Das Salzburger Museum Caroline Augusteum und seine Beziehungen zu Oberösterreich Albin Rohrmoser Von den Gründungsumständen her ist das Salzburger Museum als höchst unwillkomme nes, ungeliebtes und dementsprechend in den offiziellen Äußerungen stillschwelgend übergangenes Kind des ,,Museums für das Erz herzogthum Oesterreich ob der Enns und das Herzogthum Salzburg" zur Welt gekommen, mit einem Wort: In den betroffenen Kreisen als ein Ärgernis. Mit seiner Eingliederung in das Habsburger reich hatte Salzburg seine jahrhundertealte Selbständigkeit verloren und war als jüngster Landkreis dem Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns unterstellt worden. Dieser Tatsache trug man ordnungsgemäß auch bei der Grün dung eines obderennslschen Museumsverelnes Rechnung, man tat allerdings noch ein üb riges, Indem man das Herzogtum Salzburg sowohl Im Titel des Vereines als auch In der vom Verein angestrebten Neugründung des Landesmuseums In Linz namentlich aufführte und damit dem neu hinzugekommenen Land kreis seiner bedeutenden geschichtlichen Tradition wegen eine Sonderstellung gegen über den angestammten Landkreisen zubillig te. Dem mindestens halboffizlellen Charakter, den die Museumsgründung für das gesamte Erzherzogtum, also auch für das hinzuge kommene Salzburg hatte, entsprach dann auch die Zusammensetzung der Mitgllederschaft. Für den Landkreis Salzburg etwa läßt sich aus dem MItgllederverzelchnls des ersten Jahresberichtes, den der Verein veröffentlich te, ersehen, daß sich vor allem die Vertreter der öffentlichen Stellen in Linz eingetragen hatten. So fehlt kaum einer der Vorstände der Salzburger Pfleggerichte neben dem damali gen Bürgermeister der Stadt Salzburg, Älois Lergetporer. Angeführt vom Salzburger Erzblschof Gruber, folgt eine erstaunlich hohe Zahl von Geistlichen. Der Äbt von St. Peter, Älbert Nagenzaun, scheint mit einer großen Anzahl von Kapitelherren ebenso Im Verzeichnis auf wie eine Reihe von Landpfarrherren. Sie dür fen, wohl ebenso wie der Kreis von Privaten, als echte Förderer des Museumsgedankens angesehen werden, wobei allerdings bereits hier angemerkt sei, daß dieses Interesse bei vielen vom Anbeginn der Möglichkeit einer ei genständigen Salzburger Gründung gegolten haben mag. Zumindest der spätere Gründer des Salzburger Museums, der ,,SteueramtsControlor Vinzenz Süß zu Salzburg", aber auch Persönlichkeiten wie der Hof- und Ge richtsadvokat Dr. Aloys Fischer und die späte ren Gönner des Salzburger Museums, wie der Cafetier Tomaselll und der Verlags- und Drukkerelbesltzer Oberer, mögen mit solchen we nig realistisch erscheinenden Vorstellungen In den oberösterreichischen Museumsverein eingetreten sein. Mit Insgesamt mehr als 140 Mitgliedern war schließlich der kleine Land kreis Salzburg hervorragend vertreten. Fast ein Fünftel oder weit mehr als ein Sechstel der Mitglieder stellte Salzburg im ersten Berichts jahr von den insgesamt 773 angeführten Per sönlichkeiten. Erstaunlich Ist allerdings, daß diese rege Salzburger Beteiligung In den ge wählten Ausschüssen so gut wie keinen ge bührenden Niederschlag gefunden hatte. Im 25köpflgen Verwaltungsausschuß des Linzer Museums saß lediglich Albert Nagenzaun, der Abt von St. Peter. Linter den Ersatzmitglledern fehlte Salzburg gänzlich. Diese Benachteiligung der Salzburger In den Gremien des neuen Landesmuseums In Linz war mit Sicherheit nicht der Grund für die sich bald abzeichnende Spaltung des oberösterrelchen Museumsvereines. Der Kreis um Süß dürfte vielmehr dem Verein mit den Vorstel lungen und Hoffnungen beigetreten sein, daß sich mit seiner Hilfe und seinem Einverständ nis In Salzburg eine zweite, weltgehend unab hängige Museumsgründung verwirklichen lassen würde. Die treibende Kraft, die hinter dem Wunsch nach einer solchen unabhängi gen Institution stand, war zweifellos die durch die jüngsten historischen Ereignisse In Salz burg beflügelte Sorge über eine weitere Ab wanderung heimischen Kunst- und Kulturgu tes, das nach dem empfindlichen Aderlaß In der Zelt zwischen Säkularisation und Besitz übernahme