Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 3, 1984

Menschen des Böhmerwaldes Alois Sonnleitner Der Ur-Böhmerwald war sicher zunächst kein Lebensraum für den Menschen; man konnte in seiner Wildnis gegebenenfalls Zuflucht und Schutz finden, man konnte, von Feinden bedrängt, sich und seine Habe In seiner Un zugänglichkeit eine Zeltlang verbergen. Die germanischen Völkerschaften haben den Waldgürtel, der sich von West nach Ost fast durch die Mitte Europas zog, mehrfach ge nützt, um Angreifer In den Hinterhalt zu locken. In die Enge von Tälern und Schluch ten zu treiben und schließlich zu vernichten. Die Bernsteinstraßen, die den Kontinent In Nord-SüdrIchtung durchquerten, dürften Waldlücken genützt und wegsames Gelände gesucht haben; ähnlich wohl auch die große Wanderung der Boler aus dem Böhmischen Becken In die bayrisch-österreichische Stromlandschaft. Wann nach der großen Völkerwanderung Steige und Pfade In den Böhmerwald und durch den Böhmerwald getrieben wurden, läßt sich wohl kaum mehr feststellen, aber um das Jahr 1000 n. Chr. Ist klar und sicher be zeugt, daß sich der Benediktinermönch Gunther vom Kloster Niederaltelch weitab ortniuuT- „Nortuualt", den ersten Namen für den Böhmerwald, enthält die Urkunde König Heinrichs II. aus dem Jahre 1010: das Kloster Niedernburg In Passau erhält damit das Gebiet zwischen Hz und Rodel, zwischen Donau und Nordwald verbrieft Unten: Plan der Wege und Übergänge über den Böhmerwald, insgesamt als „Goldener Steig" bezeichnet, well der Salzhandel nach Böhmen, zunächst durch Träger, dann durch Säumer und schließlich durch Fuhrleute bewerkstelligt, reichen Gewinn erbrachte h4 fMiw von jeder Siedlung Im Böhmerwald zunächst als Einsiedler niedergelassen und dann Mit brüder und Siedler nachgezogen hat; Im Gunthersteig von Niederaltelch nach Gut wasser bei Hartmanitz ist also auf jeden Fall ein Weg In und durch den Böhmerwald be zeugt. Aber Gunther war nicht nur „Pfadfinder", son dern auch Kolonist, denn seine Einsiedelei wurde zum Kern einer Siedlung; Erschlie ßung und Rodung bedeuteten damals zu gleich Christianisierung, und In Gunther hiel ten sich Kolonist und Missionar offenbar die Waage. Viel bekannter als der Gunthersteig wurde Im Lauf des Mittelalters dann der sogenannte Goldene Steig, auf dem das Salz, das aus dem Salzburgischen zunächst auf dem Inn von Hallein bis Passau geschifft wurde, auf einem halben Dutzend Wegen, Stelgen und Pfaden über den Böhmerwald nach Prachatltz getragen, gesäumt und schließlich gefah ren wurde. Die Bürger von Prachatitz schöpf ten reichen Gewinn aus dem An- und Weiter verkauf des begehrten Salzes; von Ihrem Wohlstand zeugt noch heute das prunkvolle \ I / " ?iL/ ■ • i. 'ilOlfiltS : ■>- ,V' - • - " np - c'-'. M im"" fl 33

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