Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 3, 1983

Inhaltsverzeichnis Schwerpunkthema Oberöstereichs Museen aktuell Dr. Hertha Schober Meisterwerke der österreichischen Malerei des 19. Jahrhunderts im Unzer Schloßmuseum 2 Dr. Albin Rohrmoser Das Salzburger Museum Caroiino Augusteum und seine Beziehungen zu Oberösterreich 11 Bernhard Proklsch Das oberösterreichische Landesmuseum, ein Kunstdenkmal des späten Historismus - Beiträge zur Geschichte seiner Bauplastik 15 Dr. Georg Wacha Das Museum als Bildungsstätte - zehn Jahre Stadtmuseum Linz im Nordico 23 Umschlag Leopold Kupelwieser, Bildnis Anton Ritter von Spaun (1790 bis 1849), öl auf Lein wand. Anton Ritter von Spaun war der Hauptver treter der Romantik in Oberösterreich. In der oberösterreichischen Landesgeschichte wird er als ,,Vater des oberösterreichischen Landesmuseums" bezeichnet. Das Bild befindet sich in Besitz von o. Prof. Dr. Georg Spaun, Salzburg, und ist als Kataiognummer 18.17 in der Landesausstel lung 1983 in der Welser Burg zu sehen. Gestaltung: Herbert Friedl Kulturzeitschrift Oberösterreich 33. Jahrgang, Heft 3/1983 Vierteljahresschrift: Kunst, Geschichte, Landschaft, Wirtschaft, Fremdenverkehr Erscheinungstermine: März, Juni, September, Dezember. Medieninhaber (Verleger), Herausgeber und Hersteller: Oberösterreichischer Landesverlag Gesellschaft m.b.H., A-4020 Linz, Landstraße 41. ISSN 0253-7435 Redaktion: Dr. Otto Wutzei, Dr. Elfriede Wutzel, A-4020 Linz, Landstraße 41 Jahresabonnement (4 Hefte): S 380.-; Einzelverkaufspreis: S 98.-. (Alle Preise inkl. 8 % MWSt). Dr. Franz Carl Lipp Freilichtmuseen und Denkmalhöfe in Oberösterreich 31 Dr. Wilhelm Rieß Die Welser Burg nach der oberöster reichischen Landesausstellung 1983 43 Kunst der Gegenwart Elfriede Priliinger Mit dem Pinsel geschriebene Gedichte - Gedanken zu Aquarellen von Anton Lutz 55 Oberösterreich aktuell Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck 150 Jahre Landesmuseum - Eine Epoche oberösterreichischer Geschichte 63 Bücherecke 75 LIteraturbellage Arthur Fischer-Colbrie Auswahl und Einführung Dr. Otto Wutzel 81 Schwerpunktthema Heft 4/1983 Österreich ob und unter der Enns Abb. Seite 1: Schloßmuseum Linz, Blick In den Raum 6 Im 1. Obergeschoß, der der Werkstatt des Meisters des Kefermarkter Altares gewidmet Ist. Im Bild beherrschend die Figuren und Reliefs des ehe maligen Hochaltares von St. Leonhard bei Frei stadt, 1509. - Foto: Fr. Gangl

Kulturzeitschrift IR I .'rs-Ji 150 Jahre Oberösterreichisches Landesmu seum, 10 Jahre Stadtmuseum Linz im Nordico, 75 Jahre Museum in Gmunden, Neuauf stellung des Stadtmuseums Wels - Beweise genug für die Aktualität des Musealwesens in unserem Lande. Die Geschichte des 00. Landesmuseums mit Ausblicken auf seine Gegenwartsaufgaben schildert eingehend Landeshauptmann Dr. Josef Ratzenböck, Kulturreferent der oö. Landesregierung. ,,Das Museum als Bil dungsstätte" stellt Georg Wacha, Direktor des Linzer Stadtmuseums, vor. Elfriede Prillinger, Direktor des Stadtmuseums Gmunden, hat sich für ein literarisches Thema entschieden. Sie macht sich ,,Gedanken zu Aquarellen von Anton Lutz", der als langjähriger Präsident des Oberösterreichischen Kunstvereins - neben seiner eigenen künstlerischen Tätigkeit- auch bedeutungsvolle Leistungen für das Landes museum erbracht hat. Als eine Art Glückwunschadresse ist der Bei trag von Dr. Albin Rohrmoserzu bewerten, der als Direktor des Salzburger Museums die en gen historischen Beziehungen dieses Instituts zu unserem Landesmuseum skizziert. Wenn vom aktuellen Musealwesen die Rede ist, darf W. Hofrat i. R. Dr. Franz C. Lipp, der ,,Vater der oberösterreichischen Freilichtmu seen und Urkundhöfe" nicht fehlen. Im nach hinein möchte ihm die Redaktion zu seinem 70. Geburtstag herzlich gratulieren. Einen Blick in den Sammlungsbestand des Landes museums und seine Architekturgeschichte geben Dr. Hertha Schober und Bernhard Prokisch. Ihre Beiträge sollen anregen, unser Mu seum künftig noch intensiver zu betrachten und zu besuchen. Vor einer völligen Neuaufstellung und Neuor ganisation steht das Stadtmuseum Wels mit Einzug in die Welser Burg nach Abbau der oberösterreichischen Landesausstellung 1983. Dr. Wilhelm Rieß, Direktor dieses für Wels so wichtigen Kulturinstituts, berichtet ausführlich über die Zukunftspläne seiner Sammlungen. Auch die Literaturbeilage dieses Heftes ist in einem gewissen Sinne auf das Jubiläum des Oö. Landesmuseums bezogen. Arthur Fischer-Colbrie, unvergessener Lyriker, Dra matiker, Heimatkundler, war durch viele Jahre diesem Institut eng verbunden, fühlte sich dort daheim. Sein Werk in Erinnerung zu rufen, er scheint der Redaktion als eine Ehrenpflicht. 1

Meisterwerke der österreichischen Maierei des 19. Jahrhunderts im Linzer Schioßmuseum Hertha Schober Anläßlich des 150jährigen Bestehens des oberösterreichischen Landesmuseums ist es wohl angemessen, auch jener Spender zu ge denken, die zum Reichtum der Bestände die ses Institutes beigetragen haben. Viele von Ihnen, aus allen Schichten der Bevölkerung kommend, sind namentlich gar nicht bekannt, andere wieder werden als Mäzene immer wie der genannt. Anfangs waren es vorzüglich die Stifte Ober österreichs, allen voran St. Florian, die In guter Heimatverbundenheit das neue Institut aus ih rem reichen Fundus mit wertvollem Gut be dachten. Der oberösterreichische Kunstverein hatte bereits in seinen Statuten festgelegt, für das Entstehen und Wachsen einer oberöster reichischen Landesgalerie zu sorgen. Andere Schenkungen, die meist nicht immer mehr als eigene Bestände Erwähnung finden, sind u. a. die von Az, Hafner, Julius Wimmer und der Allgemeinen Sparkasse, von Graf Ludolf und schließlich die reiche und volkskundlich äu ßerst interessante, als Ganzes belassene Sammlung des Baron Spiegel. Im letzten Jahrzehnt sind noch zwei ganz be deutende Bestände zugewachsen, die vor al lem die Malerei des 19. Jahrhunderts ergänz ten, die Sammlungen Pierer und Dr. Walther Kastner. Nachdem der Bestand schon einige Jahre im Oberösterreichischen Landesmuseum depo niert war, konnte 1974 die Sammlung Ferdi nand Pierer endgültig erworben werden. Die diesbezüglichen Verhandlungen führte da mals im Auftrag der oö. Landesregierung Dr. Otto Wutzel. Ferdinand Pierer wurde 1884 in der Steier mark geboren. Seine Eltern waren Bauern, betrieben daneben eine Gastwirtschaft in Gradenberg bei Köflach, hier lernte schon der Knabe manche heute nicht oder kaum mehr bekannte Grazer Künstler kennen, die Ihm zuweilen zu seiner großen Freude kleine Zeichnungen schenkten. Mit zwanzig Jahren ging Ferdinand Pierer nach Wien und erwarb gemeinsam mit seinem Bruder eine Eisen handlung. Die Liebe zur Kunst war ihm im Ge schäftsleben geblieben, auch sein Bruder hatte Interesse, und als die beiden sich in der Residenzstadt ein Heim schufen, durften Bil der natürlich nicht fehlen. Da Ferdinand Pierer zudem ein begeisterter Alpinist war, nimmt es nicht Wunder, daß die ersten Bilder, die er er warb, von seinen Bergfreunden, wie etwa Gu stav Jahn, Otto Barth, stammten. Bilder, die Gebirgs- aber auch andere heimatliche Land schaften zum Motiv haben, nahmen auch spä-

