Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Bücherecke Neue Rosenheimer Raritäten Hans Peter Defregger: Defregger (1835-1921). - Rosenheim: Rosenheimer Veriagshaus 1983, 396 Seiten, 110 Färb- u. 127 SchwarzweiB-Tafeln, 120 Seiten Werkverzeichnis mit 1035 Abb. v. Gemäl den, Format 24,5 x 32,5 cm, Leinen mit Schuber, Ladenpreis S 1140.-. Mit der Herausgabe dieser umfangreichen, großzü gig ausgestatteten Künstiermonograptiie tiat das Rosenheimer Verlagshaus in seinem Buchschaffen einen Höhepunkt erreicht, der lange nachwirken wird. Als Autor konnte Alfred Förg, Inhaber des Ver lages und Urheber der Buchidee,, Rosenheimer Ra ritäten", Hans Peter Defregger, einen Enkel des Künstlers gewinnen. Bei der Buchpräsentation am 10. März 1983 und der am gleichen Tag erfolgten Eröffnung einer Defregger-Aussteilung in der Städ tischen Galerie von Rosenheim äußerte dieser be scheiden, daß er kein Kunsthistoriker sei. Gerade diese Distanz zur Fachwissenschaft befähigte ihn. In Unbekümmertheit einen wertvollen Text zu ver fassen und eine eindrucksvolle Biidauswahi zu tref fen. Dem Werbetext des Verlages ist voll und ganz zuzustimmen: ,,in diesem Kunstbiidband wurde erstmals das Gesamtwerk Franz von Defreggers, des bedeutendsten Historienmalers und Porträtisten des bayerisch-tiroiischen Raumes im 19. Jahr hundert, dem gegenwärtigen Forschungsstand ent sprechend vollständig erfaßt." In SOjähriger Sammeiarbeit schuf Hans Peter Def regger im Münchner Atelier seines Großvaters, das heute noch unverändert besteht, ein umfassendes Defregger-Archiv. Zielsetzung war eine möglichst genaue Dokumentation der Biographie und des ge samten Werkschaffens des Künstlers. Dieses rei che Queilenmateriai konnte er nun in Buchform auswerten. Der Leser erfährt in ungekünstelter Dar stellung die Lebensgeschichte eines begabten Osttiroier Bergbauernsohnes, dem im historischen Rückblick wohl eine ,,Traumkarriere" bestätigt wer den muß, dessen Lebensweg jedoch mühsam war. Nur ein unbeugsamer Lebenswille hat ihn zur Höhe geführt. Sein legendärer Aufstieg ist ihm nicht ge schenkt worden. Geboren wurde Franz Defregger am 30. April 1835 In der Osttiroier Gemeinde Dölsach im oberen Pu stertal, am Fuß des iseisberges. Bereits im Kindes alter verlor er die Mutter, mit 23 Jahren mußte er den väterlichen Hof übernehmen. Bildnerische Bega bung meldete sich früh an. Am 11. April 1860 verließ er die Heimat. Sein Entschluß, Künstler zu werden, war ihm eisernes Lebensgebot. Das sagt sich heute leicht. Man bedenke jedoch den Mut, der für einen derartigen Entschluß zur damaligen Zeit notwendig war. Die nächsten Lebensstationen waren Innsbruck und sehr bald München. Mit zähem Willen ertrotzte er sich die Aufnahme in die Maikiasse von Karl von Piloty, einem Malerfürsten dieser Zeit in der Isarme tropole. Erst im 31. Lebensjahr erreichte er dieses Wunschziei. Die Zwischenzeit nützte er zu einem Parisaufenthait und zu einer Flucht in die Berge mit fleißigem Selbststudium in einer Aimhütte des Großvenedigergebietes. Ein Jahr nach seiner Auf nahme in die Maikiasse Piloty begann seine steile Künstierkarriere mit dem Genrebild ,,Der venwundete Jäger", im gleichen Jahr schuf er sein erstes großes Historienbild ,,Speckbacher