Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Oberösterreich aktuell Schloß Zeil an der Pram in Vergangenheit und Gegenwart Franz Engl X Aus der einstigen Vielzahl von Burgen und Edelsitzen im Innviertel konnten sich nur we nige bis in unsere Zeit herauf halten und nur einigen von ihnen gelang es, sich im Barock zum repräsentativen Schloß mit höfischem Flair zu wandeln, denn nur zu bewußt hatten die bayerischen Herzöge verhindert, daß sich hier mächtige Grundherrschaften ausbildeten. Schloß Zell an der Pram ist eine von diesen Ausnahmen. Bereits im 12. Jahrhundert scheinen in formbachischen Urkunden die Herren ,,de Celle" auf, die am rechten Ufer der Pram eine Was serburg anlegen ließen.^ Eine Seitenlinie der Zeller errichtet um 1250 einen Herrensitz in Riedau, knapp 2 km entfernt. Zwischen beiden Orten verlief bis 1779 die alte bayerisch-öster reichische Grenze. Von 1433 bis 1484 hatten die Zeller auch Rie dau in ihrem Besitz, dann trennten sich beide Herrschaften wieder. Die Zeller standen als Landrichter und Pfleger in Diensten des baye rischen Herzogs, die Riedauer dienten dem Kaiser. So erhob z. B. Kaiser IVIaximilian I. 1515 Riedau zum Markt. Allerdings wurde Bernhard III., der neben Riedau auch Schwertberg besaß, 1521 wegen seiner ge fürchteten Raubzüge im unteren Mühlviertel hingerlchtet.2 Mit Christoph Zeller starb 1550 das Geschlecht aus. Seine Tochter Susanne heiratete Christian Retschan zu Feldegg bei Ried, die zweite Tochter Christophs, Marga rete, ehelichte Leo von Hoheneck. Der Zellersche Besitz wurde zwischen den Schwestern geteilt. Sara Sophia Hoheneck verband sich IIofeiarclrLe Zell arider Taei Kiedau. 1611 mit Gotthard von Tattenbach und 1638 erbte Hans Adolf von Tattenbach den Zellerschen Anteil der Retschan-Hochburg, so daß Hans Adolf die ganze Herrschaft Zell in die Hand bekam. Auf Grund ihrer Verdienste für Kaiser und Kurfürst erhob Kaiser Ferdinand die Tattenbach 1637 in den Reichsgrafen stand. ^ Im Zuge des Spanischen Erbfolgekrieges (1701 bis 1714), in dem Bayern auf seifen Frankreichs gegen Österreich stand, wurden Zell und Riedau, weil im Aufmarschgebiet ge legen, besonders 1703/04 schwer geplündert und beschädigt. Der bayerische General Emanuel Graf von Tattenbach lag zu dieser Zeit mit seinen Truppen in und um Schärding, bereit, mit ihnen in Oberösterreich einzufallen, wie aus einem Brief an seine Mutter, der abge fangen wurde, hervorgeht: 3000 Reiter samt einiger Infanterie habe ich bereits ge sammelt; die Frau Mutter werde nächstens vernehmen, wie ihr Sohn in Oberösterreich eingefallen und sich viel Ruhm erworben habe.""* Was allerdings durch den Vormarsch der kaiserlichen Truppen vereitelt wurde, die nach dem Sieg von Höchstädt und Blindheim 1704 ganz Bayern besetzten. Ferdinand Joseph Graf von Rheinstein und Tattenbach ließ die stark verwüstete Burg von 1709 bis 1712 erneuern, wie aus der Inschrift ,,Ferdinandus Josephus Comes in Rheinstein et Tattenbach etc. hanc sedem trienio extruit et Deo dante consummavit Anno MCCXM" über dem Korbbogentor der Einfahrt hervor geht. Knapp 60 Jahre später befahl Reichsgraf Ferdinand von Rheinstein und Tattenbach, Obersthofmarschall des bayerischen Kurfür sten, den Umbau der Burg zum repräsentati ven Landsitz. 5 Wie umfassend dieser Umbau gewesen ist, macht der Vergleich des Kupferstiches von Michael Wening aus der ,,Beschreibung des Churfürsten- und Herzogtums Ober- und Nie derbayern", 1721, mit der heutigen Situation überzeugend deutlich. Den Plan für die äußere Erscheinung wie die innere Gestaltung entwarf der kurfürstliche Oberbaumeister Francois Guvillies der Jün gere in München. Die Ausführung stand unter der Oberaufsicht Ignaz Prechtlers, Guvillies Hofpalier, und selbst der Architekt kam immer wieder, um den Baufortschritt zu überwa chen.® Einen rechteckigen Hof umfangen an drei Sei ten niedrige, zweigeschossige Wirtschaftsge bäude, die vierte Seite schließt ein kraftvoller dreigeschossiger Schloßtrakt, der an den Schmalfronten sechs Fensterachsen zählt, an der Südfront elf. Sind die Fenster im Erdge schoß nur einfach gerahmt, tragen sie im er sten Stock abwechselnd Dreiecks- und Seg mentgiebel, während sie Im zweiten Stock ein fache Mezzaninfensterrahmung zeigen. Die lange Südfront gliedert ein leicht vorspringen der Mittelrisalit, der mit seiner Attika, den Kreisfenstern darinnen und dem Dreiecksgie bel darüber mit Wappenkartusche und Tro phäen die große waagrechte Wandfläche harmonisch gliedert. In das steile, abgewalmte Ziegeldach mit zwei Reihen Dachfenstern 85

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