und jetzt der Franz, alt werden, noch bevor das Alter erreicht war. Nein, niemals mehr in die Staubhalle, heraußen bleiben, den Job ver lieren, nicht Häuslbauen. Heraußen bleiben und nicht heiraten. Her außen bleiben, weit weg arbeiten fahren, kein neues Auto, keine Ste reoanlage, kein Farbfernseher, kein . . ., kein ... - erst als er an der Kante zu schleifen begann, merkte er, daß er wieder in der Halle war. Drinnen war das Fehlen von Franz anscheinend noch nicht aufgefal len, aber nur deshalb, weil niemandem etwas auffallen wollte, keiner wollte seine eigene Zukunft sehen. 27. 04. 78 / Donnerstag Ich bin mit Gabi im Kaffeehaus gesessen, habe diesen Genuß in mich hineinrieseln lassen und sofort eine innere Ruhe gefunden, für Stun den die Nervosität abgelegt, keine verschwitzten oder nassen Hände, keine roten Flecken im Gesicht. Wir sind dagesessen und haben ein fach über Belangloses gesprochen und dabei hinterlistig zwei ältere Damen bei ihren Gesprächen belauscht. 29. 04. 78 / Samstag Die Befürchtung, das HäßMche könnte mich überfallen, ist zur Wahr heit geworden. Wiederum beschäftigt es mich ganz und gibt nun keine Ruhe, verfolgt mich und nimmt mir jegliche Konzentration - wie soU ich da lernen! Wolfgang Lanzinger geduld der gedanken 24. 04. 78 / Montag ,,Was kann ein Tag schon bringen, der mit Aufstehen beginnt", ein Werbespruch, der der Wirklichkeit sehr nahe kommt. Das Ärgernis hegt bereits in der Luft, wird angeweht, bedenkenlos mit Vögeln dazwischen, die ahnungslos ihre Kreise in der Luft zie hen. Als ich am Nachmittag auf dem Balkon herumhege, gelingt es mir durch den Frühhngsduft zehn Jahre zurückdrehen zu können - durch geschlossene Augen alles nochmals zu erleben, mit dem Wunsch im Gehirn, daß es nicht aufhören soll. Ein Kinderschrei genügt und ich bin dem Weinen nahe! Ein ungewolltes Bekenntnis verfassen, das ohnehin jeder bereits kennt, und dabei glauben, es sei neu, Narrenwirtschaft rundherum! 25. 04. 78 / Dienstag Der totale Stillstand in allen Dingen, sogar das Schreiben fällt mir unendlich schwer, die Nervosität steigert sich immer mehr und er reicht ein unendliches Maß und dies bereits eineinhalb Wochen vor der Prüfung. Irgendwo ist eine vollkommene Ladehemmung vor handen, bleibt nur die Sehnsucht nach einem der oft erwünschten Traumzustände, endlich leben können ohne Angst und Erregungszustände, jedoch nur an der Freiheit all dieser Dinge riechen können und das Bewußtsein es niemals zu schaffen steht vor mir grundlos im Raum. Bücher stapelweise, ohne Grund momentan und zeigend die Armse ligkeit des Menschen, wissend um sein Versagen. Der Vorsatz des ,,einmal muß es gelingen" liegt vor mir am Boden, entschwebt in die Trockenheit des Raumes und fürchtet das alleszerstörende Gewitter. 26. 04. 78 / Mittwoch Lust oder Unlust, was zählt, ist der mehr oder minder vertane Tag, doch skurril durchlebte Welt, die nicht imstande ist zu antworten. Was also spielt die Zeit eine Rolle, wenn das getane Werk vor den Au gen zerfäUt und nicht wiedergutzumachen ist. Die Angst um 20 Sei ten kann zersetzen, kann vernichten, kann nicht wiederbeleben, oft maliges muß zwangsläufig scheitern. Wörter und Buchstaben in Zeitungen und Büchern. Ich möchte ein ,,u" sein, eine Stellung haben, den Standort in einem Wort, beliebig oft verwendbar, verantwortlich für viele Dinge und solange lachen, bis niemand mehr ein Weinen dahinter vermutet. 1. 05. 78 / Montag Mai, alles sollte schön sein, den Sommer über sich hinwegziehen las sen. Doch der Apfel hat nicht die volle Blüte erreicht. Was gibt es ei gentlich noch zu fragen, als das Einzige, ob ich noch Herr meiner Sinne bin. Die Beklommenheit ist eine andere als früher, zu echt, zu wahr, immer nahe und drohend. Die ständige Angst gehört zu mir, ist nicht mehr wegzudenken, mußte als Freund akzeptiert werden, die Lebensangst Sinnbild der Gesellschaft - und ich bin zu ehrlich dafür. Ein Handlanger der Unglückseügkeit. Durch das Geräusch des Wagens werde ich zum Unfreien und weiß nicht weiter, der Schritt - die Glocke. 7. 05. 78 / Sonntag Leichtes Lächeln nicht als Unsinn betrachten, sondern die Nerven behalten und die Augen schließen, tief Luft holen und die blöden Leute sehen, mit blöden Problemen, die mich überhaupt nicht inter essieren, die falsche Welt, die viel größere Schauspieler hervorbringt, als die beste Schauspielschule irgendwo auf dieser Welt. 8. 05. 78 / Montag Was ich hasse - das unruhige Tun der Vielen, die totale Ungewißheit, das Glauben ohne Ende und konrekte Anhaltspunkte, Dem Irrsirm wirklich begegnet sein. Menschen verärgert zu haben, macht Spaß und gibt ruhigen Schlaf, verhindert jedenfalls, selbst verärgert zu werden. Die einzige Chance des Abends - das veränderte Wesen, veränderte Dinge. Niemand ist entsetzt, am wenigsten ich, der alles auf den Kopf stellen möchte, der unmittelbare itefe Zwang der Umwelt. Nie kann und werde ich entfliehen, irgendwie enden diese Fluchtge danken stets in einer Sackgasse und Tränen sind die einzige Wirk lichkeit im Gesicht eines Menschen. Die einzigen wirklichen Freunde bleiben leblose Dinge, alle anderen habe ich durch Ehrlichkeit verloren. Das Gehirn als Zentrum entdecken, den Körper als Wunderwerk be trachten - Frauen oft anziehend, dann wieder abstoßend finden. Sol che Gedanken ins Innerste schleppen und dort als Falle gegen Annä herung benützen. Manchmal erschreckt sein über die ununterbrochene Wiederholung von Morgen, Tagesablauf und Abend. Den Wunsch äußern, das Ganze einfach umzudrehen und der Monotonie einen Streich zu spielen. 9. 05. 78 / Dienstag Tageseröffnung, ich erstaune über mein frühes Erwachen, die norma len Tagesbeginnschmerzen an bestimmten Stellen. Der lachende 95
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