Oberösterreich, 34. Jahrgang, Heft 1, 1984

% Links: Westfassade des Passauer Domes St. Stephan Rechts: Blick in den Innenraum des Passauer Domes St. Stephan. — Beide Fotos: Gregor Beda, Passau die Reichstruppen, die Bayern und die Polen einen giänzenden Sieg erfochten haben. Mit dem breiten Ausfall in die ungarische Ebene, den Türkenfeldzügen des Herzogs Karl von Lothringen und des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, des Markgrafen Ludwig von Ba den und des Prinzen Eugen von Savoyen stieg dann der Habsburger Donaustaat als neue eu ropäische Großmacht empor. Man atmete auf, beglückt und befreit zugleich, ging hinein in den großen Triumph des donauiändischen Barocks - hinein in seinen dreifaltigkeitsdurchwirkten Sommertag. Noch stehen ja die Votiv- und Danksäulen mit dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist auf allen Stadt plätzen von Stockerau bei Wien bis herauf nach Straubing. Doch wenn schon das Stichwort fälit: für die sen barocken Reichs- und Kaiserstil ist unser Passau einer der ersten Ansatzpunkte über haupt. Schon unter den Erzherzögen Leopold und Leopold Wilhelm war der kraftvolle Vier flügelblock des Jesuitenkollegs und Jesuiten gymnasiums eingebrochen ins spätgotisch spitze Gewirr der Häuser am Inn - sozusagen Machtbastion und Seelenburg zugleich. Nach dem Stadtbrand von 1662 aber setzten Fürst bischof Wenzeslaus Graf Thun und sein Bau meister Lurago den Neubau des Domes durch - in der Art, wie sie den steilen gotischen Chor mit dem eher massigen Langhaus zur Einheit zusammenzwangen, einer der ganz großen Auftritte des Barocks in Süddeutschland. Die Fassade aber mit ihrer klaren Ordnung und ih ren schwer schattenden Gesimsen, ihrem un vergleichlichen plastischen Kaliber, erscheint als die Erfüllung dessen, was der Salzburger Dom ein halbes Jahrhundert früher verspro chen hatte. Im Türkenjahr 1683 dann malte bereits Carpöforo Tencalla an seinen Fresken und arbeitete bereits Giovanni Battista Carione an seinen prachtvollen Stukkaturen. Un ter Fürstbischof Johann Philipp Graf Lamberg, dem ersten Kardinal von Passau, kamen die Seitenaltäre dazu, die aus Marmor und Stuckmarmor sein mußten und nicht aus dem billigen Holz. Die Prunkportale des Andrea Solari aber mit ihren Giebelstücken, Inschriftta feln, Posaunenengeln und Wappen verkün den heute noch jedem den Ruhm des Hauses Lamberg und der Kirche von Passau. Natürlich, der neue Dom und seine italieni schen Meister, die Lurago, Garlone, Allio, Solari, Tencalla, sie haben die ganze Stadt mit gerissen und die weite Diözese bis hin zur March und zur Leitha. Dabei muß man sehen, wie dieser donau ländische Barock zwar auch stromaufwärts treibt bis Straubing, ja bis Re gensburg, wie er aber doch deutlich geschie den ist vom breiten, bäuerlichen Altbayern. Der Donaubarock, der Kaiserbarock, bleibt ein südlich-ausblühender Barock voll strahlender

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