Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

!( Zonengrenze an der Enns (Ennsbrücke) zwischen der amerikanischen und russischen Besatzungszone Sowjets ziemlich gleichzeitig mit dem Schlie ßen des Ringes um Wien, also Mitte April 1945, ihre westlichsten, im Kampf eroberten Plätze im Raum zwischen Amstetten und St. Valentin erreicht.^ Sie standen sozusagen vor der oberösterreichischen Haustür und die meisten, einschließlich Gauleiter Eigruber, glaubten, daß der ganze Gau Oberdonau von den Sowjets besetzt würde.,,Oberdonau" war damals rückwärtiges Operationsgebiet der von Generaloberst Lothar Rendulic geführten Heeresgruppe ,,Süd", die mit 1. Mai 1945 in Heeresgruppe,,Ostmark" umbenannt worden war. Die Sowjets aber gingen nicht weiter und Generaloberst Rendulic gelang es, seine Truppen unmittelbar vor Unterzeichnung des Waffenstillstandes unbemerkt von den So wjets abzuziehen, die Enns zu erreichen und zu überschreiten - und in amerikanische Ge fangenschaft zu kommen. So war auch südlich der Donau für die nächsten sechs Wochen die Demarkationslinie an der Enns weit wichtiger als die ostwärts davon liegende niederöster reichisch-oberösterreichische Landesgrenze. Diese Demarkationslinie blieb vorerst durch rund zehn Wochen von entscheidender, wenn auch vorerst lokaler Bedeutung. Sie zerschnitt nicht nur Oberösterreich, sondern auch vier seiner politischen Bezirke, nämlich Freistadt, Perg nördlich der Donau und Steyr-Stadt und Steyr-Land südlich der Donau. Merkwürdi gerweise ist gerade diese sowjetische Demar kationslinie südlich der Donau - von den un mittelbar betroffenen acht Gemeinden abge sehen - aus der Erinnerung der Österreicher, auch der Oberösterreicher fast vollkommen verschwunden. Alle Bedeutung, die sonst Grenzen haben können, waren in dieser Phase auf die Demar kationslinie übergegangen; mehr noch: sie wurde weit bedeutungsvoller als jede Landes grenze. Für die ersten Wochen hieß das; Völli ges Verbot, diese Grenze zu überschreiten, dann fürfast ein Jahrzehnt Überschreitung nur mit einem Ausweis an wenigen autorisierten Stellen. Sie bedeutete unterschiedliche Le bensmittelmarken, unterschiedliche Weisun gen der Militärbehörden, unterschiedliche Sprachschwierigkeiten mit den Besatzungs mächten. Es gab aber zusätzliche Bestrebungen, die Landesgrenzen bedeutungslos zu machen. Nachdem zwei Drittel der beiden Bezirke nördlich der Donau sowjetisch besetzt waren, setzten sehr bald Bestrebungen ein, diese Teile verwaltungsmäßig Niederösterreich an zuschließen. Dies schien im wohlverstande nen Interesse der Bevölkerung. Auch Nieder österreich, seine Politiker und Beamten waren nicht abgeneigt. In einer Stellungnahme vom 25. Mai 1945 haben dies etwa Vertreter des Bezirkes Perg der provisorischen, von den 45

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