Unten: Emil Jakob Schindler (1842-1892), Blu mengarten In Weißenkirchen, 01 auf Holz, be zeichnet Schindler Weißenkirchen 1879, Oberösterrelchlsches Landesmuseum, Sammlung Pierer terhin einen wichtigen Platz in seinen Samm lungen ein, immer kann man bei seinen Er werbungen eine persönliche Verbundenheit mit dem Bild spüren. Bald begann Pierer sy stematisch zu sammeln, stieß manches von früheren Beständen ab, wie das nun einmal üblich ist. Trotzdem platzte die Wohnung von der Bilderfülle gleichsam aus den Nähten, die Wände waren vom Boden bis zur Decke vollbehangen. In dieser Hinsicht war es eine Wohltat, daß im Jahre 1930 das Geschäft ei nen Neubau erforderte und damit auch eine Vergrößerung der Wohnung möglich war. Mehr Platz eiferte allerdings zu neuen Käufen an, die Hängemöglichkeiten waren bald wie der erschöpft. Nun erst gab Ferdinand Pierer die Aquarelle und Zeichnungen in Mappen und ließ die Ölbilder an den Wänden voll zu ih rem Recht kommen. Sie waren hier mit echter m Links: Ferdinand Georg Waidmüiier (1793-1865), Wienerwaidiandschaft mit Bück auf den Schnee berg, öi auf Hoiz, bezeichnet Waidmüiier 1861, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Pierer Liebe gehängt, nicht nach Alter, Namen oder Stilen geordnet, sondern so, wie es eben dem persönlichen Geschmack entsprach und das machte die Sammlung zu ihrem Wert noch be sonders liebenswert. Kommerzialrat Ferdi nand Pierer starb 1963, sein Sohn Ferdinand Pierer, der ebenfalls an der Vergrößerung der Sammlung mitgewirkt hatte, übergab sie nun dem oberösterreichischen Landesmuseum. Die Sammlung vermittelt mit ihren rund 70 Öl gemälden und 23 Miniaturen einen hervorra genden Querschnitt durch die österreichische Malerei des vorigen Jahrhunderts, ziemlich genau in der Zeit von 1800 bis 1900 (nur Ro mantiker und Nazarener fehlen, sie entspra chen wohl weniger dem naturverbundenen Kunstsinn Pierers). Wirklich lebendig wird aber diese Zeit für den Laien wie auch für den Sachverständigen durch die rund 200 Aqua relle und Zeichnungen, die zu ihr gehören. Wie bei den Gemälden besticht auch bei diesen grafischen Beständen (Aquarelle, Gouachen, öl auf Papier, Bleistift- und Kreidezeichnun gen, teils laviert oder aquarelliert) wiederum die Tatsache, daß nicht nur die richtungsbe stimmenden, bekannten Namen aufscheinen, sondern daß auch Blätter von heute fast ver gessenen Künstlern vorhanden sind; erst durch sie gewinnt ja die gebotene Palette an Farbigkeit. Neben Rudolf v. Alt (2 Gemälde, 8 Grafiken) sind Franz (19 Grafiken) und Jakob Alt (2 Gra fiken) vertreten, von Friedrich Gauermann gibt es 1 Gemälde und 9 Grafiken, von Ferdinand Georg Waldmüller 7 Gemälde, von Moritz Mi chael Daffinger 4 Miniaturen und 4 Grafiken. Von Emil Jakob Schindler besaß Pierer 7 Ge mälde, darunter einige Meereslandschaften, von Franz Steinfeld 3 Bilder von Gebirgsland schaften, von Eugen Jettel 5 Ölbilder, teils von dessen Reisen in Frankreich und Holland, von Josef Rebell 2 italienische Landschaften in öl, die 1817 in einer Serie von 6 Gemälden für den Herzog von Leuchtenberg entstanden sind, von Rudolf Ribarz, ebenso wie von Au gust V. Pettenkofen je 3 Gemälde; von letzte rem zusätzlich noch 7 Grafiken mit Pußta-Motiven. Von bedeutenden Namen aus dem zu Ende gehenden Jahrhundert sind Anton Romako (1 Gemälde) und Hans Makart (1 Ge mälde) zu erwähnen. Der frühest vertretene Maler ist Friedrich August Brand, geb. 1735 in Wien, Bruder von Johann Christian Brand. Die Landschaftsmalerei lernte er bei seinem Vater Christian Hülfgott Brand, für seine Historien bilder waren ihm Arbeiten von Gran und Tro ger Vorbilder. Pierer besaß von ihm eine Mi niatur, das Deckelbild einer Lackdose. Zu den frühesten Werken dieser Sammlung gehört ein Männerproträt der 1764 geborenen Male rin Barbara Krafft, der Tochter des Iglauer Ma lers Johannes Steiner, und der Zufall will es, daß eines der zeitlich letzten Bilder, wenn nicht vielleicht überhaupt das späteste, ebenfalls von einer Frau stammt, von ölga WisingerFlorian (1844 bis 1926), in ihrem Stil stark den Impressionisten verpflichtet. Als weitere bekannte Künstler sind aus dieser Reihe zu nennen: Karl v. Agricola (2 Grafiken), Friedrich v. Amerling (2 Gemälde), F. Blaschek (2 Grafiken), Tina Blau (1 Gemälde), Hans Canon (1 Gemälde), Josef Danhauser (21 Grafiken), Franz v. Defregger (1 Gemäl de), Johann Matthias Ender (2 Grafiken), Thomas Ender (3 Grafiken), Peter Fendi (1 Gemälde, 1 Grafik), Friedrich Heinrich Fü-

5> f n-f ger (2 Miniaturen), Alois Greil (2 Grafiken), Johann Hamza (1 Gemälde), Josef Höger (7 Grafiken), Josef Kriehuber (5 Grafiken), Leopold Kupelwieser (1 Grafik), Eduard Peithner v. Lichtenfels (1 Gemälde), Anton Müller (4 Grafiken), Emanuel Thomas Peter (3 Miniaturen, 2 Grafiken), Johann Matthias RanftI (1 Gemälde, 1 Grafik), Georg Raab (3 Miniaturen), Wilhelm Richter (1 Grafik), Carl V. Saar (2 Minaturen), Carl Schindler (2 Grafiken), Balthasar Wiegend (2 Grafiken). An heute weniger bekannten oder nur mit ei ner Arbeit vertretenen Persönlichkeiten sind zu nennen: Rosalie Amon (1 Gemälde), Alois V. Arnreiter (2 Miniaturen), Alexander V. Bensa (2 Gemälde, 1 Grafik), Rudolf Bernt (1 Grafik), Hugo von Gharlemont (1 Gemäl de), Alexander Ciarot (1 Grafik), Franz Eybl (1 Gemälde, 1 Grafik), Leopold Fischer (2 Mi niaturen), Josef Grassi (1 Miniatur), Remigius Adrianus v. Haanen (1 Gemälde), Anton Hansch (2 Gemälde), N. Hirsch (1 Grafik), Jo sef Holzer (1 Gemälde), Theodor v. Hörmann (1 Gemälde), Gustav Jahn (1 Grafik), Ernst Juch (2 Gemälde), Vinzenz Georg Kininger (1 Grafik), Eduard Klieber (1 Grafik), Friedrich Loos(1 Grafik), Carl Marko d. Ä. (1 Gemälde), Leopold Carl Müller (1 Gemälde), Michael Neder (2 Gemälde, 1 Grafik), Josef Nigg (1 Grafik), Ferdinand Olivier(1 Grafik), Tobias Raulino(1 Grafik), Eduard Ritter (1 Gemälde), Franz Rumpier (1 Gemälde), Robert Ruß (1 Gemälde, 1 Grafik), Friedrich Schilcher (1 Gemälde), Albert Schindler (1 Grafik), Jo hann Christian Schöller (1 Miniatur), Josef Schuster (1 Gemälde), Richard Schwager Oben: Rudolf von Alt (1812-1905), Dorfkirche Interieur, Aquarell, bezeichnet R. Alt 1849, Ober österreichisches Landesmuseum, Sammlung Pierer Rechts: Friedrich Gauermann (1807-1862), Almweide, Aquarellierte Bleistiftzeichnung, datiert 1848, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Pierer

