Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 2, 1983

gungstechnik wurde, neben welcher nur der um 1820 aufkommende Stahlstich noch eine größere Rolle spielte. Außer den verschiedensten künstlerischen Arbeiten fanden durch die Lithographie in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem die seit den zwanziger Jahren in zahllosen Einzelblättern und vielen Bilderserien überall hergestellten oder als Illustrationen In Reise taschenbüchern, Alben und Mappenwerken veröffentlichten Landschaftsbilder sowie Stadt- und Ortsansichten weiteste Verbrei tung. Die lithographische Technik nahm damit auch maßgeblichen Anteil an dem sich damals vollziehenden Prozeß der Entdeckung und Eroberung der Wirklichkeit durch die darstel lende Kunst, dessen geistesgeschichtllchen Hintergrund das im 18. Jahrhundert neuer wachte Interesse für die Schönheiten der Na tur und der Gebirgswelt bildete und der einer seits in der geographischen und fremdenver kehrsmäßigen Erschließung, andererseits in der künstlerischen Entdeckung und Verherrli chung der Alpenlandschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts seinen Höhepunkt er reichte. Das wichtigste Ziel für die Entdekkungsfahrten und ,,malerischen Reisen" der Biedermeierkünstler war damals die einzig artige Landschaft des oberösterreichischen Salzkammergutes. Daneben galt das künstle rische Interesse aber auch In besonderer Weise der noch unberührten Donaulandschaft mit ihren Siedlungen, Burgen und Schlössern. Zur gleichen Zeit entdeckten die Maler und Zeichner erstmals die malerisch-romanti schen Winkel und Motive, Straßen und Plätze der Städte und schufen so zahlreiche wirklich keitsnahe Bilder ganzer Stadtteile, Häuser gruppen oder einzelner Gebäude, die uns Ins gesamt das Aussehen unserer Städte und Orte zur Biedermeierzelt anschaulich überlie fern. Die zunächst ab 1817 in Wien und später auch in den Hauptstädten einzelner österreichi scher Länder entstehenden lithographischen Druckerein und Verlagsunternehmen boten den Künstlern willkommene Gelegenheit zur Vervielfältigung und weiten Verbreitung Ihrer vor der Natur entstandenen Landschaflszelchnungen und Ortsansichten. Die meisten von ihnen beauftragten fallweise einzelne Be rufskünstler oder Dilettanten mit der Herstel lung zeichnerischer Vorlagen oder beschäftig ten auch viele von ihnen längere Zeit hindurch als ständige Mitarbeiter. Für Linz und Oberösterreich ist als erstes und bedeutendstes Unternehmen dieser Art die 1827 von dem aus Enns gebürtigen Künstler und Lithographen Josef Hafner (1799-1891) in der Landeshauptstadt begründete lithogra phische Druckerei und Verlagsanstalt zu nen nen. Ihre Geschichte und die ganze Fülle der bis zu ihrer Auflassung um das Jahr 1859 aus ihr hervorgegangenen graphischen Erzeug nisse der verschiedensten Art ebenso wie der große, für diese Offizin tätige Künstler- und Mitarbeiterkreis sind in dem 1962 erschiene nen Werk von Else Giordanl (Die Linzer Haf ner-Offizin, herausgegeben von der Kultur verwaltung der Stadt Linz) gründlich erforscht und ausführlich dargestellt worden. Dem Künstler Josef Hafner lag natürlich die bildliche Wiedergabe der heimischen Land schaft und der Siedlungsformen im Stadt- und Ortsbild ganz besonders am Herzen. So ent standen in seiner Anstalt im Laufe der Jahre zunächst viele hundert Landschaftsdarstel lungen sowie Gesamt- und Detailansichten von Linz, aber ebenso auch von Städten, Märkten, Dörfern, Klöstern, Burgen, Schlös sern und anderen bemerkenswerten Motiven aus dem ganzen Land, die sowohl als Einzel blätter als auch, nach geographischen Ge sichtspunkten geordnet, zu verschiedenen Bilderserien zusammengefaßt, in größeren Auflagen gedruckt und verkauft wurden. Da gab es beispielsweise mehrere Ansichtsse rien aus Linz und Umgebung, Enns, Gmunden und Ischl, dem Salzkammergut, dem Traunund dem Mühlkreis, aber auch eine Reihe von Donauansichten sowie einzelne Bilder aus dem Bereich von Salzburg, Niederösterreich und der Steiermark. Zur Verlagsproduktion