Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 3, 1983

Ausschnitt aus dem Kolossalfries der Westselte „Das Land Österreich ob der Enns mit dem übrigen ehemals babenbergischen Besitze wird an die Dynastie .Habsburg' verliehen (1282)", ausgeführt im Sommer/Herbst 1886 nach dem Entwurf von Melchior Zur Strassen von Rudolf Cöllen mit all seiner Problematik unmittelbar zutage. Erst Im Winter 1885/86 scheint sich das Komi tee unter dem Druck der öffentlichen Meinung zu einer Änderung des Belehnungsfrleses entschlossen zu haben, anstelle der Szene von 1156 tritt nun ,,Dle feierliche Belehnung Albrechts I. mit den österreichischen Ländern durch Kaiser Rudolf I. von Habsburg auf dem Reichstage zu Augsburg 1282".^° Da jedoch mittlerwelle bereits an der Ausführung dieses Relleffeldes gearbeitet wurde, konnten nur mehr Details wie Gesichtszüge oder Gewän der abgeändert werden, was die Kritiker zu der sarkastischen Feststellung veranlaßte, die alte Fabel werde dem Publikum nunmehr un ter einem anderen Titel vorgeführt. Es läßt sich somit die Geschichte der Friesiko nographie als mehrschichtiger Ablauf verste hen, an dessen Anfang - von Bruno Schmitz ausgehend - die Tendenz zu einer umfassen den allegorischen, ahistorischen Darstellung von Kunst und Wissenschaft stand. Dieser Versuch einer Zusammenschau der geistigen Kräfte, die mit den Aufgaben des Baues In Zu sammenhang stehen, und Ihrer Darstellung mit den Mitteln der Allegorie, geht auf die gro ßen Museen zurück, für den österreichischen Bereich dürfte nicht zuletzt das zum größten Teil von Gottfried Semper entworfene Pro gramm der Hofmuseen (ab 1874)" beeinflus send gewirkt haben. Es Ist jedoch bemer kenswert, daß gerade von selten des Bauko mitees von Anfang an Widerstand gegen eine solche allgemein-allegorische Ausrichtung festzustellen Ist, und das Besondere des Baues und seiner Aufgabe sowie seine Orts gebundenheit stärker in den Vordergrund tre ten. Seinen selbstverständlichen Nieder schlag findet dieses Streben In der Darstellung der Landesgeschichte, deren Verlauf In vier „Momentaufnahmen" exemplarisch vorge führt wird. Die Selbstdarstellung des Landes ob der Enns wird In den die historischen Kom positionen ergänzenden Teilen weitergeführt: die Freifiguren an den Risaliten zeigen die Haupttätigkelten Im Land, Ackerbau, Bergbau, Industrie, Gewerbe, Jagd, Fischerei, Schiff fahrt, Handel, Wissenschaft und Kunst, wobei die beiden letzteren Plastiken Ihren Platz an der Eingangsfront erhalten und damit den Be zug zum Museum herstellen. Die Thematik der Freifiguren wird In den dahlnterllegenden Relleffeldern des Frieses er läuternd fortgeführt. In Einzeldarstellungen oder auf wenige Personen beschränkten Sze nen, die die Tätigkeit der jeweiligen Berufe schildern, werden die Allegorien gleichsam erklärt, die Plastiken als Darstellungen der „Ideen" treten vor die Folie der Realitätsbe schreibung In den Reliefs. Die Wappen der Städte des Landes, die In Kartuschen die Ekken der Risalite einnehmen und die Knickstel len des Friesbandes abdecken, betonen nochmals die Ausrichtung auf das gesamte Kronland, als dessen kultureller Mittelpunkt das Museum ja empfunden wurde. Ganz ver wandte Gestaltungselemente, wenn auch In anderer kompositloneller Aufteilung, finden sich am 1877 bis 1881 von Julius Raschdorff erbauten Ständehaus In Düsseldorf, dem Wohnsitz Schmitz' während der früheren Pla nungsarbelten am Linzer Bau. Allegorische Figuren werden mit dazugehörigen Genredar stellungen In Form von Puttenreliefs (Acker bau, Viehzucht, Weinbau. Kohlebergbau, Schwerindustrie, Handel, Verkehr, Kunst und Wissenschaft) an der Fassade kombiniert, während der Fries hier allein den Städtewap pen vorbehalten bleibt. Noch schwerwie gender als die Auseinandersetzungen um die Inhaltlichen Fragen waren die teilweise recht undurchsichtigen Unstimmigkeiten um seine Ausführung. Sofort nach Klärung der Material frage schlug Schmitz eine öffentliche Konkur renzausschreibung, ,.soweit die deutsche Zunge klingt", vor, doch scheint dieses Vorha ben wegen Geldmangel nicht zur Ausführung gekommen zu sein. Von Bedeutung Ist die Tatsache, daß zu diesem Zeltpunkt bereits die Trennung von entwerfendem und ausführen dem Bildhauer feststand, deren jeweilige Ar belt auch getrennt vergeben werden sollte. Bruno Schmitz verstand es nun, den Ihm be kannten Bildhauer Melchior Zur Strassen, der als Akademieprofessor In Leipzig wirkte, als seinen Kandidaten In Linz vorzuschieben. Alle Versuche von selten des Komitees, doch noch einen österreichischen Künstler für diesen für die Donaumonarchie bedeutenden Auftrag zu erhalten, schlugen fehl. Architekt Hermann Krackowizer, der seit April 1884 In Linz als Bauleiter fungierte, nahm Kontakt zu verschiedenen Wiener Bildhauern, unter Ih nen Vinzenz Pilz, Rudolf v. Weyr, Karl Sterrer und Josef Probst auf.^^ doch lagen alle Ange bote weit über dem Voranschlag Schmitz-Zur Strassen. Bezeichnend für die gespannte Stimmung Ist die Tatsache, daß wegen dieser Kontaktnahmen eine heftige Auseinanderset zung zwischen Schmitz und Krackowizer stattfand, die das Verhältnis Architekt-Baufüh rer, das von allem Anfang an kühl gewesen war, noch beträchtlich verschlechterte. Zu Ende des Jahres 1884 gelang es Schmitz und seinem neuen Teilhaber, dem Architekten Au gust Härtel, den Auftrag endgültig für Zur Strassen sicherzustellen. Dieser begann kurz darauf mit der Ausarbeitung von Entwürfen und der Erstellung eines etwa 30 cm hohen bozzettoartigen Modelles. War Schmitz vor erst mit der Arbelt des Bildhauers noch ganz einverstanden, kam es im Laufe des Sommers 1885 erneut zu schweren Meinungsverschie denhelten wegen der künstlerischen Gestal tung des Frieses. Die Ecklösungen beschäf tigten den Architekten Immer wieder, er hält vorerst an einer rein dekorativen Rlsalltgestaltung aus Kartuschen, Festons und Ranken fest, wie sie von Schmitz bereits auf dem 19

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