durch Österreich nun auch noch nach Linz abzuwandern drohte. In den bürger lichen Kreisen Salzburgs, die sich um den Steueramtskontrollor Süß scharten, war man offensichtlich der eigenen Vergangenheit und ihren Zeugnissen gegenüber sehr sensibel geworden. Man war nach dem Verlust der Ei genständigkeit darauf bedacht, nicht auch noch die ohnedies dezimierte Zahl von Zeug nissen der Vergangenheit zu verlleren. So kann man begreifen, daß das unter den politi schen Gegebenhelten ohnedies großzügige Anerbieten zur Gründung einer historischen Sektion des oberösterreichischen Landesmu seums In Salzburg, das aber unter der Linzer Verwaltung stehen sollte, den Salzburgern unannehmbar sein mußte. Die von ihnen an gestrebte Eigengründung widersprach jedoch der politischen Situation und mußte seitens Oberösterreich als ,,Eingriff In die Rechte, welche einem Landesmuseum aus dem Ge setze zustehen" empfunden werden. Als ein ziger Ausweg aus dieser für Salzburg verfah renen Situation bot sich die Gründung eines städtischen Museums an, die der damalige Bürgermeister von Salzburg, Alois Lergetpo rer (1831-1848), nach Kräften förderte. Es entbehrt nicht ganz der Pikanterle, zu beob achten, wie Bürgermeister Lergetporer auf der einen Seite die Gründung eines Konkurrenz unternehmens unterstützte, auf der anderen Seite aber - genauso wie die Salzburger Pfle ger - von Amts wegen dem oberösterrelchlschen Musealverein als Mitglied weiterhin die Treue hielt. Daß Im Falle von Salzburg die Gründung eines städtischen Museums prak tisch als verkappte Gründung eines Landes museums angesehen werden mußte, geht nicht nur aus den von Süß angestrebten und klar formulierten Sammelzielen hervor, son dern auch daraus, daß Salzburgs Vergangen heit von besonders zentrallstischen Entwick lungstendenzen beherrscht gewesen Ist. Eine Trennung zwischen der kulturellen Entwick lung der Stadt Salzburg und des Landes Ist praktisch undurchführbar. De jure war die an gestrebte Neugründung In Salzburg zwar städtisches Museum und als solche rechtlich unanfechtbar, de facto aber erfüllte sie die Funktion eines den Salzburgern verbotenen Landesmuseums. Der Museumsgründer Ma ria Vinzenz Süß dazu:,, Es Ist der Liebe zu dem helmathllchen Lande gewiß nicht zu mißdeu ten, die es waget und versucht, alles dasjenige von dem, was zur Kenntniß unsers Landes führt, was der Zahn der Zelt und die vielen poli tischen Veränderungen der jüngsten Vergan genheit noch übrig gelassen, und was hie und da ungekannt und mit Gefahr bedroht dem Auge des Forschers und des Bewunderers verborgen liegt, und was uns Aufschluß und Belege liefert von Salzburgs ehemaliger Selb ständigkeit und Unabhängigkeit, von einstiger Pracht und Größe, von den Schicksalen und Ereignissen, Sitten und Gebräuchen unserer ruhmbewährten Vorzelt, wieder an den Tag zu rufen, zu sammeln, zu retten und zu schützen, um es/n der Mitte des Landes dem treuen An denken der Kunst und der Geschichte für Im mer zu bewahren." Wie zuwartend sich die Salzburger Mitglieder Im oberösterreichischen Musealverein von Anfang an verhielten, läßt sich an den Zu gangsberichten der ersten Linzer Jahrespubllkatlonen mit großer Deutlichkeit erkennen. Eine vielleicht befürchtete, dammbruchartige Abwanderung von Kulturgütern aus Salzburg nach Linz kam trotz der prominenten Salzbur ger Mitgliederschaft nicht zustande. Abgese hen von einigen Salzburger Münzen, von Schrifttum und naturhistorischen Merkwürdig kelten, die geistliche Naturliebhaber zur Ver fügung stellten, kam aus Salzburg nichts. Dammbruchartig hingegen war die mit der Salzburger Eigengründung anhebende Austrlttswelle, die In Ihrem vollen Ausmaß Im drit ten Jahresbericht des oberösterreichischen Musealvereines sichtbar und auch vornehm resignierend kommentiert wird: ,,Die Verhält nisse, welche den leider zahlreichen Aus tritts-Erklärungen zum Grunde lagen, lassen hier nicht wohl eine nähere Erörterung zu. Sie sind größtenthells bekannt, und von der Art, daß dieses Ergebniß vorausgesehen werden 11
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