und sein Sohn Anderl", 1872 folgte ,,Das letzte Aufgebot", das die kaiserlichen Sammlungen in Wien erwarben, worauf die Natlonaigaierie in Berlin die ,,Heimkehr der Sie ger" bestellte. Defregger war nun selbst ein Maierfürst. Der Bergbauernsohn stand in den siebziger Jahren des 19. Jahrhunderts in der Blüte seines Le bens. Eine schwere Erkrankung, die ihn fast zum Krüppel gemacht hätte, zwang er wieder mit eigener Kraft nieder, in dieser Zeit hatte er allerdings auch sein eigenes Familienglück gefunden. Seine Gattin Anna, geborene Müller, wird sein Schutzengel. Die Liebe zu ihr und seinen Kindern hat er in vielen Bil dern festgehalten. Leider verlor er seine Frau früh im Jahr 1902. Es beginnt nun seine Vereinsamung. Am 2. Jänner 1921 findet seine Lebensbahn im 86. Le bensjahr ihr Ende. Hans Peter Defregger erzählt jedoch nicht nur eine Familiengeschichte, er vermittelt auch eine kritische Wertung des künstlerischen Lebenswerkes seines Großvaters. So urteilt er bei Schilderung seiner bei den bedeutendsten Historienbilder: ,,Es ist bezeich nend, daß er sich dem Krieg nicht in dessen ent scheidenden, sondern dessen menschlich bewe gendsten Phasen genähert hat, nämlich bei Auszug und Rückkehr!" Er weist auf die wichtige Unter scheidung von ,,Auftragskunst" und,,freier Malerei" hin, die dem Künstler persönliches Anliegen und Vergnügen war. Er führt uns vor allem zur großarti gen Porträtkunst seines Großvaters hin, in der die sem die Darstellung eines unvergänglichen Men schenbildes mit der,, Bedeutung der Augen" gelang. Und er stellt fest, daß Defregger, ,in seiner Kunst ein Einzelgänger war und ist". Diese vorzügliche Wer tung und Einordnung schließt er wie folgt ab: ,,Mag auch der Geschmack der Kunstkritik über das Werk Defreggers hinweggegangen sein, so ist dieser doch stets ein im besten Sinne voikstümiicher Künstler geblieben, inzwischen freilich hat die bil dende Kunst des späten 19. Jahrhunderts auch in der offiziellen Kunstwelt wieder an Ansehen gewon nen, wie an einer Vielzahl von Aussteilungen und steigenden Sammierpreisen abzulesen ist." Wesentlich für die Wirkung eines Kunstbandes ist sein Bildteii. Gelten die ,,Rosenheimer Raritäten" bereits seit langem als ein Quaiitätsbegriff in der deutschsprachigen Veriagslandschaft, so kann das Defregger-Buch geradezu als ein Paradebeispiel bemühter Herstellung bezeichnet werden. Beste Biidwiedergabe ist verbunden mit ilebevoiier Biid auswahi. In diesem ,,Defregger-Museum" finden wir alle bekannten Standardwerke des Künstlers, ge winnen darüber hinaus ein völlig neues DefreggerBild. Was im Text angeführt erscheint: ,,auf der an deren Seite kommt in jenen Bildern, die nicht zum Verkauf bestimmt sind, die er für sich oder die ei gene Familie malt, sein ganzes Können zum Vor schein", erfährt im Abbiidungsteii eine überzeu gende Bestätigung. - Die Augen seiner Menschen, die Sittenbilder aus seiner Bergheimat, bisher unbe kannte Landschaften, die Porträts seiner Frau, sei ner Kinder, seiner Freunde, das sind optische Er lebnisse von seltener Schönheit und Innigkeit. Besonderes Lob verdient auch das mit Akribie zu sammengestellte Werkverzeichnis. Mit ihm wird der Kunstwissenschaft ein wertvoller Dienst erwiesen. Noch ein Gesichtspunkt verdient Erwähnung. Trotz seiner Popularität ist Franz von Defregger auch von der Kunstwissenschaft seiner Geburtsheimat bisher eher stiefmütterlich behandelt worden. Die einzige namhaftere österreichische Defregger-Monographie gab 1940 der Innsbrucker Kunsthistoriker H. Hammer heraus. 