Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

Aus Gmundens Kurlisten, Gäste- und Tagebüchern Beziehung und Auswirkung am Beispiel Miller-Aichholz und Brehms Eifriede Prillinger Eine eingehende Betrachtung der „gastlichen Verhältnisse" des Salzkammergutes während der letzten einhundertfünfzig Jahre gewährt einen höchst interessanten Bück in eine Epo che, die in fast jeder Beziehung dem Aufbruch in eine neue, bewegte Zeit gleichkommt. Viel leicht ist dieser Eindruck im Salzkammergut deshalb besonders hervorstechend, weil das Gebiet durch Jahrhunderte nur auf seine ei gentliche Aufgabe, die Bewältigung des Sal zwesens, zu dem Bergbau, Salzschiffahrt, Handel und Waldwirtschaft gehörten, be schränkt blieb - und aus wirtschaftlichen und bevölkerungspolitischen Gründen auch blei ben mußte. Dann aber begannen sich zu An fang des 19. Jahrhunderts verschiedene tech nische Veränderungen anzubahnen und in nerhalb weniger Jahrzehnte ergoß sich ein für die damaligen Umweltverhäitnisse fast über mächtiger Fremdenstrom über dieses Gebiet. Ursache war sowohl die durch berühmte Publikationen^ bekannt gewordene Naturschön heit, als auch die Anwesenheit oder wenig stens Nähe des kaiserlichen Hofes und die damit verbundene gesellschaftliche Aufwer tung. Diese neue Situation veränderte die ursprüng lichen Gegebenheiten grundlegend. Seit etwa 1830 waren es vor allem die Orte im Trauntal, einige Jahrzehnte später aber auch die Ge biete am Attersee, Wolfgang- und Mondsee, die sowohl in ihrer Struktur, als auch im äuße ren Erscheinungsbild einen wesentlichen Wandel erfuhren. Im Gmunden der ersten ,,Kurstadt-Ära" läßt sich die Unruhe dieser Aufbruchszeit, das Hin und Her zwischen traditionellem Verhalten und neuen Vorstellungen und Notwendigkel ten aus den verschiedenen öffentlichen Publi kationen deutlich ablesen. Im Gmundner Wo chenblatt, der seit 1851 existierenden lokalen Wochenzeitung, und in der Curliste, die ab der Saison 1864 etwa von Mai bis Oktober wö chentlich erschien, sind eindrucksvolle An noncen über Geschäftseröffnungen, Lokal veränderungen, Angebote von Sommerwoh nungen und Anpreisungen von geschäftlichen oder gewerblichen Leistungen während der sommerlichen Saison zu finden und sie ver mitteln ein bezeichnendes Bild der sich ali mählich verändernden Wirtschaftslage in der ehemaligen Saizhandelsstadt; sie können mit ihrer Fülle an Informationen auch heute noch als wichtige Quelle wirtschaftshistorischer Forschungen angesehen werden. Von be sonderem Interesse sind natürlich die Namen der Persönlichkeiten, seien sie nun zum Zeit punkt ihres Aufenthaltes in Gmunden berühmt oder noch gänzlich unbekannt gewesen, sol che Einstufungen werden ja von der Zeit viel fach korrigiert. Aus all den Angaben, die den alten Publikatio nen zu entnehmen sind, kann man jedenfalls die große Aufgabe ermessen, der die einhei mische Bevölkerung (zum Glück unbewußt) gegenüberstand; es galt nämlich, das neue Gesellschaftsleben zu bewältigen, das durch adelige und wohlsituierte Herrschaften von den großen Städten mit einem Mal aufs Land verpflanzt worden war. Vielleicht waren die Verhältnisse insoferne mit den heutigen ver gleichbar, als viele Städter auch damals schon in einer Art von nostalgischem Enthusiasmus, oftmals ohne realistische Einschätzung, die Herrlichkeit der ländlichen Natur priesen und bewunderten, nicht aber auf den selbstver ständlich gewordenen städtischen Komfort - was immer die einzelnen Epochen darunter verstehen mochten - zu verzichten wünsch ten. Die aus solchen Voraussetzungen erwach senden Veränderungen brachten Gmunden bald einen unerhörten Aufschwung. Vor allem ergab sich seit etwa 1850 eine intensive Bau tätigkeit. Dabei wurde nicht nur die Stadt mo dernisiert (damals fielen die Mauern, die Türme und es entstand bereits die berühmte ,,Espianade") und die vorhandene Bausub stanz verbessert, sondern auch eine große . .. Handschriftlicher Erinnerungszettel Olga . Brahms-Diners und Erwähnung der dazu von Miller-Aichholz mit Anmerkung verschiedener eingeladenen Gäste, Stadtmuseum Gmunden 29

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