Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

Oben: Augustiner-Chorherrenstift St. Florian, Fassade des Treppenhauses erbaut 1706 bis 1714, ,,eine der großartigsten Lösungen dieser Aufgabe im österreichischen Barock" (DehioHandbuch Oberösterreich), überragt von dem 1714 vollendeten Biäserturm. - Foto: Diözesanbiidsteiie Linz Seite 21: Westansicht des Benediktinerstiftes Melk - ,,zwischen Stadt und Donau liegen die palastartigen Stiftsbauten, im w. Teile von der K(irche) überragt, in unvergleichlicher Art der Stromiandschaft eingefügt" (Dehio-Handbuch Niederösterreich). - Foto: Studio Fasching landscfiaft immer wieder zuerst an Meik den ken muß. Das Stiftsgebäude von Melk ist ein wirkliches Gesamtkunstwerk in dem Sinn, daß es neben ailen bildenden Künsten auch die Natur mit einbezieht. Der langgestreckte Fels, auf dem das Kloster steht, wird zu einer höheren, gei stigen Bedeutung emporgehoben; ,,Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen wiii ich meine Kirche bauen!" Der Besucher erlebt auch eine Steigerung. An der sacht anstei genden östiichen Schmaiseite zeigt der Bau schiichte Formen. Streng bückt die überlange Südfront auf die Stadt nieder, erhäit aber ge gen Westen durch die Kirche eine majestäti sche Überhöhung. Am westiichen Abfall des Stiftsfelsens bildet die Kirchenfassade mit dem Kaiser- und dem Bibiiothekssaai einen rauschenden Dreiklang. Auch hier fehlt die geistige Deutung nicht: öffentliche Repräsen tation und Wissenschaft, durch die beiden Trakte dargestellt, sind seit jeher Aufgabe der Klöster, erhalten aber ihren Sinn erst durch den Glauben und den Dienst an der Kirche, was das prunkvoll darüber wachsende Got teshaus ausdrücken soll. Vor der Kirche schwingt die Altane rhythmisch vor und be zieht die ganze Landschaft in die Anlage ein. Seit 1706 baute Prandtauer auch für das Stift Seitenstetten die Wallfahrtskirche auf dem Sonntagberg, später war er in den Stiften Her zogenburg und Dürnstein tätig. Er ver schmähte auch kleine Aufträge nicht und baute für die Stifte neben den Prunkgebäuden einfache Dorfkirchen, freilich immer von hoher künstlerischer Qualität. Und dieser Mann wird nun nach Oberösterreich geholt, um Carlones Bauten in St. Florian und Kremsmünster wei terzuführen. Damit geschah vielleicht der ent scheidende Schritt zur Ausbildung der einheit lichen Klosterlandschaft. Prandtauer gibt den Anlagen Carlones dynamische Akzente, er macht die Bauten des Italieners noch österrei chischer, als sie zuvor waren. Er setzt damit auch die Maßstäbe für alle späteren Kloster baumeister. Diese Umwandlung springt sofort an dem un vergleichlich schönen Treppenhaus des Stif tes St. Florian ins Auge. Carlone hatte es be reits begonnen, die offenen Arkaden waren seine Idee - gleichsam ein Träum vom sonni gen Süden. Prandtauer bindet diese Treppe aber viel stärker an die dahinter verlaufenden Gänge, und vor allem öffnet er - ganz ähnlich wie auf der Melker Altane - die Mitte mit einem weiten, offenen Bogen (wiederum mit dem Paliadio-Motiv der eingestellten Säulen) und bezieht so den ganzen Hofraum in dieses Stiegenhaus mit ein. Der Marmorsaal von St. Florian ist Prandtauers alieiniges Werk. Schon äußerlich setzt der gewaltige Trakt, der wie ein Schloß für sich 20

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2