Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

17. Jahrhunderts vom großen Kunstwerk bis zum Altar aus Pfauenfedern und den sagen haften Knochen urzeitllcher Tiere. Land schaftsbeschreibungen wird man bei Zeiller sicher vergeblich suchen, in den Alpen inter essierte er sich höchstens für markante Berg formen, wie die Martinswand oder die Frau Hitt, am Mittelmeer faszinierten ihn die Gärten mit ihren kunstvoll zugeschnittenen Bäumen und Hecken. Darüber hinaus waren die „Itinerarien" Bücher, die von einem Gelehrten für Gelehrte geschrieben wurden. So finden sich bei jedem Ort kleine historische Abhandlun gen und viele Hinweise auf Werke anderer Au toren, eine Fundgrube zur Bibiiographie der Landeskunde und Landesgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts. Etwas weniger wissenschaftiich verpackt, so zusagen als populärer Auszug der ,,ltinerarien", sind die,,Topographien" Zeiliers. in lang jähriger Zusammenarbeit mit dem Frankfurter Verleger und Kupferstecher Matthäus Merlan ersch ienen seit Anfang der vierziger Jahre des 17. Jahrhunderts 15 dicke Bände zu aiien Ländern des Heiligen Römischen Reiches und die Ißteiiige Topographie von Frankreich. Zeiiler verfaßte zu den schönen Kupferstichen Merlans sachliche, gut lesbare und instruktive Erläuterungen. Auf alles wissenschaftliche Beiwerk, vor allem die langen Zitate anderer Autoren, wurde bewußt verzichtet. Damit sind diese Topographien auch heute noch eine lehrreiche und zugleich angenehme Lektüre. Zu seiner Zeit war Zeiiler eine weit über Deutschland und Österreich hinaus bekannte Persönlichkeit. Gelehrte, Staatsmänner und Fürsten besuchten ihn auf ihrer Durchreise. Sein reiches CEuvre, viele seiner 45 Werke sind große Folianten, konnte nur mit gewalti gem Fleiß bewältigt werden. Obwohl er in sei ner Kindheit durch einen Unfall ein Auge verlo ren hatte, arbeitete er täglich bis in die Nacht hinein. Alle seine Werke wurden mit gesto chen schöner Schrift von ihm selbst niederge schrieben, manche sogar in drei Exemplaren, bevor er sie in Druck gab. Er starb in Ulm am 6. Oktober 1661 im 73. Le bensjahr als allseits hochgeachteter Gelehr ter. Umso überraschender ist es, daß Zeiller heute nahezu unbekannt ist. Im Schatten des großen Merlan hat man den unermüdlichen Textautor vergessen. Selbst in der Beurteilung der wis senschaftlichen Nachwelt ist Zeiiler nur wenig bekannt, und die wenigen Biographen, die ihm ein paar Zeilen widmen, sind widersprüchlich genug. Das Urteil schwankt zwischen Zu stimmung und Ablehnung. Von den einen wird er als ,,Baedekerdes 17. Jahrhunderts" gefei ert, von den anderen als reiner,,Vielschreiber" und ,,Plagiator" abgetan. Rantf.n m 4k f' ''f' t- • ,v „m« Bx Von oben nach unten: Renten bei Murau (Steier mark), Geburtsort Martin Zeillers. - Murau (Steiermark), in Murau besaß Zeillers Vater das Bürgerrecht, auch der Sohn nannte sich häufig nach dieser Stadt ,,Muraviensis". - Beide Bilder aus: Georg Matthäus Vischer, Topographia Ducatus Stiriae, 1681. - Linz, hier wirkte Zeiller längere Zeit als Erzieher junger Adeliger, aus: Martin Zeiller, Topographia Provinciarum Austriacarum, Frankfurt am Main, Matthäus Merian 1649 32

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