Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 4, 1983

Die österreichische Kiosteriandschaft Floridas Röhrig Der Reim „Österreich - Kiösterreich" wird gerne gebraucht und offensichtlich mit Recht, denn wohi in keinem anderen Land gibt es so viele bestehende und zum großen Teil florie rende Klöster, die wie eh und je erheblichen Besitz an Grund und Boden ihr eigen nennen und vielen Menschen Brot und Arbeit gebenganz wie in alten Zeiten, in alten Zeiten aller dings war nahezu jedes Land in Europa ein Klösterreich. Überali gab es Stifte und Kon vente mit reichem Besitz und großem Einfluß. Anderswo wurden sie aber dezimiert und meist ganz beseitigt, zuerst in der protestanti schen Reformation, durch die Türkenkriege, dann durch die Französische Revolution, die darauffolgende Säkularisierung, und schließ lich durch die kirchenfeindliche liberale Politik des 19. Jahrhunderts. Daher kommt es, daß sich nur in Österreich und in Teilen der Schweiz (diese können jedoch unberücksich tigt bleiben, da es sich nur um kleine Gebiete handelt) die alten Stifte in ihrer ursprünglichen Struktur erhalten haben. Auch in Österreich wurde die Zahl der Stifte durch die Klosterauf hebungen Kaiser Josephs II. stark vermindert, doch blieb Immerhin eine stattliche Zahl von Klöstern bestehen, die den Forderungen des Kaisers nach pastoraler, karitativer und,,nütz licher" Tätigkeit entsprachen. Hier soll nur von jenen Klöstern die Rede sein, die ,,landschaftsbiidend" wirkten. Das sind die Konvente der alten örden, der AugustinerChorherren, Prämonstratenser, Benediktiner und Zisterzienser. Nur diese Klöster sind,,Stif te" im strengen Sinn, das heißt, ihnen wurde gleich bei der Gründung ein Besitz an liegen den Gütern-Wäldern, Weingärten, Ackerland usw. - mitgestiftet, durch dessen Ertrag ihr Unterhalt gesichert war. Dieser Besitz konnte in günstigen Fällen vermehrt werden, in ande ren Fällen ging manches verloren. Im ganzen jedoch konnten sich die österreichischen Stifte trotz vieler Rückschläge recht gut durch all die Jahrhunderte halten und besitzen heute meist noch ihr ursprüngliches Stiftungsgut. Das In termezzo der Hitler-Herrschaft brachte zwar den meisten Klöstern die Aufhebung, aber es war glücklicherweise so kurz, daß sie sich ver hältnismäßig rasch wieder erholten. Ein zwei tes Merkmai der ,,landschaftsbiidenden" Klö ster ist die Stabilität, in den oben angeführten alten örden bindet sich jedes Mitglied auf Le benszeit an ein bestimmtes Haus. Naturge mäß wird ein solches Kloster viel fester in sei ner Umgebung verwurzelt, als das bei ständig wechselnden Insassen möglich ist. Hier wird nur vom alten Kernland Österreich gesprochen, also von den heutigen Bundes ländern öber- und Niederösterreich. Nicht nur, daß früher nur diese beiden Länder den Namen Österreich führten - eine jahrhunder telange Geschichte hat viele GemeinsamkeigSe W6lfc6( Strtcn Hfcorn fäni)e ^(0' ^n;gD9fpuin6 ^effrctei^ ci> ber pnng. IrtWrttfit /^mcn/ unb ütübfc/ £»ct ENEALOG tfr|rej6iuig/ ®nl>«ofel6tn linEunfff / ®ifff / ®Paüunb Sort - ®d;)ilb / unb ^tlma / 3b«n ««nftbofftfli / ©blifffra/ KtA Ciitetni IK. BSitfoitbra jurararatn attroatn biit(i bau Sütt* ono Snotbattcn gopann l^imi / äSce^rxnn «on Üetin ju fä(^liglbtt9/®ran6i!f / Sniuntcct/ SaQftutb/ ^ Paortukoniui'' Titelblatt des für die oberösterreichische Landes geschichte wichtigen Werkes von Johann Georg Adam Freiherr von Hoheneck: Die löhliche Herren Herren Stände deß Ertz-Hertzogthumh Oester reich oh der Ennß als: Prälaten/Herren/Ritter/und Städte .. ., Passau 1727. - Foto: Franz Gangl ten entstehen lassen. Besonders überzeu gend tritt die Gemeinsamkeit auf kirchlichem Gebiet zutage, und auch hier nirgends so wie in