Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Landeskunde Vor 200 Jahren starb P. Maurus Lindemayr Walter Luger In der von Abt Amand Schickmayr gewidme ten Grabinschrift in der Pfarrkirche von Neu kirchen bei Lambach heißt es: „Weihet dieser Grabstätte eine frome Thräne. Hier ruhen die Gebeine Des Hochwürdigen und Hochgelehrten P. Maurus Lindemayrs. Ehemaligen Priors des Benediktinerstifts Lambach, Dessen Zierde, Liebe, Tugendmuster Er durch 36 Jahre war. Neukirchen, dieß sein Geburtsort, weinet. Daß es ihn nach 24 Jahren Seines Apostolischen Hirtenamtes aihier Im 60. Jahre seines Alters den 19. Heumonats 1783, Noch zu frühe verlieren muste. Lambach vermisst an ihm Das Kleinod seiner geistlichen Mitglieder, Die Religion einer ihrer eifrigsten Vertheidiger, Die gelehrte Weit Einen weitberühmten Schriftsteller Geistesvoiien Redner, gebohrnen Dichter, Seine betrübten Mitbrüder und Freunde Den theuersten Mitbruder, wärmsten Freund Amand sein nach ihm sehnsüchtiger Vater Und Abt zu Lambach, Der ihm dieß Ehrendenkmaai gestiftet. Den Erstgebohrnen seiner geistiicfien Söhne." Lindemayr wurde am 17. November 1723 als Sofin des Schulmeisters und Mesners Martin Lindemayr und dessen zweite Gattin Elisabeth in Neukirchen bei Lambach in Oberösterreich geboren. In Neukirchen besuchte Gajetan Be nedikt Maximilian Lindemayr auch die Volks schule. Frühzeitig kam er als Sängerknabe in das Benediktinerkloster Lambach. Mit seinem älteren Bruder besuchte er das Jesuitengym nasium in Linz. Seine Neigung für die Dicht kunst wurde hier bei den verschiedenen Thea teraufführungen geweckt. Nach dem Tode seines Vaters trat er 1746 als Novize in das Kloster Lambach ein, wo er den Klosternamen Maurus erhielt. Seine theologische Ausbil dung erhielt er im Kloster Lambach und in Salzburg. Primiz feierte er am 6. Oktober 1749 in Lambach. Nun stand Ihm ein reiches Betätigungsfeld of fen. Sein Abt Amand Schickmayr schickte ihn nach Aichkirchen und Neukirchen in der Ab sicht, einen Teil der im Zuge der Reformation evangelisch gewordenen Bevölkerung dem katholischen Glauben zurückzugewinnen. Be reits 1754 wurde er zum Prior gewählt. 1759 ging er auf eigenen Wunsch als Pfarrer nach Neukirchen, wo er bis zu seinem Tode blieb (19. Juli 1783). Als theologischer Schriftsteiler hat Lindemayr Wertvolles geleistet. So erschienen z. B. 1667 in Augsburg ,,Die großen Merkmale der Gott heit Jesu in seinen Wunderwerken, in seinem Kreuzestode und in seiner Kirchenstiftung" und zehn Jahre später ,,Predigten auf alle Sonn- und Festtage des ganzen Jahres". Er nianfwlih^c IIICHn "/fif , -^ampu( fn'ü j~~- P. Maurus Lindemayr, Kupferstich von P. Koloman Feiner. Foto: Verfasser Übersetzte auch eine Reihe von Predigten aus dem Französischen. Für die Dichtkunst Österreichs wurden seine geistlichen und weltlichen Gedichte, seine Theaterstücke in hochdeutscher Sprache und auch in oberösterreichischer Mundart bedeu tungsvoll. Geweckt und gefördert wurde seine Dichtkunst gerade in seiner ländlichen Pfarre. Anfänge, die schon in den Beginn seines Wir kens unter der Landbevölkerung fallen, waren Mundartgedichte. Doch folgten bald seine Lustspiele, die uns gut beobachtete Einblicke in das damalige Landleben geben. Liebe zu seinen Landsleuten tritt uns in allen Dichtungen Lindemayrs entgegen, in denen er die mit Arbeit und Sorgen überhäuften Bauern und Bäuerinnen schildert. Auch Geist und Humor finden wir in seinen Werken, in denen er sich mit den Schwächen der Menschen oder mit Zeitereignissen auseinandersetzt. Auch seine versöhnliche Art tritt uns immer wieder entgegen, wie z. B. in dem Gedicht über die alte und neue Zeit, in dem er aufzeigt, daß sich die Menschen in ihrer Handlungs weise doch immer gleich bleiben. So heißt es hier zum Schluß: ,,Vor Zeiten! - Mei', daß ma' vor Zeiten mag sagn und über die jetzige Zeit a so klagn. Es ist schon a so und bleibt schon a so, es Is a so gwen und a so is's hait noh." Neben den hochdeutschen Theaterstücken sind die mundartiichen Werke von besonderer Bedeutung, für die er hauptsächlich den Stoff aus dem bäuerlichen Leben nimmt. Das ist für diese Zeit etwas Neues, da man bisher das Landvolk mit seiner Sprache für viel zu plump und ungeschlacht hielt, um es in einem Thea terstück selbständig auftreten zu lassen. Über die Theaterstücke von Lindemayr in ,,obderennsischer Volksmundart" schrieb der Prior P. Erenbert Sperl in seinem Tagebuch: . . wozu sich vieiieicht keiner noch wagen durfte, wenn er nicht die Mund- und Denkart unseres Volkes vollkommen inne hat." Es wird hier ausdrücklich hervorgehoben, daß Linde mayr es als erster wagte, selbständige Diaiektstücke in oberösterreichischer Mundart zu schreiben, womit er bahnbrechend für die Mundartdichtung geworden ist. J. Nadler schreibt in seiner Literaturgeschichte Österreichs (1948): ,,Maurus Lindemayr ist der Mann, der aus dem Spielgebrauch der oberösterreichischen Klöster für das bäuerli che Land genau das gleiche geleistet hat wie aus dem Spielgebrauch des Wiener Hofthea ters Philipp Hafner für das vorstädtische Voikstheater." Im Lexikon der Weltliteratur von G. Wilpert, Bd. 1 (1975), wird Lindemayr als ,,Begründer der mundartlichen Bauern dichtung in Österreich" bezeichnet. Während Lindemayrs ,,Dichtungen in ob der ennsischen Mundart" bereits 1822 im Druck erschienen, sind seine hochdeutschen Werke nie gedruckt worden. Aber auch diese sind ais literarische Dokumente jener Zeit interessant. Nadler z. B. bezeichnet in seiner Literaturge schichte den ,,Argonautenzug", der nach P. Erenbert Sperl am 6. August 1770 im Lamba cher Stiftstheater aufgeführt wurde, als ein Zwischenglied vom Barockspiel zu Grillparzer. In dem 1772 aufgeführten Stück ,,Der bei ei nem Arztentheater unentbehrliche Hans wurst" deutete der Untertitel ,,Der abgedankte Hanswurst" die Abkehr dieser Figur vom her kömmlichen Klischee an. Weitere hochdeut59

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