Unten: August von Pettenkofen (1822-1889), Küche, kleines Mädchen auf einem Stuhl ste hend, Schwarze Kreide, bezeichnet a. p. 1886, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Pierer (1 Miniatur), Gottfried Seeios (1 Grafik), Aiois Straßgschwandtner (1 Grafik), Adolf Tfieer (1 Miniatur), Robert Theer (1 Miniatur), Fried rich Tremi (2 Grafiken), Josef Zahradnicek (1 Grafik) und zusätzlich noch einige Glück wunsch- bzw. Neujahrsgrafiken der Wiener Porzellan-Manufaktur. Diese Werksammiung von 81 Künstlern spie gelt in ihrer Gesamtheit deren liebevolle Hin gabe an die Natur, sowohl in der Landschaft wie auch im Blumenstilieben und schließlich im Menschen selbst, in den Porträts, in den Miniaturen wird er in seiner charakteristischen Haltung und der für die Zeit typischen Anmer kung auch von Kleinigkeiten gezeigt, bei an deren Künstlern wieder wird der Mensch bei der Arbeit festgehalten, wenn auch dem Zeit geist entsprechend etwas idealisiert. Beson ders prägnant erweisen sich die Zeichnungen, speziell jene von Volkstypen, wie z. B. bei Gauermann, Greil und Pettenkofen. Erst zum Ende des Jahrhunderts tritt die etwas phantasievoilere, schwülstigere Motivwahl in den Vordergrund. Im Überblick gibt es in der Sammlung zwei zeitliche Schwerpunkte, näm lich die ersten Jahrzehnte, die des Biedermei er, und die letzten Jahrzehnte des 19. Jahr hunderts. Außerdem fällt das sichere Urteil Pierers auf. Viele dieser Arbeiten wären heute kaum mehr zu finden bzw. es müßte ein um vieles höherer Preis hiefür bezahlt werden und so ist die seinerzeitige Erwerbung der Samm lung Kommerziairat Ferdinand Pierer's zur Abrundung eines Zeitbildes nicht hoch genug einzuschätzen. Der zweite große Mäzen dieses Jahrzehnts ist Univ.-Prof. Dr. Walther Kastner. Der gebürtige Oberösterreicher aus einer alten und weithin bekannten bodenständigen Handwerkerfami lie stammend, wurde zum universellen Kunst sammler nicht nur aus seinem Gefühl heraus, wie Ferdinand Pierer, sondern auch aus ein schlägigem Wissen. Waither Kastner wurde 1902 in Gmunden ge boren, besuchte von 1913 bis 1921 das Linzer Staatsrealgymnasium und begann anschlie ßend in Wien das Studium der Kunstgeschich te, Germanistik und Psychologie, Fächer, die seinem Wesen voll entsprachen, schon im stark musisch bestimmten Elternhaus ge weckt und gefördert worden waren. Mit einem großen Kunstverständnis ging Hand ind Hand die Liebe zur Natur, im Kreise des ,,Wander vogels" eroberte er sich die Heimat in ihrer stil len Schönheit, eroberte er sich auch die Land schaft Adalbert Stifters und versuchte selbst, mit viel Talent die erlebten Schönheiten in Zeichnung und Aquarell festzuhalten. Das an gefangene Studium stand jedoch unter kei nem guten Stern, die Not der Nachkriegsjahre zwang Kastner, es schon im zweiten Seme ster abzubrechen. Einige Jahre Bankdienst folgten, bis ihn auch hier das Los des allge meinen Personalabbaues traf. Mit seiner Ab fertigung begann Waither Kastner neuerlich zu studieren, diesmal allerdings Jus, er wurde 1927 promoviert. Jahre im öffentlichen Dienst folgten, Gerichtspraxis, Finanzprokuratur, Bundesministerium für Finanzen, für innere und kultureile Angelegenheiten, Privatwirt schaft und Wirtschaftsanwait sind wesentliche Meilensteine im beruflichen Leben dieses so Rechts: Josef Kriehuber (1800-1876), Hofjagd in Ischl (Gruppe von 9 Jägern), Bleistiftzeichnung, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Pierer •if-#

% vielseitig begabten Menschen. Nach 1945 war er maßgeblich an der Ausarbeitung verschie dener Wirtschaftsgesetze beteiligt und wurde auch als Prüfungskommissar für Handels- und Wechselrecht an der Universität Wien bestellt. Immer wieder fand Kastner darüber hinaus Zeit, über rechtswissenschaftliche Themen zu schreiben und habilitierte sich 1964 an der Universität Wien für österreichisches Han dels- und Wechselrecht. Wenn auch die wirtschaftliche Ungunst in sei ner Jugendzeit Walther Kastner In vollkom men andere, als ursprünglich ersehnte Bah nen getrieben hat, erlosch seine Liebe zu Kunst und Literatur niemals. Die Freundschaft mit vielen Künstlern begleitete ihn zeit seines Lebens, ebenso wie die Freude am Sammeln von Kunstwerken. Die frühen Anfänge einer Bilder- und Plastiksammlung gingen im Zwei ten Weltkrieg verloren, bald nachher begann er aber von neuem und nun systematisch mit dem Aufbau einer Sammlung, die seiner Grundeinstellung, der Ehrfurcht vor der Ge schichte und den Leistungen der verschiede nen Epochen, voll entsprach. Auch ihm eignet ein schier untrügliches Gespür für das Gute und Dauernde an, von Moderichtungen blieb er stets unbeeinflußt. Bei seinen Bildern legte auch er das Schwergewicht auf Werke des 19. Jahrhunderts, daneben haben aber auch die Künstler unserer Zelt, wie etwa Defregger, Egger-Lienz, Faistauer, Hanak, Klimt, Ko koschka, Kubin, Powolny, Schiele und Thöny ihren festen Platz gehabt. Allerdings hat Walt her Kastner auch ältere Kunstwerke, vorwie gend Plastiken der romanischen und goti schen Stilepoche gesammelt. Im Jahr 1964 entschloß sich Professor Kast ner, einen Teil seiner Schätze dem oö. Lan desmuseum testamentarisch zu vermachen. Hierin kam wohl die Verbundenheit mit diesem Institut, die schon aus seiner Kindheit datierte, zum Ausdruck, aber wohl auch ein vielleicht gar nicht greifbarer Einfluß seines Bruders Otfried, des Eisen- und Krippenfachmannes Oberösterreichs, der durch Jahrzehnte am oö. Landesmuseum gearbeitet hat. Dann, im Jahr 1974, entstand der spontane Entschluß Kastners, das vorgesehene Legat sofort zu übergeben. Wieder führte Dr. Otto Wutzel die anfänglichen Verhandlungen, der Abschluß erfolgte dann direkt mit dem Oö. LandesmuOben: Hl. Anna aus einer Gruppe ,,Anna Selbdritt", Lindenholz, um 1520, aus Hopferreith, St. Leonhard bei Waldhofen a. d. Ybbs, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Kastner. - Foto; M. Eiersebner Links oben: Vesperbild (Pietä), Kunststein, 1. Viertel 15. Jahrhundert, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Kastner. - Foto: M. Eiersebner 6

