirtschaftsflächen verwandelt wurden, die ursprüngliche Aufteilung der gerodeten Gewanne auf die Urbauern eines Rodungsdorfes wie z. B. hier in Rudolfing bei Aigen Bän Pflegä habms ä weiß's Haus (1), Dä Hänsl Päuli jagt d'Mäus aus (2), Da Michl is ä guadä Christ (3), Dä HiasI is's net wert, daß ä d'Sauerdöpfl frißt (4), Dä Trautnä is ä guadä Ma(nn) (5), Dä Hoagerbä hat si(ch) in d Hosn ta(n) (6), Bän Brei(n) und bän Lenz habns s'Holz in dä Wend (7,8), Dä Wästl treibt d'Katz äm Tanz (9), Dä Thalä fangts bän Schwanz (10), Bän Räschgä blast dä hintä Wind ums Eck (11), Dä Xai-FerdI, des is ä broadä Fleck (12), Dä Felhofä Michö nimmts Wei(b) bä dä Sichö (13), Bän Hole und bän Hoa habnts d'Stoa in dä Gmoa (14,15), Dä Jägö und dä Kickingä habnt än weißn Schimö (16,17), Dä MörtI is ä growä Limö (18), Dä Vorreidä Sepp hat zwoa ausgfranzte Leiwötäschl (19), Dä Schuastä is ä growä Wäschl (20). /■ 35

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