Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Votivbild in der Wallfahrtskirche Mariahilf mit Stadtansicht von Passau, Öl auf Leinwand, um 1800, zum erstenmal veröffentlicht Im Ausstellungskatalog „Passavia sacra" 1975. — Foto: Gregor Peda, Passau h Asoo ÜU(^ t>if t^.W>.(röü ! klJ/m ^ic fifligf (ärnfiirtlirlif feligfß" 3^ifiÄu5j(ariü^^ir*fini) inilcr biftf äijd bi^fio nes Reportagestück zu schreiben. Im Chaos der Zelten hat das alte Patrizierhaus Im Inn viertel überdauert, unverändert und standhaft. Die Themen haben sich kaum geändert: Stadt, das ist Modernismus, Lärm, Industrie; Land, das Ist Treue, Arbeit, Stille. Ähnliches geschieht In dem Nachlaßstück ,,Gefährdete Herzen", das auch an den Ufern des Inn beheimatet ist und In dem auch ein al tes Haus gleichsam als mitspielend Im Mittel punkt des Geschehens steht. Von seinem Schauspiel ,,Das nackte Leben" sagte der Dichter selbst: ,,Es Ist mein liebstes Stück seit der ,Rauhnacht'". Denn ,,dieses .nackte Leben' ist das Leben, das ich lebte. Es ist die Sehnsucht, die mich durch die Wiesen und Felder führt. Ich bin Vitus, der blindgebo rene Müllerssohn (Hauptgestalt Im Drama, der Verf.), und Ich werde durch das Wunder der Heimat, durch die Liebe der Magd Fanny, er löst." Das Wirtshaus ,,Zur Schranne", am Inn gelegen, Ist verwahrlost, obwohl der Inn da wäre und die gute Luft. Aber - und das hört man beim späten Blllinger Immer häufiger - Ist auch der Inn durch die Staudämme ,,umge bracht" worden. Daher kann sich kein Leben mehr In diesem Wirtshaus entwickeln, vor al lem auch dann, wenn die Menschen fremd geworden sind und lieber nach Passau fahren, als In der Heimat bleiben. Doch die Heimat, das Innviertel, wird von Bll linger Immer aufs neue ,.spielerisch erlebt". Aber dieses Spiel wird oft Ernst, wird zum ,,Würfelspiel" um die Seele des Menschen, wie etwa In dem Drama ,,Ein Tag wie alle", in welchem wiederum einem Innviertler Jung bauern die Heimat zu eng wird; er sucht das Abenteuer und kehrt enttäuscht zurück. Wenn der junge Bauer die Arbeit wie selbstverständ lich wieder aufnimmt und von Acker, Stali und Hof Besitz ergreift, erkennt er auch; ,,Das an dere, das Draußen einen Dreck ist's wert!" Und sogar das seltsame Stück ,,Der Zentaur", in dem griechische Sage in heimatliches Brauchtum integriert wird, hat Billinger in einer Innviertler Schmiede angesiedelt. Auch die Gestalten dieses Stückes erinnern an die vita len und oft ein wenig grotesk-skurrilen Figuren der ,,Rauhnacht" etwa oder der ,,Rosse". Auch hier bricht das Archaische mit ganzer Macht in das Leben der Menschen ein. Vom Dorf in die oberösterreichische Kleinstadt übersiedelt Billinger mit seiner Komödie ,,Lob des Landes", in dem er ein milieugetreues Ab bild der Kleinstadt und der Kleinstädter vermit telt und die Sehnsucht der Großstädter nach dem Lande zum Gegenstand eines Lustspie les macht. Schon In der Sprache wird der Städter Dr. Rinderl persifliert, wenn er auf dem Lande den ,,Atem der Renaten zu spüren" vermeint, wenn er ,,zur Scholle der Väter zu rückkehren" will, wenn er ..alle seine Ahnin nen" fühlt, die hier hausten. Er kennt nur noch das Vokabular der schlechten Heimatdich tung. Man mag sich unter Kleinstadt etwa Schärding vorstellen. Freundlich-komisch stellt er die Beziehung Stadt - Land in der Komödie ,,Stille Gäste" dar, ein Stück, das die NS-Presse schärfstens ablehnte, das aber zu des Dichters Lieblings stücken gehörte. Wiederum verlegt er die Handlung in ein kleines Jagdschloß bei Pas sau und in einen Metzgerladen in einem Inn dorf, in eine Gegend, wo das Kirchenjahr den Jahresablauf mit ehernen Gesetzen bestimmt. Die komische Wirkung bezieht das Stück aus dem Gegensatz zwischen den Einheimischen und den Sommergästen. Wenn Blllinger, wie schon erwähnt, mit man chen Dramen auch in andere Gegenden aus weicht, so mit dem ,,Galgenvogel" nach Mün chen, mit der,.Donauballade" und dem ,,Kon zert der Nachtigallen" nach Wien, so kehrt er doch Immer wieder in seine engere Heimat am Inn zurück, besonders in den drei Bauern kriegsstücken. Daß ihn gerade der in Ober österreich entflammte Bauernaufstand fessel te, Ist einerseits durch seine Gebundenheit an die Heimat, andrerseits aus seiner bäuerli chen Abstammung zu begreifen. Wie ,,Die Hexe von Passau" sich in seiner engsten Heimat ereignet, so ,,Der Piumpsack" in ei nem Schlößchen am Inn-Donau-Dreieck, nahe von Engelszeil, und die zweimal um komponierte ,,Bauernpassion" in Eferding. Aber auch die zwielichtigen Gestalten seiner Einakter aus der letzten Schaffensperiode des Dichters sind, wiewohl die Handlung in ande71

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2