Johann Nepomuk Passini (1798-1874), Motiv aus St. Woifgang, bezeichnet Sanct Woifgang 1867, Bleistiftzeichnung, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Kastner Franz von Defregger (1835-1921), Bildnis eines Knaben in Halbfigur, bezeichnet Defregger, Kohlezeichnung, Oberösterreichisches Landes museum, Sammlung Kastner m A Ml seum durch Dr. Benno Ulm. Die Sammlung, die in einer Ausstellung im Linzer Schloßmu seum im Frühjahr 1975 der Öffentlichkeit vor gestellt wurde, besteht aus49 Plastiken frühe rer Epochen und 156 Ölgemälden und 126 Grafiken von 147 Künstlern. Die Romanik ist mit sechs Arbeiten vertreten, besonders ergreifend ein hölzerner Kruzifixus aus dem 13. Jahrhundert; die übrigen Stücke sind Metallarbeiten, teils vergoldet, teils auch in Verbindung mit Email. Dem Mittelalter ge hören 38 Exponate an, Holzplastiken, meist Heilige darstellend, sind in der Mehrzahl, doch gibt es ebenso einige Sand- und Kunststeinfi guren, ein Kupfer-Vortragskreuz, wie auch verschiedene Reliefs, teils in Holz, teils Bronze-vergoldet und auch aus Elfenbein. Die meisten Stücke stammen aus dem 15. Jahr hundert, nur wenige überschreiten diese Schwelle, etwas mehr stammen sogar noch aus dem 14. Jahrhundert, wie etwa eine über einen Meter hohe Sandstein-Madonna mit Kind, oder einige Elfenbeinarbeiten. Die Her kunft ist großteils nicht mehr feststellbar, doch gibt es darunter einige französische, nord deutsche und Tiroler Arbeiten. Was nun die Malereien und Grafiken betrifft, ergänzen sich beide Sammlungen, die Pierers und Kastners, In vorzüglicher Weise, da man in letzterer auf viele Namen stößt, die man auch bei Pierer bereits angetroffen hat (in der folgenden Übersicht mit einem Sternchen ver sehen). Folgende Künstler sind in der Samm lung Dr. Walther Kastner vertreten: Carl Josef Alois Agricola* (1 Grafik), Franz Alt* (1 Grafik), Jakob Alt* (1 Grafik), Rudolf von Alt* (10 Grafiken), Friedrich von Amerling* (1 Gemälde, 1 Miniatur), Franz Barbarini (1 Gemälde), Alexander v. Bensa* (1 Gemäl de), Tina Blau* (4 Gemälde), Friedrich August Brand* (1 Grafik), Johann Christian Brand (3 Gemälde, 1 Miniatur), Adraen Brower (1 Gemälde), Leopold Brunnersen. (1 Grafik), Leopold Brunner d. J. (1 Grafik), Hans Canon* (1 Gemälde), Alexander Ciarot* (1 Grafik), Aelbert Cuyp (1 Gemälde), Moritz Michael Daffinger* (3 Grafiken), Johann Daliinger* (1 Gemälde), Josef Danhauser* (3 Gemälde, 2 Grafiken), Hugo Darnaut (1 Gemälde), Franz v. Defregger* (1 Grafik), Richard Diller (1 Grafik), Albin Egger-Lienz (1 Gemälde, 1 Grafik), Anton Einsle (1 Gemälde), Job. Ne-

Alfred Kubin (1877-1959), Italiener In Wernstein, bezeichnet Kubin, Bleistiftzeichnung, Oberöster reichisches Landesmuseum, Sammlung Kastner Oskar Kokoschka (1886-1980), Wanderer im Gebirge, bezeichnet Kokoschka, Lithographie, Oberösterreichisches Landesmuseum, Sammlung Kastner. - Sämtliche Fotos, wenn nicht anders angegeben, von Fr. Gangl pomuk Ender* (1 Miniatur), Thomas Ender* (1 Grafik), Josef Engelhart (1 Grafik), Franz Eybl* (2 Gemälde, 1 Grafik), Anton Faistauer (2 Gemälde, 1 Grafik), Josef Feld (1 Gemäl de), Peter Fendi* (1 Gemälde, 1 Grafik), Leo pold Fertbauer (1 Gemälde), Johann Fisch bach (1 Gemälde, 1 Grafik), Leopold Fischer (1 Grafik), Melchior Fritsch (1 Gemälde), Heinrich Friedrich Füger* (1 Miniatur), Josef V. Führich (1 Grafik), Jan Fyt (1 Gemälde), Franz Gasser (1 Gemälde), Friedrich Gauer mann* (1 Gemälde, 7 Grafiken), August Ge rasch (1 Gemälde), Carl Geyling(1 Gemälde), Carl Goebel (1 Grafik), Franz Xaver Gruber (1 Gemälde), Norbert Grund (2 Gemälde), Remi van Haanen* (1 Gemälde), Gecil van Haanen (1 Gemälde), Ludwig Halauska (1 Gemälde), Anton Hanak (2 Grafiken), An ton Mansch* (1 Gemälde, 1 Grafik), Felix Al brecht Harta (2 Grafiken), Josef Heicke (1 Grafik), Josef Höger (1 Gemälde), Josef Holzer (1 Gemälde), Theodor v. Hörmann* (3 Gemälde), Eugen Jettel* (1 Gemälde), Adolf Kaufmann (1 Gemälde), Gustav Klimt (1 Gemälde, 7 Grafiken), Oskar Kokoschka (10 Grafiken), Pauline v. Koudelka-Schmerling (1 Grafik), Johann Peter Kraft (1 Grafik), Josef Kreutzinger (1 Gemälde, 1 Grafik), Jo sef Kriehuber* (1 Gemälde, 8 Grafiken), Al fred Kubin (7 Grafiken), Leopold Kupelwieser* (1 Grafik), Maximilian Kurzweil (1 Gemälde), Ferdinand Küss (1 Gemälde), Johann Bapt. Lampi (1 Gemälde), Oskar Laske (1 Grafik), Josef Lauer (1 Gemälde), Eduard Peithner v. Lichtenfels* Ö Gemälde, 1 Grafik), Friedrich Joh. Gottiieb Lieder (1 Gemälde, 1 Grafik), Friedrich Loos* (1 Gemälde), Edmund Mahl knecht (1 Gemälde, 1 Grafik), Hans Makart* (1 Gemälde, 1 Grafik), Karl Marko* (1 Gemäl de), Gabriell Metsu (1 Gemälde), Frans van Mieris d. Ä. (1 Gemälde), Willem van Mieris (1 Gemälde), Carl Moll (1 Gemälde), Joseph Mössmer (1 Gemälde, 1 Grafik), Leopold Carl Müller (1 Grafik), Johann Michael Neder* (6 Gemälde, 1 Grafik), Art van der Neer 8

