Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Passau, ehemalige Augustiner-ChorherrenStiftskirche St. Nikoia, spätgotisches Tafeibiid „Madonna mit zwei Bischöfen" (hi. Nikolaus und hi. Bischof [Aitmann?]), vermutlich Rest von einem Fiügeiaitar. — Foto; Gregor Peda, Passau m beider Klosterformen anerkannt und den Übertritt zum scheinbar strengeren Mönchtum verboten. Dieses Übertrittsverbot kann bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts belegt werden. Die praktische Handhabe scheint aber doch Aus nahmen gekannt zu haben, zumal die päpstli chen Privilegien in Richtung des Übertrittsver botes eher singuläres Recht schufen. Seit Papst Alexander Iii. (1159 bis 1181) bestand nun generell die Möglichkeit, zu einer strenge ren Lebensform überzuwechseln, entweder innerhalb des eigenen Ordens oder zum Mönchtum. Papst Innozenz III. (1198 bis 1216) bescheinigte den Mönchen, daß ihre Lebensform strenger sei als die der Augusti ner Chorherren. Die einst vorgelegte Rollen verteilung - hier Selbstheiligung im Kloster, dort Seelsorgstätigkeit auch außerhalb des Stiftes - konnte für die Wertung nicht mehr ausschlaggebend sein, sondern der (in beiden Fällen) eher erreichbare Grad der Vollkom menheit. Eine Neubelebung des gesamten Ordensle bens sollten die Anstrengungen des Papstes Benedikt XII. (1334 bis 1342) bringen. Doch weder die angestrebte Bildung von Kongrega tionen, ähnlich der Provinzialeinteilung der Bettelorden, noch der anbefohlene wissen schaftliche Aufschwung kamen zustande. Re formen gingen allerdings von dem 1333 ge gründeten Stift Reudnitz an der Elbe aus. Sie breiteten sich über Österreich, wo es noch zur Neugründung kleinerer Chorherrenstifte kam, und einen Teil Deutschlands aus. In Rom war zwar die Kongregation der Lateranensischen Chorherren seit 1471 nicht mehr am Lateran tätig, aber sie hatte viele weitreichende Privi legien erhalten und daher bemühten sich spä ter, vor allem gegen Ende des 17. Jahrhun derts, viele Stifte um den Anschluß an diese Priviiegiengemeinschaft. Auch die Innklöster taten dies. Ihre Pröpste führten dann auch den Titel ,,Lateranensischer Abt". Die Reformen des 15. Jahrhunderts ergaben ein von Kloster zu Kloster unterschiedliches Bild. Mehrmals berief man sich in den Stiften bei solchen Gelegenheiten auf das alte Her kommen und bisherige Traditionen. Die von den Niederlanden ausgehende Windesheimer Kongregation einer neuen Art von Frömmig keit (devotio moderna) griff kaum auf den süd deutschen Raum über. Der Hussitensturm in den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts und dann in großem Ausmaß die Reformation dezimierten den Bestand von Chorherrenstiften, in England, in den nor dischen Staaten, in Norddeutschland und teil weise in der Schweiz wurde der Orden völlig vernichtet. Die überlebenden deutschsprachi gen Stifte widmeten sich in verstärktem Maß ihrer Pfarrseelsorge. Es dauerte in den einzelnen Stiften verschie den lang, bis man sich wieder erholt hatte. Trotz des Dreißigjährigen Krieges begannen in mehreren Klöstern größere Um- oder Neu bauten. Die Zahl der Klostereintritte hatte wie der zugenommen. Manche Häuser brauchten mehr Platz. Die barocke Bauwelle erfaßte auch die Klöster am Inn, wenn auch manchem infolge der doch geringeren Mittel nur be scheidenere Ausmaße gelangen. Im allge meinen blühten in dieser Zeit Kunst und Wis senschaft in den Klöstern. Man besann sich vermehrt auf die Geschichte des eigenen Hauses, seiner Kostbarkeiten und seiner wirt schaftlichen Grundlagen. Die Aufklärung mit ihrem klosterfeindlichen Gedankengut machte den Ordenshäusern teilweise sehr zu schaffen. Französische Re volution und Josephinismus in Osterreich brachten das Ende für viele Klöster. Die letz ten der in Deutschland noch bestehenden Stifte fielen der generellen Aufhebung des Jahres 1803 zum Opfer. Nur Reichersberg hat als einziges Chorherrenstift am inn alle Ge fährdungen überstanden. Derzeit setzt sich der Orden der Augustiner Chorherren aus sechs teilweise sehr unter schiedlich strukturierten Einzelkongregatio nen zusammen, an deren Spitze ein auf fünf 23

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2