Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Oberösterreich aktuell schieben die Stirnseiten je eine hohe Attika mit quadratischen Fenstern. Die Hoffassade ist einfach: im Erdgeschoß sieben große Arkaden mit Korbbogen, die Mittelachse erhöht ein kleiner Giebeiaufbau mit Doppeifenster. Im ganzen ein wohlgelungener, kraftvoller Bau von ruhiger Architektur, bereits dem Frühklas sizismus zugehörig, fern jeder Verspieltheit des Rokokos, sicher hineingestellt in die bäuerliche Landschaft, ohne sie zu verfrem den. Was das Schloßartig-Höfische ausmacht, liegt an der Innenarchitektur. Da empfängt einen das geräumige, zweigeschossige Stiegen haus mit breiter, mäßig geschwungener und freitragender Treppe aus dicken Eichenboh len und schmiedeeisernem Geländer, dessen Stäbe oben und unten eingerollt sind. Und dann vor allem der durch zwei Stockwerke reichende große Festsaai, dem an den Stirn seiten Gänge und je eine Galerie vorgelagert sind. In diesen Räumen zeigt die Freskomalerei des späten Rokoko noch einmal, welcher flüssigen Komposition, welcher Heiterkeit und hellen Farbenpracht sie fähig gewesen ist, bevor der Geist der Aufklärung, das durch ihn völlig ge wandelte Lebensgefühi sowie die Revoiutionskriege der Malerei die thematischen und soziologischen Grundlagen und damit einen Großteil der Auftraggeber entzogen. Schöpfer dieser Werke war Christian Wink, den Joseph Ferdinand Graf von Tattenbach auf Vorschlag Guviilies wählte. Wink führte die Arbeiten in den Sommermonaten 1771 /72 aus, unterstützt vom Münchner Theatermaler Josef Damian Stuber.^ Christian Wink ent stammte einer einfachen Familie der Bi schofsstadt Freising, ging dort kurz zu einem Schuhmacher in die Lehre, erlernte die An fangsgründe der Maierei bei einem Faßmaier in Eggenfelden, kam auf der Wanderschaft nach Augsburg, wo er bei dem berühmten Freskanten Georg Bergmüiier gelernt haben dürfte.® Überdurchschnittlich begabt und sehr fleißig, ließ er sich in München als Porträtmaler nieder und war bald im höheren Adel und bei Hof durch seine Qualitäten - inzwischen hatte er sich auch einen Namen als Freskant ge macht - bekannt geworden und viel beschäf tigt; dies trug ihm 1769 auch die Ernennung zum kurfürstlichen Hofmaler ein. Neben Adel und Hof beschäftigte ihn aber auch die Kirche stark, wie die zahlreich erhaltenen kirchlichen Arbeiten bezeugen.® Nun, am Höhepunkt seines Könnens, kam Wink nach Zell an der Pram. Da es sich hier vor allem um einen adeligen Landsitz handel te, war es vom Thema her begreiflich, die Freuden des Landlebens in einem Freskenzykius darzustellen. Die Art aber, wie er dies tat, beweist seinen Einfalisreichtum, das Wisr Beispiele der qualitätvollen Freskenausstattung Durchblicken in illusionistischer Malweise an von Christian Wink, Hofmaler in München. den Wänden Stiegenhaus mit Deckenfresko und farbigen sen um das, was gefiel, und die souveräne Beherrschung aller Maltechniken. So band er heiteres Landleben in antike Götter- und Sa genweit ein, wobei Architektur und Landschaft gleichsam die Bühne abgaben, auf der sich dies ungezwungen vollzog," wie sich dies am besten im Schloßsaal manifestiert. Betreten wir das Stiegenhaus, gewahren wir sogleich, daß einst alle Wände voll bemalt ge wesen waren. Sind die Mauerfiächen der an steigenden Treppenteile in Grisaille gehalten, so die der Treppenabsätze in farbiger illusioni stischer Gestaltung, um den Besucher beim Steigen gleichsam ausruhen zu lassen und ihm dabei den Blick nach außen freizugeben, wodurch auch eine optische Erweiterung des Treppenhauses erreicht werden sollte. Die Nordwand über dem ehemaligen Eingang läßt einen Falken und einen Kranich erkennen, die übrige Malerei ist sehr stark zerstört, nur zu oberst hat sich ein Putto in grüner Camaieumalerei erhalten. Die Westwand zwischen den Fenstern zeigt Diana, ebenfalls in grüner Camaieuart. Auf dem ersten Treppenabsatz läßt das Fresko den Blick auf eine Terrasse wan dern, auf die ein Jäger, den Hut lüftend, zu schreitet, während dem weiteren Stiegeniauf entsprechend, Mädchen vor dem Standbild der Diana (Artemis) ein Opfer darbringen. Die Decke des Ganges im ersten Stock zwischen Saal und Treppe bietet drei Medaillons dar: im mittleren, ovalen schweben die drei Grazien in leichten, heilen Wolken, von einer langen Blumengirlande, die ein Putto hält, locker um fangen. In den beiden seitlichen, kreisrunden fliegen und sitzen Putti mit Weiniaub- und Biumengehängen. Gehen wir die Stiege weiter, begleitet uns an der Nordwand, also rechter Hand, eine archi tektonische Maierei mit männlichen Porträt86

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