(1 Gemälde), Josef Neugebauer (1 Gemäl de), Josef Nigg (1 Porzellanmalerei), Adolf Obermüllner (1 Gemälde), Adiaen van Ostade (1 Gemälde), Johann Nepomuk Passini (4 Grafiken), Ludwig Johann Passini (3 Grafi ken), Emanuel Thomas Peter* (1 Gemälde, 1 Grafik), AugustV. Pettenkofen* (4 Gemälde, 1 Grafik), Franz Xaver Petter (1 Gemälde, 2 Grafiken), Michael Powolny (1 farbige Ke ramik), Ignaz Raffalt (1 Gemälde), Johann Gualbert Raffalt (1 Gemälde), Carl Friedrich Rahl (1 Grafik), Karl Rahl (1 Gemälde), Jo hann Matthias Ranftl* (2 Gemälde), Johann Nepomuk Rauch (1 Gemälde), Josef Rebell* (1 Gemälde), Franz Reinhold (1 Gemälde), Friedrich Philipp Reinhold (1 Gemälde), Jo hann Baptist Reiter* (3 Gemälde), Rudolf Ribarz* (2 Gemälde), Wilhelm August Rieder (1 Gemälde), Eduard Ritter* (2 Gemälde), An ton Romako* (4 Gemälde, 2 Grafiken), Jacob Ruisdael (1 Gemälde), Franz Russ d. J. (1 Gemälde), Robert Russ (1 Gemälde), Karl V. Saar* (1 Grafik), Franz Scheyerer (1 Ge mälde), Egon Schiele (3 Gemälde, 8 Grafi ken), Anton Schiffer (2 Gemälde), Carl Schindler (1 Gemälde, 1 Grafik), Emil Jakob Schindler (2 Gemälde), Maximilian Joseph Schinnagl (1 Gemälde), Ludwig Ferdinand Schnorr v. Carolsfeld (1 Grafik), Franz Schrotzberg (1 Gemälde), Ferdinand Schmutzer (1 Grafik), Anton Schrödl (1 Ge mälde), Carl Schuch (1 Gemälde), Josef Schuster* (1 Gemälde), Carl Scheninger (1 Gemälde), Moritz v. Schwind (2 Gemälde, 1 Grafik), Franz Steinfeld* (3 Gemälde, 1 Gra fik), Wilhelm Steinfeld (3 Gemälde), Leopold Stoll (1 Gemälde), Robert Theer* (1 Grafik), Wilhelm Thöny (1 Grafik), Rudolf Matthias Thoma (1 Gemälde), Joseph Thema (1 Ge mälde), Viktor Tilgner (1 Marmorbüste), Fried rich Treml (1 Gemälde, 1 Grafik), Pieter Corneliesz Verbeeck (1 Gemälde), Simon de Vlieger (1 Gemälde), Leopold Vöscher (1 Gemälde), Cornelis de Vos (1 Gemälde), Friedrich Wailand (1 Grafik), Ferdinand Georg Waldmüller* (2 Gemälde), Sebastian Wegmayr (1 Grafik), Balthasar Wiegand* (1 Gra fik), Olga Wisinger-Florian* (3 Gemälde), Al bert Zimmermann (1 Gemälde), Leopold Zinögger (1 Gemälde), Carl Ludwig ViehbeckJakob Alt - Friedrich Gauermann (1 Grafik ,,Die höchsten Gletscher im Salzburgischen"). Eine großartige Fülle systematisch gesam melter Kunstwerke ist mit dieser Dotation Kastners an das 00. Landesmuseum ge kommen, eine Dotation, die beweist, daß auch heute idealistisches Mäzenatentum noch nicht ausgestorben ist. Die Sammlungen Pierer und Kastner ergeben in ihrem Zusammenklang eine Fundgrube des Kunstschaffens vorwie gend im 19. Jahrhundert.

Im" I' -■§ BÄstr ti ... m_ 900JAHRE^^ Augustiner Chorherrenstift REICHERSBERG Demnächst in Ihrer Buchhandlung ISOjAHRE OBER ÖSTERREICHISCHES LANDESMUSEUM 900 Jahre Augustiner Chorherrenstift Reichersberg 436 Seiten, 38 Färb- und 123 Schwarz weißbilder, 45 Wappen, Format 20 X 26 cm, farbiger Schutzumschlag, Leinen. öS 698, —, DM 98,—. Erscheint Ende September 1983. Der Band spiegelt die wechselvolle Geschichte des Stiftes Reichersberg in den 900 Jahren seines Bestehens wider. Namhafte Wissenschafter behandeln in ihren Beiträgen je einen Abschnitt von der Gründung durch den Edlen Werner im Jahre 1084 bis in unsere Zeit. Das Kunstschaffen wird ebenso dargestellt wie die Wirt schaftsgeschichte, die mittelalterliche Buchkunst oder die Musikgeschichte. Dazu kommen die Beschreibungen der Stiftspfarren. Die Texte sind leicht faßbar und für jedermann interessant, der an der geistigen und geistlichen Entwicklung des Augustiner Chorherren stiftes Anteil nimmt. Die reiche Bebil derung macht das faszinierende Porträt Reichersbergs in Geschichte und Gegenwart vollständig. 150 Jahre Oberösterreichisches Landesmuseum ca 300 Seiten, 204 Färb- und 57 Schwarz weißbilder, Format 23 x 27 cm, farbiger Schutzumschlag, Leinen. öS 478,--, DM 67,—. Erscheint im Oktober 1983. Der repräsentative Band bringt in 265 vorwiegend farbigen Einzelbildern eine Auswahl besonders interessanter Objekte aus den 15 Teilsammlungen des oberösterreichischen Landes museums. Zusammen mit den Einfüh rungstexten zur Baugeschichte der historisch bedeutsamen Ausstellungs gebäude, des 1884 bis 1892 im Stile des Historismus erbauten Museums Francisco Carolinum und des alten landesfürstlichen Schlosses aus dem frühen 17. Jahrhundert, gibt der Band Einblick in die Entstehung, Entwicklung und Vielfalt sowie die wissenschaftliche Bedeutung der reichhaltigen Sammlungen dieses Museums. OLV - Buchverlag Oberösterreichischer Landesverlag Gesellschaft m.b.H. 10

