Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

Inn-Salzach-Städte Herbert Schindler Der Venezianer Enea Silvio Piccoiomini nennt in einem Reisebericht des Jahres 1492 Was serburg eine Stadt „voil von Menschen und sehr ansehnlichen Palästen mit Brunnen". Mag uns dieses Urteil heute auch übertrieben erscheinen, so spiegelt es doch, wie keine zweite zeitgenössische Schriftquelle, die Ver wunderung des Südländers über die hohe Baukuitur dieser Stadt nördlich der Alpen. Die reisenden Italiener des späten Mittelalters haben im allgemeinen die Stadtbaukunst des Nordens sehr sachlich und zurückhaltend beurteilt. Nur Regensburg hat ihnen einiger maßen Respekt abgewonnen, das mächtige Regensburg - urbs Germaniae populosissima - mit seinen zwei Dutzend turmbewehrten Geschlechterhäusern. Wasserburg lag direkt an der alten Handelsstraße, die Regensburg mit Venedig und dem Orient verband und es lag auch am Inn, derein breites Stück Welschiand mit hereintrug nach Bayern; und zwar nicht erst, wie man gemeinhin sagt, seit den Tagen der Renaissance und des Barock. Was für Wasserburg gilt, das gilt nicht weniger für die übrigen Städte zwischen Inn und Salzach. Man vergegenwärtige sich nur einmal das alte Wasserburg am Inn, Stadtplatz, mit Kernhaus im Vordergrund Wasserburg am Inn, Gesamtansicht. So blieb Wasserburg was es war, und so Ist es noch heute eine der besterhaltenen unter den so eigenartigen Innstädten." (Reclams Kunstführer Deutschland, Baudenkmäler Bd. I, Bayern) Mühldorf: es muß im Kranz seiner wehrhaften biockigen Türme einmal ein Bild abgegeben haben, von fern her ähnlich den Turmstädten in der Toskana. Oder Burghausen mit seinem mächtigen Burgkomplex, Tittmoning mit sei nem barocken Koloß von einem Stadtpiatz. Dabei ist es immer erstaunlich, daß der große Zug im Antlitz dieser Städte schon im Mittelal ter geformt war, geformt mit jenem sicheren Gefühl für Monumentalität, für die Kraft der Steinarchitektur, wie sie nur den Italienern so selbstverständlich im Blute lag. Lange Zeit hindurch war der monumentale mittelalterliche Kern dieser Städte nicht ei gentlich erkannt worden. Er war verhüllt von dem Kleid, das der Barock darübergezogen hatte. Mit der erwachenden Wertschätzung und regen Erforschung des Barock in den letz ten Jahrzehnten schlug auch für die Innstadt die Stunde ihrer Wiedergeburt. Die Entdeckung der Innstadt steht so gleich sam als Exkurs in der Entdeckungsgeschichte unseres süddeutschen Barock. Der Anstoß kam, wie so oft, von der literarischen Seite. Eduard Kriechbaum, Josef Hofmiller und Wil helm Hausenstein haben in einigen Abband15

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