Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Kunst der Gegenwart Meditationsraum geworden zum Ttiema der Jungfrau und Gottesmutter Maria. Wer die Kapelie durch den Haupteingang unter dem Auge Gottes betritt, steht zunächst unter dem Verkündigungsfries. Im Advent stelit die Kir che im Hochfest des 8. Dezember die neue, ohne Erbsünde empfangene Eva vor. Maria spricht zu ihrer Erwählung ihr einfaches gro ßes: ,,Mir geschehe, was du gesagt hast." Die ,,Kraft des Höchsten" ist im Symbol derTaube in dieser Darsteilung des Zentrums, auch die Ein- und Ausgehenden aus diesem Räume treffend. Auf der linken Wand erscheint Josefs Traum, seine „Verkündigung": Maria, die Mutter des Eriösers, steht schon im Glänze der Erlösung; nach der Botschaft des Engels sieht Josef mit ehrfürchtigem Glauben das Geheimnis der ihm anvertrauten Frau. Das ist der Inhalt des Evangeliums der Messe am Heiligen Abend. Wieviele Lobpreisungen der Lauretanischen Litanei sind in dem zentralen Wandbild dieser Kapelie enthalten: Mater Creatoris - ,,Das Wort ist Fleisch geworden", die Mutter Christi, die Mutter des Eriösers, die liebenswürdige Mutter ist in dem Glanz des zentralen Bildes festgehalten, deren Strahlen an den Lebens baum erinnern, aber auch an das Umfassen de, die ganze Welt Umarmende, wie es einst durch den Schutzmantel ausgedrückt wurde. Das helle Grün ist das neue Lebenssymbol des Göttlichen, das schon bei der Verkündi gung eine wesentliche Rolle spielt und hier im kindlichen Erlöser aufstrahlt. Auch das Bild des Morgensterns kann hier geschaut werden (Stelle Matutina), als Widerschein unseres Er iösers. Auf der Decke findet sich der Stern von Bethlehem, Blumen sind die Symbole der my stischen Rose, der Königin aller Menschen, nicht nur der Polen, die sie in Tschenstochau zu ihrer Königin gekrönt haben. Der Turm Da vids erscheint auf der Decke für Mariens Lob preisung, die der Ehre ihres göttlichen Sohnes als wahrer Gott und wahrer Mensch gilt. Maria ist hier aber auch als Königin der Engel darge stellt, die in den Raum hineinwirken. An der Seite der Sakramentsnische aber ist der Ort der Königin der Märtyrer: sie hält den toten Sohn im Arm. ER bleibt uns nahe, der da gesagt hat: „Wahrlich, ich komme bald!" Der heilige Adalbero, Sproß der Grafenfamilie von Wels-Lambach, Bischof von Würzburg und Gründer des Stiftes Lambach, wo er auch begraben ist, erscheint als Zeuge mit dem Bild der ersten Klosterkirche von Lambach über dem blauen Band des Traunflusses; der Chor der Jahrhunderte stimmt in dieses Lob ein für die Jungfrau und Gottesmutter im Morgentau einer neuen Menschheit, an der wir durch die Taufe Anteil haben. Zum Abschied nach dem Besuch des Jahres 1978 überreichte ich der Künstlerin die Schall platte und das Textbuch des Hymnus Akathistos in deutscher Sprache. Dabei handelt es sich um die schönste und volkstümlichste alier Hymnen, die in der östlichen Liturgie noch vollständig gesungen werden. Diese mariani sche Dichtung ist im 6. Jahrhundert im Konstantinopei Justinians entstanden und hat im frühen Mittelalter sehr stark auf die abendlän dische Dichtung eingewirkt. Bildliche Darstel lungen der 24 Strophen dieses Abecedariums im bulgarischen und rumänischen Raum (be sonders an den Außenwänden der berühmten Moldau-Klosterkirchen) sind in der Zusam menschau mit der deutschen Nachdichtung durch Eberhard Maria Zumbroich immer wie der gezeigt worden. Der Wunsch nach einer neuen bildnerischen Interpretation im Bereich der römischen Kirche sollte in Erfüllung gehen: In der Arbeit eines halben Jahres hat Teresa Stankiewicz in 24 Mischtechnikarbeiten auf Farbkarton den uralten Hymnus frei nach ihrer Meditation des Textes zur Bildaussage ge bracht. Bei der Tagung derSociete Internatio nale des Artistes Chretiens (SIAC) in Bergamo 1979 wurde diese Folge in einer Ausstellung mit großem Erfolg gezeigt, das italienische Fernsehen hat übrigens sofort eine Sendung über diese neuen Akathistos-Darstellungen gebracht. Noch dachte niemand daran, daß diese Bilder den