Das Salzburger Museum Caroline Augusteum und seine Beziehungen zu Oberösterreich Albin Rohrmoser Von den Gründungsumständen her ist das Salzburger Museum als höchst unwillkomme nes, ungeliebtes und dementsprechend in den offiziellen Äußerungen stillschwelgend übergangenes Kind des ,,Museums für das Erz herzogthum Oesterreich ob der Enns und das Herzogthum Salzburg" zur Welt gekommen, mit einem Wort: In den betroffenen Kreisen als ein Ärgernis. Mit seiner Eingliederung in das Habsburger reich hatte Salzburg seine jahrhundertealte Selbständigkeit verloren und war als jüngster Landkreis dem Erzherzogtum Oesterreich ob der Enns unterstellt worden. Dieser Tatsache trug man ordnungsgemäß auch bei der Grün dung eines obderennslschen Museumsverelnes Rechnung, man tat allerdings noch ein üb riges, Indem man das Herzogtum Salzburg sowohl Im Titel des Vereines als auch In der vom Verein angestrebten Neugründung des Landesmuseums In Linz namentlich aufführte und damit dem neu hinzugekommenen Land kreis seiner bedeutenden geschichtlichen Tradition wegen eine Sonderstellung gegen über den angestammten Landkreisen zubillig te. Dem mindestens halboffizlellen Charakter, den die Museumsgründung für das gesamte Erzherzogtum, also auch für das hinzuge kommene Salzburg hatte, entsprach dann auch die Zusammensetzung der Mitgllederschaft. Für den Landkreis Salzburg etwa läßt sich aus dem MItgllederverzelchnls des ersten Jahresberichtes, den der Verein veröffentlich te, ersehen, daß sich vor allem die Vertreter der öffentlichen Stellen in Linz eingetragen hatten. So fehlt kaum einer der Vorstände der Salzburger Pfleggerichte neben dem damali gen Bürgermeister der Stadt Salzburg, Älois Lergetporer. Angeführt vom Salzburger Erzblschof Gruber, folgt eine erstaunlich hohe Zahl von Geistlichen. Der Äbt von St. Peter, Älbert Nagenzaun, scheint mit einer großen Anzahl von Kapitelherren ebenso Im Verzeichnis auf wie eine Reihe von Landpfarrherren. Sie dür fen, wohl ebenso wie der Kreis von Privaten, als echte Förderer des Museumsgedankens angesehen werden, wobei allerdings bereits hier angemerkt sei, daß dieses Interesse bei vielen vom Anbeginn der Möglichkeit einer ei genständigen Salzburger Gründung gegolten haben mag. Zumindest der spätere Gründer des Salzburger Museums, der ,,SteueramtsControlor Vinzenz Süß zu Salzburg", aber auch Persönlichkeiten wie der Hof- und Ge richtsadvokat Dr. Aloys Fischer und die späte ren Gönner des Salzburger Museums, wie der Cafetier Tomaselll und der Verlags- und Drukkerelbesltzer Oberer, mögen mit solchen we nig realistisch erscheinenden Vorstellungen In den oberösterreichischen Museumsverein eingetreten sein. Mit Insgesamt mehr als 140 Mitgliedern war schließlich der kleine Land kreis Salzburg hervorragend vertreten. Fast ein Fünftel oder weit mehr als ein Sechstel der Mitglieder stellte Salzburg im ersten Berichts jahr von den insgesamt 773 angeführten Per sönlichkeiten. Erstaunlich Ist allerdings, daß diese rege Salzburger Beteiligung In den ge wählten Ausschüssen so gut wie keinen ge bührenden Niederschlag gefunden hatte. Im 25köpflgen Verwaltungsausschuß des Linzer Museums saß lediglich Albert Nagenzaun, der Abt von St. Peter. Linter den Ersatzmitglledern fehlte Salzburg gänzlich. Diese Benachteiligung der Salzburger In den Gremien des neuen Landesmuseums In Linz war mit Sicherheit nicht der Grund für die sich bald abzeichnende Spaltung des oberösterrelchen Museumsvereines. Der Kreis um Süß dürfte vielmehr dem Verein mit den Vorstel lungen und Hoffnungen beigetreten sein, daß sich mit seiner Hilfe und seinem Einverständ nis In Salzburg eine zweite, weltgehend unab hängige Museumsgründung verwirklichen lassen würde. Die treibende Kraft, die hinter dem Wunsch nach einer solchen unabhängi gen Institution stand, war zweifellos die durch die jüngsten historischen Ereignisse In Salz burg beflügelte Sorge über eine weitere Ab wanderung heimischen Kunst- und Kulturgu tes, das nach dem empfindlichen Aderlaß In der Zelt zwischen Säkularisation und Besitz übernahme durch Österreich nun auch noch nach Linz abzuwandern drohte. In den bürger lichen Kreisen Salzburgs, die sich um den Steueramtskontrollor Süß scharten, war man offensichtlich der eigenen Vergangenheit und ihren Zeugnissen gegenüber sehr sensibel geworden. Man war nach dem Verlust der Ei genständigkeit darauf bedacht, nicht auch noch die ohnedies dezimierte Zahl von Zeug nissen der Vergangenheit zu verlleren. So kann man begreifen, daß das unter den politi schen Gegebenhelten ohnedies großzügige Anerbieten zur Gründung einer historischen Sektion des oberösterreichischen Landesmu seums In Salzburg, das aber unter der Linzer Verwaltung stehen sollte, den Salzburgern unannehmbar sein mußte. Die von ihnen an gestrebte Eigengründung widersprach jedoch der politischen Situation und mußte seitens Oberösterreich als ,,Eingriff In die Rechte, welche einem Landesmuseum aus dem Ge setze zustehen" empfunden werden. Als ein ziger Ausweg aus dieser für Salzburg verfah renen Situation bot sich die Gründung eines städtischen Museums an, die der damalige Bürgermeister von Salzburg, Alois Lergetpo rer (1831-1848), nach Kräften förderte. Es entbehrt nicht ganz der Pikanterle, zu beob achten, wie Bürgermeister Lergetporer auf der einen Seite die Gründung eines Konkurrenz unternehmens unterstützte, auf der anderen Seite aber - genauso wie die Salzburger Pfle ger - von Amts wegen dem oberösterrelchlschen Musealverein als Mitglied weiterhin die Treue hielt. Daß Im Falle von Salzburg die Gründung eines städtischen Museums prak tisch als verkappte Gründung eines Landes museums angesehen werden mußte, geht nicht nur aus den von Süß angestrebten und klar formulierten Sammelzielen hervor, son dern auch daraus, daß Salzburgs Vergangen heit von besonders zentrallstischen Entwick lungstendenzen beherrscht gewesen Ist. Eine Trennung zwischen der kulturellen Entwick lung der Stadt Salzburg und des Landes Ist praktisch undurchführbar. De jure war die an gestrebte Neugründung In Salzburg zwar städtisches Museum und als solche rechtlich unanfechtbar, de facto aber erfüllte sie die Funktion eines den Salzburgern verbotenen Landesmuseums. Der Museumsgründer Ma ria Vinzenz Süß dazu:,, Es Ist der Liebe zu dem helmathllchen Lande gewiß nicht zu mißdeu ten, die es waget und versucht, alles dasjenige von dem, was zur Kenntniß unsers Landes führt, was der Zahn der Zelt und die vielen poli tischen Veränderungen der jüngsten Vergan genheit noch übrig gelassen, und was hie und da ungekannt und mit Gefahr bedroht dem Auge des Forschers und des Bewunderers verborgen liegt, und was uns Aufschluß und Belege liefert von Salzburgs ehemaliger Selb ständigkeit und Unabhängigkeit, von einstiger Pracht und Größe, von den Schicksalen und Ereignissen, Sitten und Gebräuchen unserer ruhmbewährten Vorzelt, wieder an den Tag zu rufen, zu sammeln, zu retten und zu schützen, um es/n der Mitte des Landes dem treuen An denken der Kunst und der Geschichte für Im mer zu bewahren." Wie zuwartend sich die Salzburger Mitglieder Im oberösterreichischen Musealverein von Anfang an verhielten, läßt sich an den Zu gangsberichten der ersten Linzer Jahrespubllkatlonen mit großer Deutlichkeit erkennen. Eine vielleicht befürchtete, dammbruchartige Abwanderung von Kulturgütern aus Salzburg nach Linz kam trotz der prominenten Salzbur ger Mitgliederschaft nicht zustande. Abgese hen von einigen Salzburger Münzen, von Schrifttum und naturhistorischen Merkwürdig kelten, die geistliche Naturliebhaber zur Ver fügung stellten, kam aus Salzburg nichts. Dammbruchartig hingegen war die mit der Salzburger Eigengründung anhebende Austrlttswelle, die In Ihrem vollen Ausmaß Im drit ten Jahresbericht des oberösterreichischen Musealvereines sichtbar und auch vornehm resignierend kommentiert wird: ,,Die Verhält nisse, welche den leider zahlreichen Aus tritts-Erklärungen zum Grunde lagen, lassen hier nicht wohl eine nähere Erörterung zu. Sie sind größtenthells bekannt, und von der Art, daß dieses Ergebniß vorausgesehen werden 11

m 4^ mußte. Jedenfalls ist es berutilgend, daß nicht Unzufriedenheit mit den Leistungen des Ver eines oder getäuschte Erwartungen die veran lassenden Ursachen waren." Prominente Salzburger Mitglieder, wie Erzbischof Gruber oder Fürst Schwarzenberg, scheinen in diesem Jahresbericht nicht mehr als Mitglieder auf. Und mit dem Ausscheiden des Abtes von St. Peter, Vorstandsmitgiied des Museums, war Salzburg auch in den oberösterreichischen Gremien nicht mehr ver treten. Joseph von Koch-Sternfeld soll belei digt aus dem Verein ausgeschieden sein, weii man übersehen hatte, ihn im ersten veröffent lichten Mitgliederverzeichnis aufzuführen. Als Mitglieder verblieben dem Verein neben eini gen Privaten lediglich die Vertreter öffentlicher Ämter, zu denen auch der Salzburger Bür germeister Lergetporer zu zählen ist. Sie blie ben dem Verein mindestens ebenso lange er halten, wie der Verein den Namen des HerLinks: Aspacher Altar, Christus lehrt im Tempel, um 1520, Inv.-Nr. SMCA 60/29.- Foto: Lichtbildstelle des Stadtmuseums Salzburg Rechts: Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865), Hallstatt, 01 auf Holz, 1839, Inv.-Nr. SMCA 50/78. - Foto: Lichtbildstelle des Stadtmuseums Salzburg zogtums Salzburg in seinem Titei zu führen berechtigt war, also bis zur Wiedergewinnung der politischen Seibständigkeit des ehemali gen Fürsterzbistums. Inzwischen konnte in Salzburg mit den be scheidenen Beständen, welche sich im Laufe derzeit im Besitz der Stadt angesammelt hat ten, an die Errichtung eines Museums gedacht werden, das zunächst in Form eines kleinen Zeughauses den Titel ,,Städtisches Arsenal" führte. Daß der Kreishauptmann Albert Graf Montecuccoli-Laderchi selbst dessen Eröff nung am 13. August 1835 vornahm, erweckt den Anschein, daß sich die Auseinanderset zungen um die Rechtmäßigkeit einer eigenen Museumsgründung unter der Schirmherr schaft der Stadt beruhigt hätten. Es lag wohl in erster Linie an dem großen Erfolg, den die pa triotischen Aufrufe des Museumsgründers zur Unterstützung des neugegründeten Museums erzielten, und die einer Linzer Außenstelle niemals beschieden gewesen wären, da mit einer soichen die Sicherheit des dauernden Verbleibens der Geschenke an das Museum nicht garantiert gewesen wäre, daß von Linz aus nochmais Bemühungen in Gang gesetzt wurden, das Museum in Saizburg zu unterbin den. Das rasche Anwachsen der Salzburger Sammlung zeigte zu deutlich auf, daß die be stehenden Rechtsansprüche auf eine Vertre tung des gesamten Verwaltungsgebietes ein schließlich des Landkreises Salzburg durch die Konkurrenzgründung unterlaufen wurden und somit zu Ansprüchen wurden, die hinsichtiich des Raumes Salzburg lediglich auf dem Papier existierten. Gönner, wie der Verieger und Besitzer einer Litographieranstalt Oberer, die im Gründungsjahr Mitglieder des oberösterreichischen Musealvereines waren und dort nicht unter den Geschenkgebern zu finden sind, hatten das, was sie offensichtlich 12

