Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Landeskunde Die Sammlung Burgstaiier in der Weiser Burg Elfriede Gabriel Im Zuge der Restaurierung der Welser Burg wurden auch einige Räume für die „Samm lung Burgstaiier" bereitgestellt. Damit besteht erstmals die Möglichkeit, diese Sammlung, die einen Großteil des Lebenswerkes eines der bedeutendsten Forscher unseres Landes im Bereich der Volkskunde enthält, an einem Ort zusammenzufassen. Der Umfang und die Be deutung dieser Sammlung für Oberösterreich und darüber hinaus für den gesamten deut schen Sprachraum wird jedoch nur verständ lich, wenn man den Werdegang von üniversitätsprofessor Dr. Ernst Burgstaiier verfolgt. Ernst Burgstaiier wurde am 29. Mai 1906 in Ried im Innkreis als Sohn eines Lehrers gebo ren. Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums ging er an die Universität Wien, wo er neben den Fächern Germanistik, Ge schichte, Vorgeschichte und Kunstgeschichte auch Volkskunde und Ethnologie studierte. Er hatte das Glück, daß zu seinen Lehrern so be rühmte Gelehrte, wie der Historiker H. V. Srbik, der Prähistoriker O. Menghin und der Volkskundler A. Haberlandt, gehörten. Nach seiner Promotion zum Doktor der Philo sophie (1930) und abgelegter Lehramtsprü fung war er viele Jahre in Ried bzw. Linz als Mittelschuiprofessor tätig. In seiner Freizeit begann er sich intensiv mit der Volkskunde seiner Heimat zu beschäftigen. Seine ausge dehnten Feidforschungen in diesen Jahren fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Pu blikationen über verschiedene Themen des Brauchtums. Im Jahre 1936 wurde Ernst Burgstaiier zum Sekretär der Landesstelie Oberösterreich des ,.Atlas der deutschen Volkskunde" ernannt. Diese Tätigkeit machte ihn erstmals mit der kartographischen Darstellung volkskundlicher Verbreitungsgebiete bekannt, die später einen breiten Raum seiner wissenschaftlichen Tä tigkeit einnehmen sollte. Den Markstein für seine wissenschaftliche Laufbahn setzte er 1944 mit seiner Habiiitierung an der Universi tät Heidelberg bei Professor Dr. Eugen Fehde. Durch die Kriegs- und Nachkriegsverhältnisse wurde seine wissenschaftliche Laufbahn vor übergehend unterbrochen; Burgstaiier kehrte in den Schuldienst zurück. Im Jahre 1953 wechselte er vom Bundesdienst in den ober österreichischen Landesdienst. In weiterer Folge wurde ihm die Leitung des,,Institutes für Landeskunde" übertragen, dem er bis zu sei ner Pensionierung vorstand. Dieser Tätigkeit verdanken wir nicht nur eine Reihe wissen schaftlicher Publikationen, sondern vor allem die kartographische Bearbeitung volkskundli cher Erscheinungsformen, die auf Grund einer großangelegten Fragebogenaktion, die in al len Schulorten des Landes durchgeführt wur de, erstellt werden konnte und ihren Nieder schlag im ,,Atlas von Oberösterreich" fand. Dieses von seinem Vorgänger Dr. Franz Pfef fer begonnene Werk konnte Ernst Burgstaiier vollenden. Neben dem umfangreichen Kar tenwerk enthält es vier Bände „Erläuterun gen" und gilt bis heute als Standardwerk der oberösterreichischen Landeskunde. Die kartographische Auswertung der ver schiedensten volkskundlichen Teilgebiete führte u. a. zu der interessanten Entdeckung, daß sich in unserem Lande von Norden nach Süden verlaufende Grenzsäume abzeichnen, die erkennen iassen, daß sich in Oberöster reich west- und ostösterreichische, ja westund osteuropäische Kuituriandschaften be gegnen. Wie bereits erwähnt, war Ernst Burgstaiier seit 1936 auch Mitarbeiter des ,,Atlas der deut schen Volkskunde". 