Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 2, 1984

Die geologischen Grundlagen des Bergbaues in Oberösterreich Hermann Kohl Unter Bergbau verstehen wir im weiteren Sinne des Wortes Rohstoffentnahme aus dem Boden zur Deckung menschlicher Bedürfnis se. Er war daher von urgeschichtiicher Zeit an zunehmend Voraussetzung für die Weiter entwicklung von Geräten, Waffen, Behausun gen und schließlich für einen Großteil der zivi lisatorischen Errungenschaften bis zur Ge genwart herauf. Begann es mit dem Sammeln geeigneter Steine aus losen Schottern, so wurde bald dem Ursprung der brauchbaren Stoffe nachgegangen und deren Abbau an Ort und Stelle betrieben, bis mit der Entwicklung höchster technischer Hilfsmittel für ihre Ge winnung tiefe Stollensysteme angelegt oder mittels entsprechender Bohrungen auch La gerstätten etwa von Erdöl und -gas bis In Tau sende von Metern Tiefe erschlossen werden konnten. Als Bodenrohstoffe werden Minerale, aber auch Gesteine verstanden; enthalten sie Me talle, so wird von Erzen gesprochen. Es hängt also von der natürlichen Ausstattung, d. h. von der geologischen Beschaffenheit der Erdkru ste ab, ob und wie viele Bodenschätze (Lager stätten) in entsprechender Menge in einem Lande angetroffen werden. Lagerstätten kön nen im Zusammenhang mit aufdringenden Gesteinsschmelzen (magmatisch) und deren Nachwirkungen, den in Gängen, Spalten und Linsen eindringenden Restschmelzen (pegamatisch). Gasen (pneumatolytisch) und war men wässerigen Lösungen (hydrothermal) entstehen, aber auch in Ablagerungen ver schiedener Gewässer durch Schwereauslese, chemische Ausscheidung, Verdampfung oder durch Umwandlung organischer Stoffe. Schließlich kann es bei der Gesteinsumwand lung (Metamorphose), wie sie etwa bei der Gebirgsbildung oder im Kontakt mit Gesteins schmelze erfolgt, zur Neubildung brauchbarer Rohstoffe kommen, wie solche oberflächen nahe auch durch Verwitterungsvorgänge ent stehen können (Oxydation). Wenn In der alten Welt die Zahl der Bergbaue und damit auch ihre Vielfalt stark abgenom men hat, so Ist das in der Erschöpfbarkeit der seit urgeschichtiicher Zeit gesuchten minerali schen Vorkommen, aber auch in der sich stets ändernden Frage der Rentabilität in Abhän gigkeit von der Weltkonkurrenz begründet. Die im modernen Bergbau notwendigen hohen In vestitionen erfordern bei diesem sehr emp findlich auf Nachfrageschwankungen reagie renden Wirtschaftszweig möglichst große, qualitativ hochstehende und leicht zu er schließende Rohstoffvorkommen. Kann zwar Oberösterreich in bezug auf Erze mit dem einstigen Reichtum und der Vielfalt inneralpiner Länder, wie etwa Steiermark, Kärnten, aber auch Salzburg und Tirol, nicht verglichen werden, so bilden doch auch die drei so unterschiedlichen geologischen Zonen in unserem Lande, das Granithochland Im Norden, die Molassezone des Alpenvorlandes in der Mitte und die Nördlichen Kalkalpen ein schließlich Flyschzone im Süden, die Grund lage für sehr verschiedene, bis heute betrie bene und für die historische Entfaltung der be treffenden Gebiete einflußreiche Bergbaue (Abb. 1). Einen ausführlichen Überblick über die ober österreichischen Rohstoffvorkommen in ihrer Abhängigkeit von den geologischen Gege benheiten hat 1980 W. Werneck im Jahrbuch des 00. Musealvereins gegeben, wo auch die maßgebenden älteren Arbeiten genannt sind. Ein nicht zu unterschätzendes Ausmaß er reicht der Abbau von Baurohstoffen und von Schüttmaterial in den zahlreichen Steinbrü chen, Schotter-, Sand- und Tongruben. Ihr Abbau unterliegt aber nicht den Bestimmun gen des Berggesetzes, weshalb in diesem Beitrag nur ganz allgemein darauf hingewie sen werden soll. Das Granithochland Das Granithochland, geologisch ein Teil des Böhmischen Massivs, umfaßt das Mühlvlertei und die durch die Donau davon getrennten Sporne des Sauwaldes und Kürnberg-Freinberges bei Linz, nicht die Donauebenen. Es stellt den Rest eines im Laufe der Jahrmillio nen bis