1^ H II am ■■ ■ ■■ V Passau, Residenzplatz — „einer der schönsten deutschen Stadtplätze" (G. Schaffet, Passau, 6. Auflage, Verlag Schnell & Stelner 1982) — mit „Wittelsbacher Brunnen", der 1903 anläßlich der lOOjährlgen Zugehörigkeit von Passau zum bayerischen Königshaus errichtet worden ist. Großartig der Blick auf den spätgotischen Dom chor. — Foto: Gregor Peda, Passau auszugreifen und werfen sich noch 970 In ei nem wilden Raid auf Byzanz. Erst als auch das scheitert, bequemen sie sich zu einer ersten Seßhaftigkeit, gehen sie zögernd zu auf das Christentum der Nachbarvölker ringsum. Die entscheidende Figur dabei ist der Großfürst Geza: in Person, Auftritt und Gehaben noch ganz ein Reiter-Horka der alten Magyaren, und doch zugleich der Bewunderer der lateini schen Kirche und ihrer Kultur. Es ist nun eine merkwürdige Fügung, daß im selben Jahr 971 auch in Passau ein Mann das Bischofsamt antritt, den der Donau-Osten fas ziniert wie sonst keinen mehr. Wir meinen Bi schof Piligrim, wie er für uns alle dem Nibelun genlied entsteigt oder dem großen Wandge mälde im Passauer Rathaussaai. Piligrim: er ließ sich überall die alten Passauer Zehent rechte wieder aufweisen, baute Kirchen und Klöster neu, trieb auf breiter Front das Siedel werk voran: kurz, er machte seine Domkirche zur unbestrittenen Herrin des österreichischen Donautais. Aber sein Blick flog noch weit über die alte Grenzmark hinaus, und er träumte von einem Passauer Patriarchat über Ungarn und Mäh ren wie etwa noch hundert Jahre später Erzbischof Adalbert von einem Bremer Patriarchat des hohen Nordens träumen sollte. War nicht das römische Lauriacum einst die Metropole des pannonischen Ostens gewesen? Und war nicht erst Bischof Vivilo vor den Awaren aus ebendiesem Lorch nach Passau geflohen? Freilich, man hatte für dies alles keine Be weise in den Urkundeniaden. Aber mit der ru higen Selbstverständlichkeit, die das Mittelal ter in allen Dingen zeigte, an die man glaubte, fertigte man in Passau die einschlägigen Papstbuiien und Kaiserdipiome selber an. Na türlich ganz im nachhinein. Doch vielleicht geht es bei Bischof Piligrim gar nicht so sehr um diese sogenannten ,,Lorcher Fälschun gen", sondern darum, daß er seine Priester zu den Ungarn geschickt hat; daß er vielleicht auch selber die beschwerliche Missionsreise gewagt hat; daß jedenfalls der Großfürst Geza seinen Sohn Vajk auf den Passauer Stephanusnamen taufen ließ ... Um den Ungarn dies alles schmackhafter zu machen, hat Bischof Piligrim, wie es scheint, als erster das Nibe lungenlied aufzeichnen lassen, und zwar in la teinischer Sprache. Der treue Markgraf Rüdi ger von Becheiaren, der Hunnenkönig Etzel und sein weites Reich, der Bischof von Pas sau, der ihm die stolze Kriemhiid als Braut zu führt - vielleicht sind es Anspielungen, die damals noch jeder verstanden hat. Aber wie auch immer, diese ,,Nibelungias" und ihr Zug nach dem Osten ist der Passauer Domkirche als Vermächtnis geblieben. Und zweihundert Jahre später, als in Passau der große Woifker von der Eria regiert, bringt ein unbekannter
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