Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Kunst der Gegenwart Entwurf für die Herz-Jesu-KIrcfie In Züricti-Oerllkon 0 sagender Bau, der durch die Wandmalereien und die Fenstergestaltungen durch Teresa Stankiewicz entschieden neue Kraft gewann. Erstaunlich war die Wirkung dieser Kirchen besuche auf die Teilnehmer meiner Studien reisen: Sie erkannten in dieser schlicht und monumental wirkenden Ausdrucksweise die Aussage eines religiös empfindenden Men schen. Diese Wirkungen waren in mir gegen wärtig, als ich damals in Ihrem Kirchenraum stand und plötzlich an diese Art von maleri scher Neugestaltung von Kirchen dachte, die weder im schweizerischen noch im österrei chischen Raum bisher öfter angewendet wur de. Man beschränkte sich bei unserer Neuordnung meistens auf die Gestaltung der Fenster, deren Abstraktionen den Räumen eine festliche Stimmung und im besten Fall transzendentale Ahnung verliehen. Herbert Böckl hat in der Engelskapelle im Benedikti nerstift Seckau als einziger einen ganzen Raum mit Wandmalerei gestaltet. In der Schweiz denke ich an die sehr bedeutenden und einfallsreichen Raumgestaltungen durch Ferdinand Gehr, dessen figurative Werke in Oberwil vor Jahrzehnten viele Diskussionen auslösten. Die Einladung der polnischen Künstlerin zur Entwurfsarbeit und die Annahme dieser Ent würfe durch die Pfarrgemeinde und ihre kom petenten Instanzen war ein Prozeß von zwei Jahren, der eine erstaunliche geistige Mitar beit aller Beteiligten erforderte und, wie mir scheint, zu einem sehr befriedigenden Ergeb nis führte: Mit den Entwürfen von Teresa Stankiewicz war die künstlerische Ausstattung des auch architektonisch und baulich in manchen Be reichen neuzugestaltenden Kirchenraumes als geistige Basis aller zusätzlichen Maßnah men gegeben: Die Bodenfrage wurde gelöst, Korrekturen der Seitenwände wurden möglich durch die neue Anlage der Beichtorte unter der Empore (Aufgabe der Kanzel, Wegfall der Beichtstühle in den Seitenwänden), aber Be lassen aller Fenster im Chorraum und im Langhaus. Das Ziel des Raumes sollte das Geschehen am Altar sein, begleitet von der malerischen Ausgestaltung der Chorapsis mit dem Abendmahlsbild unter den Fenstern, die bei Morgenlicht die Bilder sicher überstrahlen, bei elektrischer Beleuchtung vor dem dunklen Himmel still werden und das Abendmahl spre chen lassen. Auf der rechten Seite der Tauf stelle unter dem Bild der Geburt Christi und, wie es im CREDO heißt: ,Geboren von der Jungfrau Maria - gelitten unter Pontius Pila tus' - so beginnt der Kreuzweg auf der West wand, schließt den Raum der gläubigen Ge meinde ein, setzt sich an der Nordwand bei der Empore fort, gipfelt im Erlösungstod Christi und endet nicht im Grabe, sondern in der Dar stellung des Auferstandenen über dem Sa kramentspfeiler. Es braucht den Mut, das Ganze und nicht das Halbe zu wollen. Der Kreis muß sich schließen, denn es ist mit sehr klaren künstlerischen Mitteln sinnfällig und 71

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