Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Oberösterreich aktuell ter, verdeutlicht an einem Greis und einer alten Frau. Rechts hingegen stellt er die Geogra phie symbolisch dar. Diese letzten drei Me daillons werden auch als die Darstellung der Lebensalter gedeutet. Nun öffnet sich der Festsaal. Sein Grundriß ist ein Rechteck im Ausmaß von 19,08 x 11,70 m. An den Schmalseiten tritt man durch drei Tü ren ein, zwischen denen je zwei breitspurig gestellte toskanische Säulen, darüber Gale rien mit Pfeilern und Balustrade die Wand gliedern. Die Längsseiten zeigen die gleiche Architektur, aber gemalt, nur das umlaufende Gesims, das Hauptgeschoß und Mezzanin trennt, ist plastiscti. Die Architekturteile sind lila mit weiß getönt, der Mauergrund erbsen grün, die Balustraden weiß. Die mittlere Tür des Eingangs trägt ein Wappen mit dem ver schlungenen Monogramm JFGT" (Josef Fer dinand Graf Tattenbach?), die des Ausganges das gräfliche Wappen. Den Übergang von den Wänden zur Decke vermittelt eine Kehle mit Kartuschen und Grisaillebildern: Putten, die Tierkreiszeichen tragen. Diese sowie die illu sionistische Architekturmalerei schuf Josef Damian Stuber. Der erste Eindruck nach einem Blick rundum: welch ein feierlicher Raum von kühler klassizi stischer Eleganz, von den sanften Farben an genehm erwärmt! Dann aberwandern die Au gen zur Decke, in eine Flut von Farben. Noch einmal schüttet Christian Wink alle Kunst stücke spätbarocker Malerei verschwende risch über uns aus. Langsam entschleiert sich auch die Komposition: der Großteil der Fläche Darstellung auf der westlichen Schmalseite des Festsaaies mit Verherriichung des Ackerbaus. „Zentrai auf einer Anhöhe, unter einem Palmen baum stehend, zeigt Ceres, die Göttin der schöpferischen Naturkraft (die griechische Demeter, die Stifterin des Ackerbaues), auf Feidfrüchte im Korb eines vor ihr sitzenden Mädchens . . . Eine Frau führt einen von Putten gezogenen Pflug . . ." ist von vielfältig schattiertem Himmelsblau er füllt. Die Mitte nimmt eine unregelmäßige, orangegoldgetönte Wolke ein, von Sonnen strahlen durchleuchtet, die vom Sonnengott Apoll (Phöbos) ausgehen, der auf seinem von vier weißen Pferden gezogenen Wagen daherbraust. Er vertreibt die Nacht, die, in ihren tief-dunkelblauen und mit Sternen besetzten Mantel gehüllt, flieht, von Fledermaus und Eule begleitet. Darunter sitzen auf schwarzen Wolken Genien, die aus Urnen Regen ausgie ßen. Vor dem Sonnengott fliegt Eos-Aurora (die Morgenröte) mit der Fackel in der Hand, lüftet das Segel der Nacht und bringt das Mor genlicht. Seitlich neben ihr reitet Sirius, der Hundstern, auf seinem Flügelroß. Von Apollo aus fällt das Sonnenlicht nach allen vier Rich tungen und beleuchtet die Freuden des Land lebens, das Chr. Wink in ungemein köstlich naiver Erzählweise an den Rändern der Decke ausbreitet. Sehr geschickt bringt er neben den Bewegungen der Personen auch noch Bewe gung in die Komposition, um die starre Recht eckfläche zu lockern, indem er an allen Seiten eine Mittelgruppe erhöht, von der sich die Ge staltung dann zu den Ecken senkt. An der Längsseite, den Fenstern gegenüber, sitzt Apoll und musiziert mit den Musen, Putti hal ten Notenblätter, tanzen und spielen zum Teil selbst mit. Waldhornbläserinnen unter einem losen Zelt leiten zum Aufbruch der Jagd über, die Artemis-Diana mit ihrem Gefolge anführt. Die westliche Schmalseite ist der Verherrli chung des Ackerbaus gewidmet: auf einem kleinen Hügel steht Geres (Demeter), Göttin des Ackerbaus, und zeigt auf einen Korb mit Feldfrüchten, den ein Mädchen hält. Darunter ackert eine Frau, deren Pflug Putten ziehen, während über Ceres auf den Wolken ein Dra chenwagen heranfährt, in dem ein Genius ein mächtiges Bündel Getreideähren hält. In der Ecke zur Fensterfront hat sich der Künstler auf einem Steinblock selbstbewußt verewigt: ,,Sebastianus Wink Aulae Boicae Pictor invenit et pinxit 1772". Die Bildmitte der Fensterseite nimmt ein Turm ein, der die linke Hälfte den verschiedenen Ar ten der Fischerei zuweist und die rechte dem Vogelfang. Die westliche Schmalfront gehört den Freuden des Gartenlebens. Die Überhö hung der Mitte wird hier durch einen klassizi stischen Pavillon und eine Baumgruppe gebil det. Pomona, die Göttin der Gartenfrüchte, ist im Gespräch mit einer alten Frau. Diese wird von manchen jedoch als ihr Gatte Vertumnus gedeutet, der altitalische Gott und Geber der Jahreszeiten.^" Diese reizende Gartenszene ist durch Personen- und Puttigruppen sowie durch einen Springbrunnen abwechslungs reich gegliedert. Unterhalb der Decke und Kehle schieben sich an beiden Längsseiten im Mezzaningeschoß tafelbildähnliche Fresken zwischen den Fen stern ein und heben sich in frischen, starken Farben aus der gemalten Architektur ab. Ihre Themen schöpfte Wink aus der griechischen Sagenwelt: so stehen gegenüber der Fen sterwand Selene und Endymion, Herakles (Herkules) und Omphale, ein Pan, der die Nymphe Syrinx verfolgt, die sich zum Schütze 88

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