Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Rechts; Für oberösterreichische Kunstfreunde ist der Besuch der ehemaligen AugustinerChorherren-Stiftskirche St. Nikola in Passau besonders interessant durch die Fresken des Welser Barockmalers Wolfgang Andreas Heindl. Im Bild das 1717 entstandene Fresko „Maria Himmelfahrt" in der Vierungskuppel. — Foto: Gregor Peda, Passau Oben: Passau, Kloster Niedernburg, heilige Hedwig, Sandsteinfigur, um 1420 (s. Ausstellungskatalog „Passavia sacra" 1975, Kat. Nr. 79). — Foto: Gregor Peda, Passau Römischen Reich deutscher Nation, Immer noch bis zur Ungarngrenze reichte. Hier war Passau über die Jahrhunderte hin bemüht, das Seelsorgenetz auszubauen und Klöster zu stiften - von Engeiszell bis Göttweig oder Herzogenburg. Und vor allem ging es um die geistliche Oberhoheit über die mächtig auf strebende neue Babenberger-Stadt Wien. Der weitberühmte ,,Stefi" trug immer noch das Patronat seiner Passauer Mutterkirche weiter, und bei St. Maria am Gestade hatte der Pas sauer Generaivikar für das ,.Land unter der Enns" seinen Amtssitz. Passau war sozusa gen der zentrale Ort einer im wesentlichen österreichischen Diözese und wuchs damit ganz von selber aus dem alten bayerischen Herzogtum hinaus. Man merkt es im Domkapi tel, wo die Österreicher, Böhmen und Tiroler den bayerischen Landadel stark zurückdrän gen; man merkt es an den Bischofsiisten, wo nach Urban von Trennbach kein Aitbayer mehr zum Zug kommt. Den Gipfel markieren wohl die drei Erzherzöge Leopold, Leopold Wilhelm und Karl Josef, die von 1598 bis 1664 Bistum und Hochstift fest in Händen halten. Aber über diesem ganzen Donauland lag schon seit 1453 und über die Jahrhunderte hin eine fast tödliche Bedrohung. Diesmal durch die Türken. Sultan Mehmed der Eroberer hatte nicht nur Konstantinopei weggenommen, sondern auch Serbien und Bosnien. 1521 pochte dann Sultan Sulejman der Prächtige mit aller Macht an die Tore Ungarns. Sulej man: er schien ganz erfüllt vom kalten und un erbittlichen Fanatismus der Lehre Moham meds, und aliein schon seine große Titulatur verrät, welch ein Mann er war: ,,Sulejman, Kaiser der Kaiser, Fürst der Fürsten, Verteiler der Kronen der Weit, Schatten Gottes über beide Erdteile, Beherrscher des Schwarzen und des Weißen Meeres, von Asien und Euro pa". 1526 fiel König Ludwig von Ungarn in der Schiacht von Mohäcz an der Donau, und 1529, im späten Herbst, standen die Türken erstmals vor Wien. Zwischen zerbröckelnden Mauern und auffliegenden Minen hielt Graf Ni kolaus von Salm mit lächerlichen 12.000 Mann die Stadt, bis ein früher Wintereinbruch den Großherrn zum Abzug zwang. Aber es gab immer neue Türkeneinfäiie, wilde Streifzüge in die offenen Täler hinein - bis Amstetten und bis Waidhofen an der Ybbs. Und man hatte es mit einem unsagbar grausamen Feind zu tun, der jedes gegebene Wort sofort wieder brach, der keinen Pardon gab, auch Frauen und Kin dern nicht. Wir lesen immer wieder von schrecklichen Massakern; lassen uns in Hain burg an der Donau die sogenannte ,,Biutgasse" zeigen; finden in den Mirakeibüchern un serer Wallfahrten den rührenden Dank der wenigen, die aus der Sklaverei entkamen. An der Donauiinie begann der Janitscharenschreck zu wandern, stieg den feinnervigen Flußlauf herauf, erreichte sogar noch die ent legenen Bauernkirchen des bayerischen Oberlandes. Passau aber war, wenn immer die Türken drohten, der Hauptnachschubplatz für die Reichsarmee; die Nachrichtenzentrale, wo die Gerüchte einschwirrten; der letzte Sperriegel Rechts: Passau, St. Nikola, Außenansicht der ehemaligen AugustinerChorherren-Stiftskirche in der Architekturgestalt aus 1349, mit Ostflügel des gegenwärtigen Deutschordensklosters. — Foto: Gregor Peda, Passau

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