SÄ ZU geben hatten, dem Landesmuseum zu ge ben versagt. Den intensiven Bemühungen des in Saizburg ansässigen Tiroier Advokaten Dr. Aioys Fi scher ist es in erster Linie zu verdanken, daß die Unstimmigkeiten zwischen Linz und Salz burg schiießiich zugunsten Salzburgs beige legt werden konnten, und damit einem weite ren gedeihlichen Wachsen des bereits 1836 als ,.Städtisches Museum" geführten Institu tes nichts mehr im Wege stand. Während die Landstände bereits mehrmals in Wien vergeb lich versucht hatten, die Eigenständigkeit des Landes zurückzugewinnen, war mit der Kon solidierung des Städtischen Museums ein er ster bescheidener, aber nicht unwichtiger Schritt in Richtung dieser Eigenständigkeit gesetzt worden. Die Verdienste, die sich die Stadt Salzburg dabei um die Erhaltung der Zeugnisse einer reichen kulturgeschichtlichen Vergangenheit im eigenen Land erworben hat. sind nicht nur einer Würdigung in der Mu seumsgeschichte wert, sondern auch in dem Kapitel der Salzburger Landesgeschichte, das sich mit dem Werden eines eigenständigen Kronlandes beschäftigt. Bereits zum Zeitpunkt der Rückgewinnung seiner Selbständigkeit hätte das Land Gelegenheit zu einer solchen Würdigung gehabt. Statt einer Erhebung des städtischen Museums in den Rang eines Lan desmuseums aber blieb das Museum weiter hin städtisch, erfüllte aber nach wie vor die Aufgaben eines Landesmuseums im Sinne der Vorstellungen seines Gründers Süß. Die Beiträge der Landesregierung zum Unterhalt und zur Vermehrung der Sammlungen blieben mehr als bescheiden. Erst die jüngste Ver gangenheit sollte in diesem Punkt eine ein schneidende Veränderung bringen, die durch ein in der Museumsgeschichte tristes Ereignis ausgelöst wurde: Der Verlauf des Zweiten Weltkrieges gab Anlaß, das Museum zu räu men und die wichtigsten Sammlungsbestände nach 16 verschiedenen Bergungsorten im Lande zu verbringen. Diese Maßnahme wurde unter schwierigen Umständen in allerletzter Minute getroffen, unmittelbar bevor das histo rische Museumsgebäude den alliierten Bom benangriffen zum Opfer fiel. So konnte wenig stens der größte Teil der Bestände gerettet werden. Allerdings erlitt die im Wolf-DietrichStoilen des Salzbergwerkes am Dürrnberg bei Hallein eingelagerte Sammlung von Münzen und Medaillen empfindliche Einbußen. Durch Diebstahl In der unmittelbaren Nachkriegszeit verschwanden alle Münzen und Medaillen aus Gold sowie wertvolle Sllbergepräge. Die mit dem Verlust des Hauses, den darauffolgen den mehrfachen Übersiedlungen, provisori schen Um- und Einlagerungen, der fast un durchführbaren Überprüfung der verbliebenen Sammlungsobjekte, der Bergung einer weite ren Zahl von unter den Bombenschutt gerate13

ner Objekte und der Neuordnung der Samm lungen verbundene Arbeit forderte von der Nachkriegsgeneration des Museumsperso nais äußerste Anstrengungen unter ungünsti gen Bedingungen. Ein Neubau, der Erieichterung gebracht hätte, ließ auf sich warten. Langwierige Diskussion über den optimalen neuen Standort, aber auch die Finanzierungsfrage des Museums insge samt verzögerten den Baubeginn. Ais außer ordentlicher Gewinn für das Museum ist in dessen die Begründung einer ,,Verwaitungsgemeinschaft Museum" zu verzeichnen, in der sich Stadt und Land Salzburg gemeinsam verpflichteten, die Kosten des Museums je zur Hälfte zu tragen. In dieser, in der Geschichte der österreichischen Museen einmaligen Kosteiiation, erfüllte sich die Wunschvorsteiiung des Museumsgründers, daß seine Gründung in der „Liebe zum heimathiichen Lande" das gesamte historische Salzburg zum Ziele ha ben möge. Im Gegensatz zu manchen Bun desländern, in denen nachträglich gegründete Museen der Städte zur Unterscheidung zwi schen einer kulturgeschichtlichen Vergan genheit von Stadt und von Land herausfor dern, hat Salzburg mit seinem Museum die Form gefunden, in der am besten die Verbun denheit zwischen alter Residenzstadt und dem von ihr aus geführten Land anschaulich werden kann. Das bestehende Haus, das 1967 als Ausdruck der gemeinsamen Bestrebungen von Stadt und Land eröffnet werden konnte, hatte von Anfang an den großen Mangel, daß es den räumlichen Erfordernissen nicht gerecht zu werden vermochte. Die Politiker, weichen die ser Neubau zu verdanken ist, haben deshalb schon damals eine auf einen späteren Ausbau ausgerichtete Planung in die Wege geleitet. Heute, am Vorabend des 150. Geburtstages des Museums, der dem des Oberösterreichi schen Landesmuseums unmittelbar folgt, sind die rechtlichen Grundlagen zu einem solchen Ausbau so gut wie gesichert. Die wirtschaftli che Entwickiung unserer Zeit aber setzt vor derhand ein banges Fragezeichen hinter die Finanzierbarkeit dieses für eine weitere ge deihliche Entwicklung des Museums höchst vordringliche Vorhaben. Zu den Abbildungen: Als Regionalmuseum Ist das Salzburger Museum bestrebt, sich in sei ner Sammeltätigkeit an den historisch vorge gebenen Raum des ehemaligen Ertstifts zu halten. Wie aber auch der historische Raum Wandlungen unterlag und die Wechselwirksamkelt der nachbarlichen Beeinflussung eine natürliche Gegebenheit darstellt, so sind ebenso die Sammlungsbestände regionalen Randunschärfen unterworfen. Kunst- und kul turgeschichtliche Grenzüberschreitungen sind deshalb Immer und überall möglich, sie sind aber in den seltensten Fällen vorsätzlich. Sie ergeben sich meist über das Potential von Schenkungen. So hat die Vernachlässigung der historisch engmaschigen Grenzziehungen in Europa einen amerikanischen Stifter (die Max Kade Foundation, New York) dazu ge führt, Waldmüllers ,,Ansicht einer Parthie von Hallstatt" an das geographisch nahe gelegene Salzburger Museum zu schenken. Welche Gründe dazu bewegen haben, den Aspacher Altar nach Salzburg zu stiften, läßt sich heute nicht mehr nachvollziehen. 2 neue Bücher von lokaler Bedeutung HERBERT JUNGER Ein Künstler sieht LINZ 30 Zeichnungen - einseitig mit Passepartout auf Aquarellkarton ge druckt - Format 29 x 42 cm, 5 Seiten einführender Text von Carl Hans Watzinger, Linsen gebunden S 480,- Linz ist keine leichte Aufgabe für einen Künstler, der in einzelnen, individualistischen Zeichnungen einen Gesamteindruck erzielen will, wie er sowohl einem alten wie neuen Linz genügt. Herbert Junger ist mit seinen Zeichnungen ein Eigener geworden, dessen Handschrift sich von der anderer Künstler dieses Genres sichtlich ab setzt. Dabei bleibt er bei aller Freiheit der Anschauung seiner Objekte gegenständlich und sehr ausdrucksstark». t»v* ANGELA MOHR - DlC Schutzmantelmadonna von Frauenstein in OÖ. Die SchutzmantelMadonna von Granenstein Eine kunstgeschichtliche Betrachtung - III Seiten, mit 38 Abb., Leinen S 180,- Angela Mohr hat noch im reiferen Alter ein Studium für Kunstgeschichte und klassische Archäologie an der Universität Salzburg begonnen und abgeschlossen. Während dieser Zeit fand sie das besondere Interesse an der Schutzmantelmadonna von Frauenstein, mit der sie sich einige Jahre beschäftigte. Frau Mohr geht in ihrem Buch im Zuge der Aus einandersetzung mit der Frauensteiner Madonna aber auch auf die Entstehungs- und Verbreitungsgeschichte des im Mittelalter sehr beliebten Schutzmantelbildes ein. W. ENNSTHALER-VERLAG • 4400 STEYR 14