Krakauer Dichter Marek Skwarnicki zu einer polnischen Version des Hymnus anregen sollten, die dann durch die Komponistin Irena Pfeifer vertont beim Deut schen Katholikentag 1982 in Düsseldorf als besonderer polnischer Beitrag zusammen mit der Projektion der Bilder von Teresa Stankie wicz, deren Originale inzwischen Papst Jo hannes Paul II. überreicht worden waren, zur Aufführung gelangte . .. Der Autor dieses Bei trages durfte diese Veranstaltung einbeglei ten. Das Entstehungsjahr des Hymnus brachte aber zugleich den Auftrag für die malerische Ausgestaltung der von den Architekten Diether und Herrad Spieihofer (Graz) und Sepp Hinger (Leoben) erbauten Hl. Geistkirche in Leoben-Lerchenfeld. In der Art einer ,,biblia pauperum" hat die Malerin das Wirken des Heiligen Geistes von der Schöpfung der Welt bis in unsere Tage in Seccotechnik dargestellt. Der Grazer Diözesanbischof hat der Künstle rin bei der Einweihung besonders für das Ge schenk ihrer persönlichen Glaubenserfahrung für dieses Gemeindezentrum gedankt. 1977 sah man den Zyklus ,,Lebensbaum" in der Galerie der Stadt Weis, später im Linzer Kulturzentrum Ursulinenhof und auch in Graz. Einen bleibenden Platz hat das Werk seit der Segnung und Eröffnung dieses kirchlichen Verwaltungszentrums am 24. April 1980 im Diözesanhaus Linz gefunden, wo es die Stirnwand des großen Vortragssaales gestal tet. Die Wirkung dieses monumentalen Zyklus aus 15 eng zusammengeordneten Bildern ist die einer modernen Ikonostase (Bilderwand in ei ner orthodoxen Kirche), aber doch auch wie der anders: Jedes Bild besteht für sich, hat seine Autonomie und bildet in dem großen thematischen Gesamtgefüge ein Ganzes. Mit ihrer leuchtenden und doch harmonischen Farbpalette schafft Teresa Stankiewicz in die ser Zusammenordnung die starke Mitte durch die Kreisform der Vollkommenheit, gewisser maßen als Lebenszentrum, man könnte auch an das Makrobiid einer Zelle denken. Gehen wir von dieser Mitte aus: Darüber das erste Menschenpaar im weiten Raum als Symbol der irdischen Liebe, darunter die Weit der Zivi lisation und der Industrie, die sich der Mensch erbaut hat und in der er sich verliert. Das Bild ganz unten zeigt den toten Menschen in der Verwandlung zum ewigen Sein, das wieder die weiße Fläche darstellt, wie das Himmels symbol ganz oben mit den Regenbogenfar ben. Im Querbalken dieses ,,Baumes" spielt das Leben auf dieser Weit, dem die schmalrechteckigen Bilder von Mann und Frau lie gend und stehend zugeordnet sind. Zu beiden Seiten der Lebensmitte die Fülle der Natur in einem bunten Strauß rechts, auf der linken Seite als Gegenweit Technik und Wissen schaft. Danach schließt sich links als Kontra punkt ein Liebesgarten an, rechts nach dem bunten Strauß des Lebens ein Bild, das die Aufwärtsbewegung der Meditation bedeutet. Die Bilder ganz außen sind ,,allen Heiligen" gewidmet, ein Thema, das die Künstlerin nie auf die kanonisierten Heiligen beschränkt hat. Natürlich könnte man diese Bilder auch sehr gut getrennt voneinander jedes für sich be trachten im Doppeisinn des Wortes. Aber der Lebensbaum schließt alle diese ,,Betrachtun gen" zusammen zur großen Einheit in Fülle. In den Jahren 1980 und 1981 wurden Planung und Ausführung der Umgestaltung der Kapeile des Bildungshauses der Marianisten auf dem Greisinghof (Misteiberg) zwischen Pregarten und Tragwein verwirklicht. Seit 1904 war die ses Haus im Besitz des Ordens, es wurde, den Notzeiten dieses Jahrhunderts entsprechend, in Etappen langsam ausgebaut bis zur Errich tung einer Hauskirche, deren Bauzeit immer hin von 1954 bis 1957 währte. Zwanzig Jahre später wurde das Haus für die neue Verwen dung als Bildungszentrum durch Innenarchi tekt Friedrich Diesenreiter aus Weitersfelden neu adaptiert, Weihbischof Dr. Alois Wagner konnte am 22. Mai 1977 die Einweihung vor nehmen. Für die Diözese Linz hat dieses Kurszentrum den Rang eines regionalen Bil dungshauses gewonnen, das geistig und ma teriell gestützt werden muß. 73

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