auf seine Grundfesten abgetragenen Gebirges aus dem Erdaltertum dar. Nur so wird verständlich, daß die einst aus Gesteins schmelze in der Tiefe entstandenen Granite und die durch Umwandlung aus noch älteren Gesteinen hervorgegangenen Gneise und kri stallinen Schiefer heute die Landoberfläche bilden. Die Landoberfläche wird hier somit von einer Gesteinsserle aus einer Tiefenstufe aufge baut, die von vornherein wenig Voraussetzung für größere Lagerstätten bietet. Die Verhält nisse liegen im benachbarten Waldviertel und im Bayerischen Wald etwas günstiger. Abge sehen von den in zahlreichen Brüchen ge wonnenen, als Bau-, Dekorationssteine und als Schüttmaterial verwendeten Graniten und Gneisen ist dieser Landesteil arm an abbau würdigen Bodenschätzen; wenn es auch eine Vielfalt vereinzelt vorkommender Minerale, jedoch ohne bergmännische Bedeutung gibt. Sehen wir von der Steingewinnung, die die fein- bis mittelkörnigen Granite vom Typus Mauthausen bevorzugt, und einem Quarz bruch ab, so ist gegenwärtig nur der Abbau von Kaolin durch die KAM IG (österr. Kaoiinund Montanind. AG.) In Kriechbaum und Weinzierl von Bedeutung (Kirnbauer F. 1937, 1965). Kaolin zählt zur Gruppe der Tonmine rale und ist ein Verwitterungsprodukt, das un ter subtropischen Klimaverhältnissen, geför dert durch überlagernde Moore, aus feidspatrelchen Gesteinen entsteht. Subtropisches Klima herrschte während der Tertiärzeit, als das Alpenvorland von einem Meer, der Paratethys, eingenommen wurde und das heutige Granithochland als flaches Festland aufragte. Die damals tief in die Gra nite und Gneise eingreifende Verwitterungs decke ist aber im Zuge der nachfolgenden He bung dieses Massivs bis zur heutigen Höhe zunehmend der Abtragung zum Opfer gefal len. Sie blieb nur dort erhalten, wo in abgesun kene Becken das Tertiärmeer eindringen konnte und dessen Ablagerungen, Schlier und Sand, die kaolinisierte Granitoberfläche ge schützt hatten. So finden sich zwar an vielen Stellen Spuren von Kaolin oder kaollnislertem Feldspat, eine abbauwürdige Mächtigkeit feldspatreicher und gleichzeitig glimmerarmer kaolinislerter Granite Ist bisher jedoch nur an den beiden genannten Stellen nachgewiesen worden. Der ab 1860 bergmännisch geführte Abbau in Kriechbaum ist aus einer seit dem frühen 19. Jahrhundert bestehenden bäuerli chen Grube zur Gewinnung von „Weißer Erde" hervorgegangen und wird seit 1924 von der KAMIG erfolgreich genutzt. Die Mächtig keit des im Becken von Kriechbaum schräg einfallenden abbauwürdigen kaolinisierten Granites beträgt 20 m. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die zweite Grube in Weinzierl bei Perg erschlossen werden. Von den übrigen Mineralvorkommen Im Gra nithochland sind nur wenige und auch diese nur vorübergehend von praktischer Bedeu tung gewesen. So findet sich an manchen Stellen Flinzgraphit, ein Umwandlungspro dukt aus dem Erdaltertum, das aus ursprüng lich bitumenhältigen Ablagerungen hervorge gangen Ist. Längst verstürzte Baue auf dieses Produkt finden sich bei Esternberg und Frein berg im oberen Sauwald; im späten 19. Jahr hundert wurden Probeschürfungen auch im Räume des obersten Mühiviertels vorgenom men. Nur das etwas größere Vorkommen in einer bunten vorgranitischen Gesteinszone bei Herzogsdorf lohnte nach Versuchsschürfen seit 1914 in den Jahren 1920 bis 1925 die Ein richtung eines Bergbaues (Holzer H. 1964). Dagegen gibt es Baue auf Graphit noch beim bayerischen Obernzell an der Donau und im Waldviertel bei Spitz an der Donau. Vereinzelt und nur ganz lokal wurde fallweise auch das sehr weiche, in hellgrauer und der ber Ausbildung vorkommende wasserhaltige Magnesium-Silikat Talk, sog. Tabstein oder Speckstein, abgebaut und u. a. zu Gewichten verarbeitet (Abb. 2). Vor allem sind in den Granitschiefern längs der von der Donau bis nach Südböhmen eingreifenden ,,Rodlstörung" mehrere kleine Vorkommen dieses Mi25

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