Das oberösterreichische Landesmuseu ein Kunstdenkmai des späten Historismus Beiträge zur Geschichte seiner Bauplastik Bernhard Proklsch Im Rahmen des Kunstschaffens des 19. Jahr hunderts in Oberösterreich nimmt der Bau des Museums Francisco-Carolinum in Linz in mehrfacher Hinsicht eine hervorragende Stel lung ein. Es sind vor allem Umfang und Inten tion des Baues, die eine Monumentalarchitek tur von hohem repräsentativem - und Im Sinne der Zeit damit selbstverständlich auch künst lerischem - Anspruch forderten und schließ lich allen Widerständen und Schwierigkeiten zum Trotz auch verwirklichten. Demgemäß muß sich die oberösterreichische Historis musforschung mit diesem Bau in besonderem Maße beschäftigen, wobei der Auseinander setzung mit architekturhistorischen Fragen^ an dieser Stelle einige Anmerkungen zur bil denden Kunst Im Rahmen des historistischen ,.Gesamtkunstwerkes" Museum folgen sollen. Dies fordert umso mehr Aufmerksamkeit, als am vorliegenden Baudenkmal Malerei und Plastik sowohl das Erscheinungsbild des Kunstwerkes als auch die Sichtbarmachung inhaltlicher Ansprüche wesentlich mitbestim men. Nach einer längeren Planungsgeschichte be gann mit der Jahreswende 1882/83 die Ver wirklichung eines neuen Museums greifbare Formen anzunehmen. Ein Baukomitee über nahm alle Agenden und bereitete eine groß angelegte Baukonkurrenz vor, aus der als Sieger der junge, zu dieser Zeit in Düsseldorf tätige Architekt Bruno Schmitz (1856-1916) hervorging. Die von ihm zur Konkurrenz ein gesandte Serie von Entwurfszeichnungen verrät die hohe malerische Qualität der Hand des auch als Maler ausgebildeten Architekten und zeigt zugleich den Anspruch auf dekorati ves Pathos und einen hohen Grad an Monu mentalität, der der,,Bedeutung" des Bauwer kes als Zentrum der geistigen Kräfte des Kron landes, als Stätte von Wissenschaft und Kunst adäquaten Ausdruck verleiht. Mit dieser KonOberösterreichisches Landesmuseum (Museum Francisco Carolinum), Mitte der Nordfassade mit allegorischen Reliefs und Figuren, links: die Kunst, rechts: die Wissenschaft, Arbeitsbeginn 1885 nach dem Entwurf von Melchior Zur Stressen durch Rudolf von Cöiien zeption, die in der Folge einen Ausgangspunkt der Betrachtungen bilden wird, stand Schmitz im Gegensatz zur Mehrzahl der Konkurrenz projekte. Es muß als Verdienst und zugleich als Beweis des künstlerischen Qualitätsgefüh les der Mitglieder des Baukomitees angese hen werden, daß man diesen Entwurf gegen den massiven Widerstand der,,Fachleute" im Lande durchsetzte und damit dem Außerge wöhnlichen den Vorzug vor dem Durchschnitt lichen gab. Bereits diese Erstentwürfe, die fast unverändert zur Ausführung bestimmt wur den, legen die Gestaltungsprinzipien Bruno Schmitz' sowohl in Hinsicht auf das rein Archi tektonische, als auch auf das Verhältnis von Bau und bildnerischer Ausstattung fest. Der hoflose Zentralbau mit deutlich vortretendem Mittelrisalit an der Hauptfassade gegen die Museumstraße und ähnlich gestalteten Eckri saliten an den Seitenfassaden gegen Fadin ger- bzw. Elisabethstraße ist horizontal in Zo nen geteilt: über dem kräftig rustizierten Sokkelgeschoß erhebt sich das Hauptgeschoß, das durch die architektonische Gliederung im Sinne einer „Belleetage" hervorgehoben wird. E II MUSEUM FRANCISCO - CAROUNUM s i % :*3R 15

3^ Über seinem stark schattenden Abschlußge sims läuft um alle drei zur Ansicht bestimmten Fassaden ein Rellefband, das-nur an den Risaiiten von Fenstergruppen durchbrochen - das zweite Obergeschoß den Augen des Be trachters entzieht; technisch ist dies durch die Verwendung von Oberlicht für die Aussteliungssäle des Obergeschosses bedingt, wäh rend die künstlerische Intention zweifelsohne auf eine Reduzierung der Geschosse als Ele ment der Nobilitlerung, wie dies in der Profan architektur insbesondere des 19. Jahrhun derts immer wieder auftritt, abzielt. Mit der kontinuieriichen Steigerung der Fassadende koration von unten nach oben entsteht eine Art „Kopflastigkeit" des gesamten Baues - ein in dieser Zeit oft zu beobachtendes Phänomen -, die dem Fries die Funktion eines krönenden Abschlusses verleiht; diese außerordentliche Bedeutung der Piastik für die Gesamtwirkung war Schmitz bewußt, steht doch die Beschäfti gung mit dem Entwurf des Frieses ein Haupt anliegen des Architekten dar, eine Tatsache, die nicht unbeträchtlich an den Auseinander setzungen der folgenden Jahre mitbeteiligt war. Die Serie von Konkurrenzentwürfen enthieit auch einen Längenschnitt des Gebäudes, der zeigt, wie sehr Schmitz auch im Inneren auf ein Zusammenwirken der Kunstgattungen be dacht war. Für die Nischen an den Seiten des Links: Bruno Schmitz (1856-1916), Entwurf für die 2. Baukonkurrenz (Westfassade des Hauses), bezeichnet: Düsseldorf im Mai 1883, entw. u. gez. Bruno Schmitz, Federzeichnung mit Wasserfarben laviert. Darunter: Querschnitt des Hauses, bezeichnet: Düsseldorf im Mai 1883, entw. u. gez. Bruno Schmitz, Federzeichnung mit Wasserfarben laviert .#S. -/?? Rechts: Architekt Hermann Krackowizer mit Bildhauer Rudolf Cöllen und seinen Arbeitern, Photographie 1885/86 16

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