Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 3, 1983

Kunst der Gegenwart Mit dem Pinsei geschriebene Gedichte Gedanken zu Aquarellen von Anton Lutz Elfriede Prillinger Man kann Gedichte mit vielen Instrumenten schreiben - warum nicht auch mit Farbe und Licht? Wenn der körnige Reichtum der herbstlichen Sonnenblume überquillt in sich selbst, dann sind die Blumenblätter nicht mehr wichtig, sie sind nur mehr Erinnerung. Eine Vase findet dann die ursprüngliche Klar heit ihres Glaskörpers wieder: dieses Durch scheinende einer in Licht und Farbe sich erfül lenden Form. Sie kann gar nicht zart genug angedeutet werden, ein paar Striche, ein paar Tupfen in Blau, Gelb oder Braun genügen - damit kann diese erfüllte Wirklichkeit nun einer ganz neuen Zukunft entgegengehen. Aquarelle von Anton Lutz sind ,,Gespräche" besonderer Art. Die Ausdrücke ihrer Bedeu tung reichen sehr tief, 90 Jahre Lebenserfah rung, 90 Jahre Lebensanschauung sind darin wirksam. Das Blatt, das Bild, das Aquarell wird da mit einem Mal zum Brennpunkt, in dem sich die Linien kreuzen und das ungeteilte Maß der Bewegung, der Empfindsamkeit und der Weisheit freigeben - freilich nicht, ohne den aufmerksamen Betrachter aufzufordern, nun seinerseits ebenfalls die ganze notwendige Proportion aus Menschlichkeit, Erlebniskraft und Anschauung - also Wirklichkeit seines Daseins - zu vollziehen. Weiße Häuser auf Rhodos, Aquarell, bezeichnet rechts unten: A. L. 81 Der Weg zwischen den Aquarelien von Anton Lutz ist ein erregendes Erlebnis. Innerhalb des Spiels von Farbe und Licht, das sich immerfort neu als ein Ineinanderflechten von Lichttönen, Farbtönen, Abstufungen und Verschmelzun gen darbietet, gibt es keine insolierte Situa tion, keine isolierte Farbe. Immer wieder wird die Erscheinungswelt In ih rer Gesamtheit, in ihrem Zusammenspiel, in ihrer Vermischung sichtbar und spürbar. Die Dreifaltigkeit alles Existierenden offenbart sich: Aus der Einheit der isoiation und aus der Poiarität des Gegensatzes überzugehen in die vibrierende Vieifalt einer sich immer neu gebä renden Unendiichkeit, die nie mehr aufhört, ein Neues, noch nie Dagewesenes zu werden. '1= 55

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