Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

1 V vor der bayerischen Grenze. U nd man soll hier nicht nur die Donau sehen, sondern auch den Inn als eine der großen Wasserstraßen der al ten Zelt. Hier fuhren die päpstlichen Hllfstruppen heran, das spanische Fußvolk aus Mal land, ja noch die Bayern Max Emanuels. In der Stadt selber regierte von 1540 bis 1555, mild und gelehrt, Fürstbischof Wolfgang von Salm, der Sohn des Türkenslegers von 1529, und mit Fürstbischof Urban von Trennbach begann dann ohnedies schon der Ausbau des Ober hauses zur schweren, artlllerlebestückten Festung. Es war ein Glück für das Reich und ganz Euro pa, daß die Türken während des Dreißigjähri gen Krieges stillsaßen, beschäftigt mit Palastwirren, Perser- und Polenkriegen. Doch seit 1656 warfen die drei großen Wesire aus dem Hause Köprülü das Steuer plötzlich herum und stürmten noch einmal mit Ihren Janitscharen und SIpahls gegen den Westen, hinter sich Immer noch ein Weltreich, das bis zum Persi schen Golf reichte. In dieser Notzelt suchte das ganze Donauland seine Zuflucht beim Passauer Gnadenbild auf dem Berg von Marlahllf. Der Domdekan Marquard Freiherr von Schwendl, selber der ferne Neffe eines kaiser lichen Feldhauptmanns aus den ersten Tür kenkriegen, hatte das Bild 1622 aufgestellt, und die ,,Auxlllatrlx Chrlstlanorum", sie hatte, wie es schien, während des ganzen Dreißig jährigen Krieges Passau und seinen Hochstlftswlnkel vor den Schweden und Franzosen bewahrt. Warum sollte sie nicht auch jetzt hel fen In der großen Verzweiflung? ,,Maria hilf", schrien die bayerischen Kreistruppen, als 1664 In der Türkenschlacht bei Mogersdorf die Frontlinie am Zerbrechen war. Und 1680, als Pater Markus von Aviano, der Kapuzinerdip lomat, Türkenprediger und Wundertäter, nach Passau kam, zog mit Ihm eine so gewaltige Menschenmenge nach Mariahilf hinauf, daß darüber sogar die Innbrücke bedenklich Ins Schwanken kam. 1683 aber, als die Türken mit 200.000 Mann ganz Wien einschlössen, erschien vielen ein Marlahllfblld, das man aus der Vorstadt hinter die Wälle geflüchtet hatte, als letzter Trost. Überhaupt das große Türkenjahr 1683: Kaiser Leopold und sein Hof hatten es gar nicht dar auf ankommen lassen, sondern sie waren be reits Im Juli zu Schiff über Linz nach Passau geflohen. Die Stadt hier war ein einziges Bangen, voll Irrsinniger Gerüchte, überstaut mit Menschen von überall her. Noch haben wir die Einweisungslisten des Flüchtlingskom missars Pranner, der selber bei dem berühm ten Bildhauer Högenwald In der Reitgasse einquartiert war. In der heutigen Thereslenstraße also. Das Haus war natürlich überfüllt bis unters Dach, und selbst Im Holzgewölbe Im Parterre drängten sich zwanzig Landkutscher und Heiducken zusammen. Und noch lebt In den alten Berichten der ganze barocke Schauder von damals mit seinen Fastengebo ten, Bußandachten, nächtlichen Bittprozes sionen, dem Dröhnen der Sturmglocken über die drei Flüsse hin. Hier In Passau war es aber auch, daß ein kleiner französischer Abbe, der von Paris her all die Tage durchgeritten war, den Kaiser In der alten Residenz aufsuchte und Ihn um ein Regiment Dragoner bat: es war Prinz Eugen von Savoyen, der dann dem Reich Paladln und Konnetabel werden sollte wie sonst keiner mehr. Wir alle wissen, daß Wien noch rechtzeitig entsetzt werden konnte und daß In der Schlacht am Kahlenberg die Kaiserlichen und

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