Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 2, 1984

Bücherecke Wichtige Neuerscheinungen Franz Carl Lipp: Bemalte Gläse.r Volkstümliche Bild welt auf altem Glas. Geschichte und Technik. — München: Callwey 1974, 188 Selten mit 276 einfarbi gen Abbildungen und 18 auf Karton aufgeklebten Farbtafeln mit 31 Abbildungen, 25 x 28 cm, Laden preis S 686.40. Mit dieser Buchbesprechung soll ein Versäumnis gutgemacht werden. Franz Carl Lipp genießt als Hochschullehrer, Museumsfachmann und Volkstumsforscher besonders auf den Gebieten der Tracht, der bäuerlichen Hausforschung und des bemalten bäuerlichen Möbels In ganz Österreich einen hervorragenden Ruf. Seiner Geburtsheimat Bad Ischl wie dem ganzen Salzkammergut hat er viele literarische Denkmäler gesetzt. Wir kennen und schätzen auch seine beachtenswerten dichte rischen Versuche. Daß er sich mit einem grundle genden Werk über das bemalte Glas einen vorde ren Platz In der Internationalen Volkskunde erworben hat, wurde hierzulande bisher kaum be achtet. Es muß allerdings dazu gesagt werden, daß dieses Buch In Österreich wenig propagiert wor den Ist. Dabei erfüllt es alle Wünsche, die man an ein modernes Kunstbuch richtet: wissenschaftlich fundierter Text, ausgezeichnete Typographie und großzügige Blldausstattung. Der Autor überrascht durch eine europaweite Kenntnis der Materie. Er holte sich sein Wissen aus vielen großen Museen. Sein eigenes Oberösterrei chisches Landesmuseum konnte Ihm zwar gute, aber In der Summe nur wenige Beispiele liefern. Was dieses Werk vermitteln will, wird am besten mit den Worten des Verfassers gesagt: „Es Ist die Absicht dieses Buches, die reiche Blldwelt des be malten Glases auf Ihren volkskundllchen und kul turgeschichtlichen Gehalt hin zu untersuchen. Es soll einerseits das herrschaftliche Glas der führen den Gesellschaft auf seine Überlleferungsträchtlgkelt hin aufgezeigt, andererseits das ,Volksglas' In den großen Zusammenhang der bewegenden Kräfte seiner Zelt gestellt werden. Daß dabei — dort wie da — auch beharrende, ,überzeitliche' Sinngehalte sichtbar werden, versteht sich beina he von selbst." Wie In der modernen Volkskunde allgemein, wird auch an diesem Thema sichtbar, wie schwierig die Grenzlinien zwischen Hochkunst und Volkskunst zu ziehen sind. Wer erwartet. In diesem Werk wie der einmal einer „alten Bauernherrllchkelt" zu be gegnen, wird rasch eines Besseren belehrt. Die Geschichte der Glasbemalung reicht In Urkulturen zurück. Die Anfänge bestimmen „ägyptische, provinzlalrömlsche, byzantinische und Islamische Emallglasbemalung". Eine neue Blütezelt brachte die „Venezianische Emallglasmalerel 1460—1530". Der Autor drückt präzise aus, was unter Emallglas zu verstehen sei: „,Mlt Schmelzfarben bemaltes Hohlglas.'" Er bemüht sich überhaupt In seiner Darstellung um Verdeutlichung der notwendigen technischen Daten In verständlicher Form kann der Vorgang bei der Emallmalerel auch für den NIchtfachmann kurz so beschrieben werden: Mit aus Glasstaub hergestellten und mit Ölen ge bundenen Farben wird die Oberfläche eines Gla ses In der Welse bemalt, wie man sie etwa von der üblichen Ölfarbentechnik her gewohnt Ist. Die be malten Gläser kommen In den Brennofen und wer den dabei auf jenen Grad erhitzt, der zwar die Glasfarben, nicht jedoch den Blldträger, das Glas, zum Schmelzen bringt." Dieser Vorgang gilt Im we sentlichen auch heute noch, wie an dem Beispiel der oberösterreichischen Emallglasmalerln Hertha Wascher mit Text und Bild demonstriert wird. Die „deutsche Emallglasmalerel" wird von Lipp In das zweite Drittel 16. bis erstes Drittel 19. Jahrhun dert datiert. Gerade In diesem Kapitel macht der Autor deutlich, daß die Glasmaler hochwertige Handwerker sein mußten, unter Ihnen als einer der bedeutendsten Johannes Kunckel, der 1679 ein Buch über die Glasmacherkunst herausbrachte, aus dem Passagen wiedergegeben werden. An Hand der „Blldwelt" wird der Werdegang von den „Reichs-Gläsern" (Wappengläser, Relchsadlergläser, Kurfürstengläser) über „Porträts, histori sche Geschehnisse, Kostüm- und Genregläser" zum Gläserbrauchtum der Im 16. und 17. Jahrhun dert so erstarkten Zünfte bis zum Glas des „Volkes" aufgezeigt. „Es spiegelt sich ein bemerkenswertes Stück Sozialgeschlchte darin, daß die Darstel lung des Bauern als solchen zögernd am Ausgang des 18. Jahrhunderts und In nennenswertem Um fang erst Im 19. Jahrhundert einsetzt." Daß Franz Carl Lipp als begeisterter Volkskundler dann diesem „bemalten Volksglas" seine besonde re Aufmerksamkeit schenkt, Ist wohl selbstver ständlich. Er führt uns hiebel durch Norddeutsch land, Mitteldeutschland, Südböhmen, Baye rischen Wald, Ober- und Niederösterreich, hinein nach