1935, zum 100. Geburtstag des Malers, Ist in den ,,Innsbrucker Nachrichten" ledig lich der Artikel ,,Ein Tiroler Maler als Herold der Heimat" erschienen. Alfred Förg aus Rosenheim Ist es nun gelungen, mit seinem Defregger-Buch und der von ihm angeregten Defregger-Aussteilung die sem liebenswerten Tiroler endgültig einen Ehren platz Im österreichischen und deutschen Kunstbe wußtsein zu sichern. O. Wutzei DinyZijp: Omas Häkelgeheimnisse 1. 60 Häkeimuster aus aiter Zeit. Aus dem Hoiiändischen von Ma rie Helene Goemans-Paimen. - Rosenheim: Ro senheimer Veriagshaus 1983, 96 Seiten, 60 meist ganzseitige Fotos von fertigen Arbeiten mit jeweils gegenübergestellter Anleitung, Format 19,5 X 23 cm, laminierter Pappband, Ladenpreis S 226.50. Streß ist zu einem Modewort unserer Zeit geworden. Es bedeutet Spannung - Beanspruchung - Druck. Streß ist gesund und notwendig, wenn der entspre chende Ausgleich dazu vorhanden ist. Ich kenne keinen entspannenderen und schöneren Ausgleich als handarbeiten. Immer mehr Frauen und Mädchen - und nicht nur Frauen und Mädchen, Ich kenne auch strickende, häkelnde und stickende Männerhandarbeiten wieder, (inzwischen ist Handarbeit auch in den Schulen ein Unterrichtsfach für Buben geworden.) Wer denkt dabei nicht an die kunstvollen, wunder schönen Decken, Deckchen, Spitzen und Vorhän ge, die unsere Groß- und Urgroßmütter geschaffen haben? Der Rosenheimer Verlag hat es sich zu ei ner seiner Aufgaben gemacht, die alten Muster zu sammein und In eine leicht nachzuarbeitende Schrift zu übersetzen. Eines der neuesten Handarbeitsbü cher ,,Omas Häkeigeheimnisse" Ist soeben er schienen. 60 brillant bebilderte und mit genauen Arbeitsanlei tung versehene Häkeivoriagen sind in diesem Buch zu finden. Wer möchte nicht beim Betrachten dieser teilweise filigranen Häkelarbeiten sofort eine Nadel zur Hand nehmen, um nachzuarbeiten? Aber nicht nur für Profis ist das Buch gedacht. Anhand ei ner leichtfaßlichen Anleitung werden Anfänger in diese Kunst praktisch eingeführt und vielleicht auch zu eigener schöpferischer Arbeit angeregt. Worüber ich auch einmal etwas lesen möchte: Wo liegen die Ursprünge des Häkeins und Strickens? Es gibt kaum Literatur darüber. Vielleicht im näch sten Rosenheimer Handarbeitsbuch? H. Sch. Ginnie Thompson: Audubons Vogelmotive in Kreuzstich. - Rosenheim: Rosenheimer Veriags haus, 1983, 96 Seiten, 19 Farbtafein, 27 Stickmustertafein, 28 Zeichnungen, Ladenpreis S 302.50. Auch in seinen Handarbeits-Sachbüchern sorgt das Rosenheimer Veriagshaus Alfred Förg ständig für Entdeckungen. In diesem Fall wird ein 1982 er schienenes Werk dem deutschen Publikum in vor züglicher Ausstattung bekannt gemacht. Darin fin den wir einige besonders schöne Beispiele des amerikanischen Vogeimalers John Audubon (1780-1851) aus dessen vierbändigem Kupfer stichwerk ,,Die Vögel Amerikas", das 1827 bis 1838 77

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