Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

nische Betreuung des berühmten Geigers. Der große Wiener Pianist Julius Epstein und der Sänger Dr. Josef Gänsbacher werden als Gäste erwähnt, vielfach auch Eduard Brüll und Dr. Eusebius Mandyczewski, der Direktor der Wiener Gesellschaft der Musikfreunde - und selbstverständlich immer wieder Karl Gold mark, der seit 1871 regelmäßig die Sommer monate in Gmunden verbrachte und fast schon als Wahigmundner anzusehen war.^^ Zu den berühmten Gästen zählten aber auch der spätere Brahmsbiograph Max Kalbeck und Dr. Eduard Hanslick; dieser, Universitäts professor und Musikkritiker- der im übrigen im Gegensatz zu mancher vorgefaßten Meinung sich nicht immer günstig zu den Brahmsschen Kompositionen äußerte - feierte, wie man aus der gesamten deutschsprachigen Presse erfahren konnte, seinen siebzigsten Geburtstag nicht etwa in Wien, sondern in Gmunden bei der Familie Miller-Aichhoiz. Von diesem denkwürdigen Tag, dem 11. Septem ber 1895, existiert sogar ein ausgezeichnetes Porträtfoto von Johannes Brahms, der selbst verständlich an dieser großen Geburtstagsfe stivität teilnahm. Ständiger Gast im Hause Mil ler- und erst recht natürlich bei Brahms-schen Besuchen - war Emil Heß, der als hochbegab ter Musiker und Pianist an den Hof der Königin von Hannover^ä berufen worden war; er war mit Brahms zumindest seit dem Sommer 1874 bekannt.^" Es gibt ein sehr interessantes Tagebuch der Frau Olga von Miller-Aichholz aus der Zeit vom September 1891 bis Mai 1892 - man könnte sagen: von Gmunden bis Gmunden^^- das die verschiedenen Besuche von Brahms in der Gmundner und in der Wiener Villa der Familie genauestens schildert und auch von etlichen Konzertabenden im privaten Kreis be richtet. Für den passionierten Gmundner ist es besonders erfreulich, aus diesen handschrift lichen Aufzeichnungen zu erfahren, wie er freut Brahms von einem ausgedehnten Spa ziergang in den Satori-Anlagen und rund um die sogenannte ,,Gloriette" war, bei dem er sich lebhaft an eine Villa des Herzogs von Meiningen am Comosee erinnert fühlte. An diesem gleichen Tag äußerte er sich beim Ab schied ausgesprochen befriedigt über die Mu sikalität des Hauses Miller und freute sich, daß ,,seine Werke auch im privaten Kreis so gut verstanden und gespielt würden". Die Schilderungen in dem biographisch un gemein wertvollen Tagebuch geben ein sehr anschauliches Bild dieser allgemein ge schätzten Familie Miller-Aichholz, sie be leuchten aber auch die wirtschaftlichen Aus wirkungen solcher Sommervillen. Aus den Aufzeichnungen geht hervor, daß die Einkäufe durchwegs in der Stadt besorgt wurden, man beschäftigte auch die einheimischen Hand werker vom Zimmermann bis zur Schneiderin und etwa erforderliches Personal wurde eben falls aus der ansässigen Bevölkerung ange worben. Man ging ins Theater, zur Regatta, man beteiligte sich an Wohltätigkeitsveran staltungen - kurz: Persönlichkeiten wie diese geschilderte Familie Miller-Aichholz lebten hier mit der Stadt, sie ließen aber auch die Stadt leben und aus dieser Wechselwirkung entwickelte sich manche nachhaltige Erschei nung. Ein für die Stadt Gmunden sicher einmaliges und unabsehbares Erbe aus der Beziehung Miller-Aichholz und Brahms ist das bis heute in Gmunden befindliche Brahmsmuseum. Es wurde drei Jahre nach Brahms Tod im Herbst 1900 von Dr. Victor von Miller-Aichholz ge gründet und war das erste Brahmsmuseum der Welt, untergebracht in einem eigens für diesen Zweck adaptierten Gartenhaus inner halb des Miller-schen Besitzes.