zählten als eigene Sparten aber auch die Herstellung und Ver vielfältigung von Porträts, ferner die Veröffent lichung von Heiligen- und Andachtsbildern, Tierdarstellungen, Blumen, Bilderbogen und Guckkastenblldern, Silhouetten, Zeichenvor lagen, Schulheften, Landkarten und schließ lich eine Vielfalt der verschiedensten Ge brauchsgraphiken von Formularen aller Art über Briefpapiere, Einladungen, Glück wunsch-, Fahr- oder Eintrittskarten bis zu den mannigfaltigsten Geschäftsreklamen, Plaka ten und sonstigen Alltagsdrucksorten in den weiten Lebensbereichen von öffentlicher Ver waltung, Gewerbe, Handel und Verkehr. Unter den vielen, hier in den wichtigsten Grup pen aufgezählten gelegenheits- bzw. ge brauchsgraphischen Erzeugnissen der Haf ner-Offizin sind die für das Gastgewerbe in der Ländeshauptstadt wie auf dem Lande In ver schiedensten Formen ausgeführten und bis heute in größerer Zahl erhalten gebliebenen Reklameblätter, Werbeprospekte, Speise oder Getränkekarten und sonstigen Drucksor ten in mehrfacher Hinsicht interessant und aufschlußreich. Vor allem die großformatigen, mit reizvollen Ansichten versehenen und schriftmäßig besonders sorgfältig ausgeführ ten Reklameblätter der bedeutenden Linzer Hotels und Gasthöfe, von denen wir das kurz nach der Erbauung im Jahre 1842 entstande ne, im Format von 50 mal 70 cm gehaltene Werbeplakat des einstigen Hotels ,,Zum Erz herzog Carl" In verkleinerter Reproduktion zeigen, sind charakteristische Beispiele für die von Josef Hafner in seiner Anstalt auch in der Gebrauchsgraphik stets angestrebte künstle rische Ausgewogenheit und ansprechende formale Gestaltung. Sie sind, wie das eben genannte Blatt in ganz besonderer Deutlich keit erkennen läßt, zumeist auch wichtige hi storisch-topographische Bilddokumente und zugleich Interessante Bild- und Schriftquellen zur Frühgeschichte des Fremdenverkehrs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das schöne Reklameblatt des Hotels ,,Zum Erzherzog Carl" zeigt uns im großen Hauptbild vor dem in eindrucksvoller Perspektive darge stellten viergeschossigen Gebäude die durch zahlreiche Staffagefiguren bunt belebte Ver kehrsfläche der Linzer Donaulände mit einem am Landungsplatz angelegten Dampfschiff, einer Reise- und einer Postkutsche sowie zwei eben nach rechts aus dem Bild ausfah renden Frachtwagen der Budweis-LinzGmundener Pferdeeisenbahn. In entgegen gesetzter Richtung nach Norden präsentiert uns der auf dem Blatt nicht genannte Künstler darüber in einer eigenen gerafften Panorama darstellung den weiten Rundblick aus dem Gasthof vom Linzer Schloß im Westen über den Markt Urfahr am jenseitigen Donauufer mit dem Pöstlingberg und der alten Holz brücke über den Strom, die lange Fläche des südlichen Uferstreifens an der unteren Lände bis zur einstigen Strasserlnsel mit der ihr am Ufer gegenüberliegenden, noch in jüngster Vergangenheit (1969) leider abgerissenen Wollenzeugfabrik im Osten. Beiderseits der großen Ansicht empfiehlt der Hotelbesitzer Bartholomäus Kogler in deutschen, französi schen und englischen Werbetexten sein neu erbautes, verkehrsmäßig günstig liegendes Hotel mit vielen elegant eingerichteten Zim mern, reizender Aussicht auf die Donau sowie romantischer Umgebung, aufmerksamster Bedienung im Restaurant, Reinlichkeit, Ord nung und billigen Preisen aufs Wärmste den einheimischen Gästen wie den durchreisen den Fremden. In ganz ähnlicher Weise gestaltet ist ein gro ßes Werbeblatt des beim ehemaligen (1843 abgebrochenen) oberen Wassertor gelege nen Gasthofes „Zum Roten Krebs" (Exemplar im Oö. Landesmuseum, Inv. Nr. OAL II 89/1), das von dessen geschäftstüchtigem Besitzer Sebastian Vogl bei Hafner in Auftrag gegeben wurde. Hier zeigt das Mittelbild die der Donau zugewandte Vorderfront des Gasthofes mit dem Namensschild. Im Vordergrund ist auf dem Strom das von rechts Ins Bild einfahrende Dampfschiff,,Ludwig I." zur Hälfte dargestellt. Über der großen Gasthofansicht befindet sich 24

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