Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Kunst der Gegenwart Das Werk der Malerin Teresa Stankiewicz in Oberösterreich Erich Widder Für die Kirche „Maria Königin Poiens" in Kra kau-Nova Huta schuf Professor Rudolf Koibitsch 1976/77 die Kreuzwegbilder, die auch für ein Betrachtungsbuch mit dem Text von Karoi Woityla, dem heutigen Papst Johannes Paul II., Verwendung fanden. Umgekehrt hat die Krakauer Künstlerin Teresa Stankiewicz seit diesem Zeitpunkt in Oberösterreich eine Reihe von Werken geschaffen, die mit der pol nischen Kirchenkunst der Gegenwart vertraut machen, die In unserem Raum noch nicht so bekannt ist, wie zum Beispiel die zeitgenössi sche Musik dieses Landes. So wie bei dieser ist der Bogen der Empfindungen in den Wer ken der bildenden Kunst Polens weit gespannt zwischen Tradition und Gegenwart, es gibt viele starke Wurzeln Im Volkstum und zugleich eine besondere Weltoffenheit und Aufge schlossenheit, was wieder nur aus dem harten Schicksal dieser Nation zu erklären ist. Die künstlerische Jugend von Warschau und Krakau studierte im 19. Jahrhundert in Mün chen, Paris und St. Petersburg und auch nach der staatlichen Einigung und Freiheit nach dem Ersten Weltkrieg gab es noch Wirkungen aus Paris: der polnische Maler Pankiewicz gründete 1925 eine Pariser Filiale der Kra kauer Akademie, das sogenannte Pariser Komitee. Von diesem Institut leitete sich die Entwicklung des polnischen Kolorismus ab. Daneben gab es traditionelle Richtungen etwa der ,,Krakauer Schule der Landschaft", aber wesentlicher wurde die stürmische Suche nach etwas Neuem. Das Bestehende wurde negiert. Das ,,Junge Polen" begann in Krakau schon in der österreichischen Zeit Galiziens, Jugendstil, Symbolismus und Neuromantik breiteten sich aus, die führende Gestalt wurde Stanislaw Wysplanski, der nicht nur von Paris, sondern auch von der Wiener Sezession starke Impulse nach Krakau brachte, wo die berühmten Glasfenster der Franziskanerkir che heute noch so beeindrucken, wie es höch stens die Jugendstilfenster des Niklasmünsters in Freiburg in der Schweiz vermögen, die übrigens ein Kollege von Wysplanski, Josef Mehoffer, geschaffen hat. Das Farbempfinden und das expressive Kolorit spielte aber auch bei den übrigen Künstlern des jungen Polen eine entscheidende Rolle, alle zusammen lei steten Vorarbeit für die kommenden Dinge. .. Die internationale Sammlung moderner Kunst in Lodz hat es sich zur Aufgabe gemacht, die künstlerische Avantgarde in Polen in den zwanziger und dreißiger Jahren darzustellen. Bei den Dichtern waren es die Futuristen, bei den Malern die Formisten, die bewußt als Neuerer agierten und gegen die Vorgänger polemisierten. In der Gruppe ,,Blok" organi sierten sich die Künstler, diese brachten zwei Jahre sogar eine Zeitschrift heraus. Es waren die zwanziger Jahre, die in Linz auch zur Porträtstudie der polnischen Malerin Teresa Stankiewicz. - Sämtliche Fotos: Verfasser Gründung des Künstlerbundes Maerz führten. Architektonische Kompositionen, Raumkom positionen, neue Strömungen in der zeitge nössischen abstrakten Plastik kamen auf, Werkgeschenke von vielen in Paris lebenden Malern gingen nach Lodz, Polen beteiligten sich schließlich auch, wie zum Beispiel der be kannte Maler und Dichter Stanislaw Witkiewiecz. Wladislaw Strzeminski war der Organi sator dieser Sammlung, die, als sie während des Krieges unter deutsche Verwaltung kam, leider auch schwere Einbußen zu verzeichnen hatte. Trotzdem hat dieses Museum wesent lich die Grundlagen einer rationalen Kunst ge schaffen, die bei der jetzigen Künstlergenera tion in Polen weithin einen geometrischen La borcharakter trägt. Es wird der Zusammen hang mit der modernen Wissenschaft gese hen, es werden angemessene Mittel für un sere rationalisierte Epoche gesucht. .. Vor diesem Hintergrund sind auch die Werke unserer Künstlerin zu sehen, der dieser Bei trag gewidmet ist. Seit langen Jahren war sie uns nicht nur als Malerin, sondern auch als Dichterin bekannt, wir haben schon in den sechziger Jahren ihre Werke in der Krakauer Franziskanerkirche aufgesucht und später die großen Kirchenneugestaltungen im Bereich der Erzdiözese Krakau bewundert. Zum Un terschied von der freien, ungebundenen Gra phik, in der sich der homo ludens in einer Art experimentellem Spiel zu den Fragen Mensch und Zivilisation äußert, spricht sich in den Kir chenbildern die Weit des Glaubens in einem ureigenen Vokabular von Zeichen, Farben und Licht aus: Abstraktion und asketische Fi gürlichkeit, dekorative Eiemente und heilsge schichtliche Darstellungen fließen in der spon tanen, schöpferischen Methode der Künstlerin ineinander. Der lineare Malstii der Ikonen, volkstümlich naive Lyrik sprechen aus der zu rückhaltenden Gestik der Figurenprogramme. Ein Werk hatte sich schon entfaltet, das die aus Lublin gebürtige Künstlerin durch ein sehr erfolgreiches Studium an der Krakauer Aka demie der Bildenden Künste grundiegte. Aus stellungen haben ihre Schaffen außer in Polen auch in Wien und Mailand, in Schweden und Spanien bekanntgemacht, schließlich in Linz und Wels. Man spürte, wie sich dieses im natürlichen Wi derstand gegen den während der Biidungsjahre der Künstlerin herrschenden Sozrealismus entfaltet hatte; diese durch restlose Veräußerlichung pervertierte Kunst der doktrinä ren Verherrlichung, eines weltimmanenten Optimismus, forderte die introvertierte Künst lerin zur größten Inneren Aktivität heraus, die von älteren Professoren, die vom Kubismus und der Abstraktion her kamen, genährt wur de. Die junge Malerin, deren Mutter Pianistin ist, hat einfach für sich zuhause Naturalismus, Kubismus und Strukturallmus verarbeitet, bis bei der ersten Graphikausstellung in Krakau 1958 schon ein besseres Klima herrschte; damals gab es eine interessante Kunstzeit schrift in Krakau, die ,,revue artistique". Das sind die Vorbedingungen für ihre Werke in einer ganzen Reihe von Kirchen in Polen, die sie bisher gestaltet hat, nicht nur in der Erzdiö zese Krakau, wo sich Kardinal Woytila als Ailround-Seelsorger aus pastoralen Gründen besonders auch mit den Problemen der Künstler befaßte und die hervorstechenden Persönlichkeiten, auch Teresa Stankiewicz, immer wieder einlud, in ihrer Weise zur Ver kündigung der Frohbotschaft Stellung zu be ziehen. Nach der offiziellen Beauftragung für die Pla nung der Restaurierung der Herz-Jesu-Kirche in Zürich-Oerlikon im Jahre 1976 wurde vom 69

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