„Closter Gars", Kupferstich aus Michael Wenings Topographie von Bayern, Band 3, München 1723 statteten Gesamtausgabe des Mathematikers und Philosophen Leibniz, die in Deutsch und Französisch mit einer Ausgabe von 1768 aus Genf in der Bibliothek stand. Auch die ,,Historia naturalis" von 1648, die in Amsterdam ver legt wurde, hat in St. Nikola gestanden. Hinzu kommt eine deutschsprachige Haus- und Landbibliothek, die sich zu wirtschaftlichen und technischen Fragen im Landbau und in der Hauswirtschaft äußert und ab 1665 in Mainz erschienen ist". Diese Darstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll nur in Schlaglichtern das Schicksal der Klosterbibliotheken deutlich machen, das weniger ein Schicksal der Zer störung oder mutwilligen Beseitigung, son dern mehr ein Schicksal der Zerstreuung ge wesen ist. Erst nachdem die Probleme der Ar chive, der Bibliotheken und Gemäldesamm lungen, die durch den letzten Krieg entstanden sind, überwunden werden konnten, haben die Nachfolger der Klosterbibliothekare jetzt die Möglichkeit einer vollständigen Aufarbeitung und Katalogisierung des Kunst- und Bücher besitzes der Klöster. Zu den interessantesten Erscheinungen der Inn-Klöster, so wie sie die Säkularisation sichtbar gemacht hat, gehört ihre ausgeprägte Verschiedenartigkeit gerade dann, wenn sie der gleichen Gemeinschaft angehörten. Dafür ist das Augustiner-Ghorherren-Stift Au am Inn mit einem Gesamtkapital von nur 75.000 Gul den ein typisches Beispiel. Hier läßt sich auch der fortwirkende Einfluß der Augustinerregel erkennen, die dem einzelnen Chorherren vor allem wissenschaftliche und pastorale Tätig keit aufträgt. Eine Untersuchung des Stiftes Au am Inn zeigt, daß die Augustiner dort im wesentlichen von der Landwirtschaft, ihrem recht ansehnlichen Besitz an Rechten und vom Pfarrdienst gelebt haben. Die 17 Chor herren betätigten sich überwiegend in den fünf inkorporierten Pfarreien und im Schuldienst. Hier läßt sich auch ein bei fast allen Klöstern wiederkehrendes Merkmal nachweisen, näm lich ein beträchtlicher Aufwand für den Unter halt von Schulen auf Kosten des Stiftes. Trotz seiner bescheidenen wirtschaftlichen Mög lichkeiten hatte Au die Unterhaltspflicht für zwei Schulen übernommen, und diese Unter haltspflicht bestand nicht nur in der Besoldung des jeweiligen weltlichen Lehrers, der die Kin der in den ,,deutschen Fächern" unterwies, also jenen, die nicht auf den Erwerb von Kenntnissen gerichtet waren, die wir heute als gymnasiale und humanistische Lehrziele be zeichnen würden. Das Kloster kam daneben auch für die Schulverpflegung der Kinder auf. Dies war der Hauptposten unter den klösterli chen Schullasten der damaligen Zeit. So an sehnlich die Einnahmen der Augustiner von Au aus ihrem Besitz an bäuerlichen Anwesen mit über 8000 Gulden auch waren - letztlich wurden sie hier wieder verbraucht^®. Für ihren unmittelbaren Lebensraum waren die Augu stiner Chorherren von Au die Träger eines zentralen, pastoralen und schulischen Sy stems -eine Tatsache, die auch vom säkula risierenden Staat anerkannt wurde. Die Auf hebungskommissare für Au und das benach barte Gars haben mehrfach die vorbildliche Verfassung der Landschulen dieses Gebietes und einen ungewohnt hohen Bildungsstand der Bevölkerung betont^®. Wohl bestellt hatten die Augustiner Chorher ren von Gars am Inn ihr Haus. Das Stift bildet unter den landständischen, also landtagsbe rechtigten Klöstern Bayerns, das einzige Bei spiel dafür, daß der Besitz von Hofmarken und damit der Niedergerichtsbarkeit den Hof marksherrn eher belastete, als daß er ihm Gewinn brachte. Im Vergleich zu Au war Gars ein wesentlich größerer und mit umfangrei chem Kapital im Wert von etwa 200.000 Gul den ausgestatteter Besitz, der vor allem in ei nem wertvollen Forstbesitz bestand. Im Mit telpunkt der Tätigkeit standen der Betrieb der Brauerei und der drei landwirtschaftlichen Be triebe, die zu Gars gehörten. Verbindungen zu Österreich lassen sich nur gelegentlich fest stellen, nämlich in der Geldwirtschaft. Die Au gustiner von Gars haben ihre Kapitalauslei hungen bevorzugt an private Gläubiger aus den umliegenden Landstädten bis hinüber nach Oberösterreich getätigt. Hervorzuheben ist die Einrichtung eines sogenannten Semi nars, also einer weiterführenden Schule, die den Grundschulen des Stiftes übergeordnet war. Hier hat man es mit einer in der alten bayerischen Klosterlandschaft häufigen Er scheinung zu tun; viele Stiftsniederlassungen richteten sogenannte Seminarien ein, die be gabten Jugendlichen die Vorbereitung zum Hochschulstudium nicht nur der Theologie, sondern auch der Naturwissenschaften, be sonders der Mathematik, vermittelten. Von den zwanzig Chorherren, die in Gars zu Hause waren, betätigten sich die meisten im Schul betrieb, für den erhebliche Aufwendungen ge tätigt wurden^". Bei der Aufhebung von Gars wurde von den Beamten auch ein umfangreicher Kunstbesitz erwähnt, der bis zu antiken Skulpturen reichte, wie sie offensichtlich im Laufe der Jahrhun derte bei Bauarbeiten zutage gefördert wor den sind. Die Beamten hatten Anweisung, derartige Besitztümer zu erfassen und an ihre vorgesetzte Behörde zu melden, die sie dann meist übernahm und in staatliche Sammlun gen eingereiht hat. 49
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