Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Ich erinnere mich noch mit Schaudern an eine Einkehr in ein „neurenoviertes" altes Wirts haus mitten im tiefsten Landl: die einst heime lige, lichtarme Stube war einem zwar hellen, aber gesichtslosen Gastraum gewichen, und auf der Speisenkarte prangte der ,,Stramme Max" neben ,,Rührei" und ,,Eisbein". Doch diese Kinderkrankheiten sind zum Glück längst überwunden. Heute weiß man sich auf Übernommenes zu besinnen und verwöhnt den Gast mit Spezialitäten aus dem Land, ser viert in gemütlichen, das Bodenständige wah renden Wirtsstuben. Man legt Wert auf Indivi dualität, und das nicht nur in der Einrichtung, sondern auch was die leiblichen Genüsse be trifft. Dabei denkt der Oberösterreicher in er ster Linie an Knödel. Freilich, es gibt solche auch in anderen Ländern, aber bei uns hat sich eine eigene Knödelkultur entwickelt. Da wäre zunächst der in ziemlich allen Landesteilen übliche ,,G'hackknödel" zu nennen, dessen würzige Fülle - wie schon der Name sagt - gehackt und nicht wie beim Hascheeknödel faschiert wird. Zum ,,G'hackknödel" gesellen sich der ,,Grammel- und der Speckknödel". Alle drei sind für gewöhnlich mit Erdäpfelteig umhüllt und werden mit Sauerkraut kredenzt. Eine Besonderheit ist der gebackene Speck knödel, der gegen Ende der Backzeit mit Eier rahm Übergossen werden muß. In manchen Gasthäusern bietet man eine ,,Mühlviertier Knödelplatte" an, die aus je einem Exemplar der Knödeltroika besteht. Eine Klasse für sich bilden die Sonderformen der obderennsischen Knödel: Im Hausruck gibt's die herrlichen Bratknödel, umhüllt von einem Nudelteig, im Kobernaußen und im öst lichen Innviertel tischt man die Kübelspeck knödel auf. Der dazu nötige Kübel- oder Sur speck ist eine Spezialität von unnachahmli cher Zartheit und Würze und ergibt, in kleinste Würfel geschnitten, zusammen mit Pfeffer und viel Schnittlauch oder Petersilie die Fülle für die appetitlichen Knöderl, die früher aus roggenem Nudelteig, heute zumeist aus Brand teig oder Erdäpfelteig geformt werden. Frei lich, nährstoffreich sind sie schon, die Kübelspeckknödei, aber sicherlich eine Sünde wider die Kalorientabelle wert! Doch die heimische Knödeisymphonie kennt noch viele Akzente: Im Mondseeland bereitet man aus Strudelteig die ,,Z'sammglegten Knödel", im Mühlviertel tischt man den roggenen Mehlknödei als vollkommene Ergänzung zum würzigen Geselchten auf, dazu kommen noch die Erdäpfelknödel, die Schwemmknö del, die Grieß- und Selchgrießknödel und nicht zuletzt die ,,Wasserhenn", die weder mit Was ser noch mit einer Henne etwas zu tun hat. Sie ist eine in der Rein gebackene Semmelknödeimasse und im Saizkammergut beheimatet. Die Knödelleidenschaft des Oberösterrei chers erstreckt sich darüber hinaus auf Sup penknödel und auf süße Knödel wie Marillen-, Zwetschken-, Topfen- und gebackene Apfel knödel. Der geneigte Leser möge nun nicht den fal schen Eindruck gewinnen, wir Oberösterrei cher hätten auf kulinarischem Gebiet nur Knö del im Sinn. Weit gefehlt! Unser Herz schlägt noch für ein breites Spektrum an Spezialitä ten, etwa für diverse Strudel, als da sind Fleisch- oder Lungenstrudel in der Suppe, Ap fel-, Topfen- oder Milirahmstrudel als warme Mehlspeis. Ja, und nicht zu vergessen das Schmalzgebackene! Es war früher den Fest tagen und den Tagen der schweren Arbeit wie Mahd, Ernte und Drusch vorbehalten und wurde ungezuckert zum Kraut gegessen. Heute werden die ausgezogenen ,,Schmalz nudeln" Bauernkrapfen genannt und gezukkert genossen. Freilich, als Schonkost kann man die verschiedenen Krapfen, die Strau ben, Schneeballen, Handstitzeln, Wetzsteine und Hasenöhrl gerade nicht bezeichnen, aber der Kenner nimmt gern einen oder zwei Fast tage in Kauf, um dafür so richtig in den schwimmend in Fett gebackenen Köstlichkei ten zu schlemmen. Es ist unmöglich, alle Spielarten der wieder zu Ehren gekommenen oberösterreichischen Hausmannskost von den in Sauerkraut gebet teten Saumoasen über Blunzen und Leberschedl, Rohrnudeln und Holzknechtnocken, Radikrapfen und Butterstangl aufzuzählen. Eines jedoch muß festgehalten werden, und das sind die erfreulichen Bestrebungen, das Angebot durch neue Erfindungen, basierend auf Althergebrachtem, zu erweitern. Eine Pio niertat setzte vor Jahren die Stadt Steyr, die einen Rezeptwettbewerb ausschrieb, der überraschend viele und überaus köstliche Er gebnisse hervorbrachte. Etliche davon sind zu Dauerbrennern auf den Speisenkarten der Steyrer Gaststätten geworden, etwa der FlöEine Kaffeejause in der Konditorei Zauner gehört zum Pflichtprogramm eines Aufenthaltes In Bad Ischl. - Foto: H. G. Prillinger *

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