^^ Dieses Mu seum enthielt eine unwahrscheinliche Fülle an biographischem Material und entwickelte sich bald zu einer beliebten ,,Brahms-Erinnerungsstätte" für die zahlreichen Freunde des Meisters. Dr. Miller-Aichholz hatte keine Mü hen und Kosten gescheut, das Museum mit al lem auszustatten, was in irgendeiner Weise den Menschen und den Musiker Johannes Brahms in der Erinnerung darstellen konnte, und Brahmsfreunde aus der ganzen Welt un terstützten ihn dabei. Das ehemalige Miller-sche Brahmsmuseum präsentierte allgemeine Museumsräume, die Bild- und Notenmaterial, Bibliothek, Büsten, Plaketten und weiteres musikgeschichtliches Material zeigten, darunter natürlich eine große Anzahl von handschriftlichen Briefen und eine umfangreiche Konzertzettelsammlung. Da neben aber gab es zwei eigene Brahmszimmer, die mit den Möbeln aus der Ischler Woh nung ausgestattet waren und die persönlich sten Erinnerungsstücke von Johannes Brahms enthielten. Da Miller-Aichholz aus Ischl sogar die Tür- und Fensterstöcke der ehemaligen Brahmswohnung erwarb und in Gmunden einbauen ließ, fanden die Besucher die Räume dieses Museums so authentisch, daß für viele der Eindruck entstand, Brahms wäre nur für einen kurzen Spaziergang abwe send und könnte jeden Augenblick herein kommen.^® Dieses in der gesamten Musikwelt bestens bekannte Brahmsmuseum blieb bis 1939 im Besitz der Familie Miller-Aichholz und wurde dann als großherziges Geschenk und Ver mächtnis der Erben nach Dr. Viktor und Olga von Miller-Aichhoiz^® der Stadt Gmunden für das städtische Museum übergeben, allerdings mit der verbindlichen Auflage, daß die Samm lung unveräußerlich sei und der Bedeutung entsprechend präsentiert werden müsse. Diese Forderung wurde 1946 bereits zum Teil erfüllt,®® seit der Wiedereröffnung des Kam merhofmuseums im Jahre 1971 ist in den neuadaptierten Räumen ein schönes Brahmszimmer innerhalb der ständigen Schauräume eingerichtet. Die übrige Samm lung bietet sich, da sie nun schon einigerma ßen durchgearbeitet ist, den zahlreichen wis senschaftlichen Brahmsstätten als gute For schungsgrundlage an. Die weit über Öster reich hinaus bedeutende ,,Sammlung MillerBrahnis-Miiseuiii. Das von Viktor v. Miller zu Aichholz im Jahre 1900 gegründete atralims-Musouiu, welches sich iu Traunleiten bei Gmunden (Miller-Aichhok-Ötraße, zwischen der Haltestelle „Rosenkranz" der elektrischen Lokalbahn und den Satori-Anlagen) befindet, ist für alle Brahma-Verehrer vom l.Juui bis 15. Oktober, Dienstag,'Donnerstag uud Sonntag von 10-I Uhr Vormittag zu sehen. Für Reisende, welche sich nur kurz in" Gmunden aufhalten, auch an anderen Tagen und zu anderer Zeit, gegen Anmeldung beim Besitzer. Das kloine Museum enthält eine getreue Nachbildung der einstmaligen Sommerwohnung von Brahms in Ischl (Salzburgerstralle 2ö). Die Ausstattung der Zimmer, die gesamte Einrichtung ist dieselbe, welche Brahms durch viele Sommer in Ischl benützte und bakU' nach seinem Tode nach Gmunden itbertragen wurde. Außer den Brahms-Zimmern ist eine Sammlung von Manuskripten, Briefen, Postkarten, Portraits, Büsten, Medaillen, Brahms-l.iteiatur etc. etc. zu sehen. 32

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