Tirol, schließlich In den deutschen Südwe sten, In die Schweiz und nach Venedig. Ein kurzer Exkurs gilt „weiteren Volksglaslandschaften" bis nach Rußland. Der reichhaltige Blldtell wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt und nach dem Text gegliedert In „Heraldische Gläser und ,Reichs-Gläser' — Por träts, historische Geschehnisse, Kostüm- und Gen regläser — Zunft, Berufsstand, Arbelt, Familie — Religiöse Motive — Mythologisches und Allegori sches — Rund um die Liebe — Tier und Mensch — Blätter und Blumen". Die Bllderläuterungen zeu gen von wissenschaftlicher Akribie. Bemerkens wert Ist ein umfassendes „Glas-Wörterbuch". Ein Standardwerk der europäischen Volkskunde! Herbert Schindler: Donaubalrisches. Vorträge zur Kunstgeschichte. — Passau: Andreas-Haller-Verlag 1982, 218 Selten, Ladenpreis S 198.—. HerbertSchindlerIst Professoran der Universität Passau. Die große Zahl seiner kunstgeschlchtllchen Veröffentlichungen Ist zum Teil auch In Öster reich gut bekannt. Erinnert sei besonders an seine beiden Bände „Barockreisen In Österreich an der Donau entlang" und „In den Alpenländern Öster reichs". Die vorliegende „Sammlung von Passauer Vorträgen und Aufsätzen zur Kunstgeschichte" widmet er seinen „Passauer Hörern". Wir erfahren aus dem Vorwort, daß er mit seinen Studenten acht Jahre hindurch die Passauer Kunstlandschaft durchwandert hat. Also: vorbildliche Feldforschung! Es wird überhaupt In diesen Aufsätzen ge zeigt, wie man Kunstgeschichte betreiben soll, nicht nur als trockene Fachwissenschaft, sondern als lebendigen Beitrag zur Landeskunde. Seine Themen behandelt der Autor mit persönlicher An teilnahme und versteht es, sie In anschaulicher Darstellung dem Leser nahezubringen. Für österreichische Leser anregend sind seine vie len Bezüge zu unserer eigenen Kunstlandschaft. Wenn Schindler meint, daß In Passau stets eine „austrophlle Gesinnung" geherrscht habe, so kön nen wir Ihm bestätigen, daß diese In Ihm einen lie benswerten gegenwärtigen Interpreten gefunden hat. Die Sammlung enthält Insgesamt 16 Aufsätze. Im ersten Beitrag „Passau — kunstgeschlchtllches Profil einer Stadt" entwirft der Autor ein großartiges Bild dieser alten Bischofsstadt, deren Geschichte und Architektur von vielen österreichischen Fürst bischöfen geprägt worden Ist, die umgekehrt stark In die österreichische Donaulandschaft ausge strahlt hat. Gebührende Rangordnung erfährt selbstverständ lich der Passauer Stephansdom mit Hervorhebung der „Passauer Domkanzel". Hoch Interessant Ist der Beitrag über Nicolaus Gerhäert, diesen großen Bildhauer des Spätmittelalters, der In der österrei chischen Kunstgeschichte kaum wahrgenommen wird, obwohl er mit dem Grabmal Kaiser Friedrichs III. beauftragt war und vermutlich In Wiener Neu stadt 1473 gestorben Ist, „wo er ein Weingütchen besaß, vielleicht ein Geschenk seines späten Gön ners Kaiser Friedrichs III." Mit dem Beitrag „Die Kriechbaumwerkstatt" rollt Schindler erneut die Kefermarkter Meisterfrage auf. In den gleichen Fra genkomplex Ist die Abhandlung „Der Schnitzaltar In Mauer bei Melk" einzuordnen. „Die Wilden Ma ler von der Donau" sind die Meister der Donau schule, „Der Rebell" handelt von Thomas Schwanthaler und seinen Söhnen . Diese Hinwelse — mehr kann aus Raumgründen In dieser Rezension nicht geboten werden — sol len andeuten, daß dieser schmale kunstgeschlchtllche Band nicht nur für die Passauer, sondern ebenso für die österreichische Kunstlandschaft von großer Wichtigkeit Ist. Museen In München. Ein Führer durch 43 öffentli che Museen, Galerien und Sammlungen. Mit einem Anhang der wichtigsten Adressen des Kunst- und Antiquitätenhandels. Herausgegeben und bearbei tet von Monika Goedl im Auftrag des Kulturreferats der Landeshauptstadt München. — München: Prestel-Verlag 1983, 354 Selten, reich bebildert, La denpreis S 171.60, DM 22.— Den Rang als „Kunststadt" bestätigt München je des Jahr mit seinen Großausstellungen Im Haus der Kunst. Sie besitzen Internationalen Ruf. Die Ausstellungsleltung kann auf bisher 84 Kataloge hinweisen. Heuer war es eine grandlose MaxBeckmann-Retrospektive, die wieder Tausende von Kunstfreunden nach München lockte, darunter viele Gäste aus Österreich. München Ist aber auch eine hervorragende „Mu seumsstadt". Die Tatsache einer Rezension des Im Vorjahr Im Prestel-Verlag erschienenen Münchner Museumsführers In der Kulturzeltschrlft „Ober österreich" belegt die museologische Ausstrah lung der bayerischen Metropole bis tief hinein nach Österreich. Dieser Museumsführer Ist ein Handbuch, das je dem österreichischen Kunstfreund wärmstens empfohlen wird. Für eine Kunstreise nach Mün87

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