der,,Kiosteriandschaft". Was ist damit gemeint? Zunächst muß festge halten werden, daß bis ins vorige Jahrhundert das Wort Landschaft keineswegs nur einen Ausschnitt der Umweit bezeichnete, wie wir es heute verstehen. Mit ,,Landschaft" bezeich nete man, und zwar in erster Linie, die Ge samtheit der Landstände, welche die politi sche Vertretung eines Landes bildeten. Und da spielten die Stifte eine gewaltige Rolle. Sie bildeten zusammen mit den Bischöfen im Landtag die vornehmste Kurie, den Präiatenstand. Da hier das Gewicht nach Alter und Be sitz gemessen wurde, hatten die alten Stifte weit mehr Bedeutung als die kleinen, spät ge gründeten und spärlich dotierten Bistümer Wien und Wiener Neustadt. Der öberhirt von ganz Österreich (im oben beschriebenen Sinn), der Bischof von Passau, war ja außer Landes. Daher spielten die Prälaten der alten Klöster hierzulande eine ähnliche Rolle wie anderswo Bischöfe. Sie bildeten das Gefolge und waren die Ratgeber des Landesfürsten, sie konnten Kredite und Steuern bewilligen oder verwehren, sie sprachen im Landtag ein entscheidendes Wort. Selbst als dann Kaiser Joseph Ii. seine Länder kirchlich vom Bistum Passau löste und neue Bischöfe in Linz und St. Pölten einsetzte, lebten die sozusagen wei terhin von den Klöstern. Der Bischof von St. Pölten erhielt das dortige Augustiner-Ghorherrenstift als Domkirche und Residenz, und der Bischof von Linz zog in den Stadthof des Stiftes Kremsmünster und erhielt die Güter aufgehobener Klöster als Dotation. Seit Bi schöfe im Lande waren, spielten die Stiftspräiaten keine so große kirchenpolitische Rolle wie zuvor. Aber In wirtschaftlicher Hinsicht sind sie nach wie vor von großer Bedeutung. Davon soll noch die Rede sein. Die gemeinsame Zugehörigkeit zum Bistum Passau hat beide Länder stark geprägt. Der Bischof suchte seine Rechte gegenüber aus wärtigen weitlichen und geistlichen Grundher ren zu sichern und auszuweiten. Dazu dienten ihm schon im 11. Jahrhundert die alten passaulschen Eigenklöster Kremsmünster, St. Florian und St. Pölten. Später kamen noch an dere Stützpunkte, wie die Stifte Göttweig, Her zogenburg (ursprünglich St. Georgen), Engelszeli sowie viele Pfarreien passauischen Patronates hinzu. Auf diese Weise vermochte der Passauer Bischof seine geistliche Juris diktion im ganzen östen seiner Diözese zu stärken. Diese Abhängigkeit drückte sich nicht nur in der Liturgie aus, die im ganzen Land nach dem Ritus von Passau gefeiert wurde, sondern auch in künstlerischen Impulsen. Sie strömten meist von West nach öst und ergriffen das ganze Bistum. Schon im Mittelalter war dieser Kuiturstrom sehr wirksam, öber- und Nieder österreich sind viel stärker als andere Länder durch künstlerische Verwandtschaft verbun den. Man denke nur an die Malerschuie von St. Florian, die um 1300 nach östen aus strahlte und ebenbürtige Nachfolger in Kiosterneuburg, Göttweig und Zwetti fand. Viele künstlerische Anregungen kamen aus Salz burg, das als Metropole natürlich auch für Passau Bedeutung hatte. Der Saizburger Buchmaler Ulrich Schreier hat in den Klöstern Österreichs viele Proben seiner Kunst hinter lassen. Die Passauer Maier Rueland Frueauf, Vater und Sohn, haben nicht nur für Salzburg, sondern auch für Klosterneuburg gearbeitet. Am deutlichsten tritt aber die künstlerische Verbundenheit der ganzen Passauer Diözese in der Barockzeit hervor. Seit dem 17. Jahr hundert entsteht hier wirklich eine ,,Kloster landschaft". Natur und Kunst werden von den Klöstern als große Einheit empfunden und ge staltet. Es genügt nicht, die Klostergebäude allein prächtig zu erneuern und als beherr schenden Akzent in die Landschaft zu setzen. 15

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