1951 wurde er beim internationaien Kongreß der Archäozivilisation in Paris zum Generalsekretär der „Commission Internationale de l'Atlas du Folklore Europeen" mit Sitz in Paris gewählt. Bis 1958 ieitete er auch die Zentraisteile des,,österreichi schen Volkskundeatlas", dessen Mitbegrün der und Generalsekretär er war. Im Jahre 1964 erneuerte Ernst Burgstaiier seine Habilitation an der Universität Graz bei Professor Hanns Koren und wurde in der Folge zum ao. Univ-Professor an der Linzer Johannes-Kepler-Universität ernannt. 1970 erfolgte seine Ernennung zum W. Hofrat des Landes Oberösterreich. Es würde in diesem Rahmen zu weit führen, auf die zahlreichen Publikationen von Ernst Burgstaiier näher einzugehen, die u. a. im ,,Biographischen Lexikon von Oberöster reich" mehrere Seiten füilen und die verschie densten Gebiete der volkskundlichen For schung beinhalten. Bevorzugte Gebiete sind das Brauchtum, die Volksreligion, Arbeitsme thoden und -geräte in der vorindustriellen Landwirtschaft, sowie die Voiksnahrung. Zur ietzteren zählen auch seine Bücher über Brauchtumsgebäcke (,, Brauchtumsgebäcke und Weihnachtsspeisen", Linz 1957, ,.öster reichisches Festtagsbebäck" Wien 1958, ,,Das Ailerseeienbrot" Linz 1970 u. a.). Aber nicht nur auf voikskundlichem Gebiet verdanken wir Ernst Burgstaiier bedeutende Veröffentlichungen, auch im Bereich der Bau ernkriegsforschung und Prähistorie war er tä tig. Hierher gehören seine Arbeiten über vorund frühgeschichtliche Steindenkmäler und prähistorische Felsbilder, deren Bedeutung er als erster erkannte. Das Felsbildermuseum in Spital am Pyhrn geht auf seine Forschungen und Sammlungen zurück. Welch hohes Ansehen der Forscher interna tional genießt, erkennt man an der Tatsache, daß er Gründungsmitglied mehrerer interna tionaler wissenschaftlicher Organisationen ist und mehrfach mit einer Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet wurde. Die deutsche Geseilschaft für Vor- und Frühgeschichte in Bonn widmete ihm aniäßlich seines 70. Geburtsta ges eine umfangreiche Festschrift mit Beiträ gen namhafter Wissenschaftler aus allen Tei len der Welt. Aber auch in Österreich wurde er vielfach ausgezeichnet, so u. a. 1976 mit dem österreichischen Ehrenkreuz für Kunst und Wissenschaft I. Klasse, 1979 mit der Wissen schaftsmedaille der Stadt Linz und im selben Jahr erfolgte eine Ehrung seitens des Bun desministeriums für Wissenschaft und For schung für seine Verdienste auf dem Gebiet der Denkmaipflege. Die Beziehungen Ernst Burgstallers zu der Stadt Wels ergaben sich durch seine Freund schaft mit dem verstorbenen Welser Mu seumsdirektor Dr. G. Trathnigg, durch seine langjährige Mitarbeit am Welser Landwirt schaftsmuseum sowie seine herzliche Ver bundenheit zum Obmann des Welser Museal vereines Univ.-Professor Dr. Kurt Hoiter. Im Jahre 1971 verlieh ihm die Stadt Weis ihre höchste Auszeichnung auf kulturellem Gebiet: die Kuiturmedaiile der Stadt Wels in Goid, so wie 1976 die silberne Verdienstmedaille. Die vielfachen Beziehungen zu dieser Stadt führ ten schiießlich dazu, daß Ernst Burgstaiier ei nen Großteii seines Lebenswerkes in Wels deponierte. Die unter dem Namen „Samm lung Burgstaiier" zusammengefaßten Berei che gliedern sich im wesentlichen in drei Teile: das volkskundliche Archiv, die Bibliothek, die zu einem späteren Zeitpunkt angegliedert werden soll, und die Gebildbrotsammlung. Das Archiv wurde 1977 von Ernst Burgstaiier der Stadt Wels geschenkt und sollte bereits damals in der Welser Burg eingerichtet wer den. Zu diesem Zweck spendete 1978 der KIWANIS CLUB WELS 100.000 Schilling für die Anschaffung des nötigen Mobiiiars. Infoige der veränderten Situation, die sich durch die inzwischen gepiante Restaurierung der Burg ergab, mußte das Archiv alierdings vorerst im Depot des Welser Museums zwischengela gert werden und kann erst jetzt zur Aufstellung gelangen. Entsprechend der Vielseitigkeit der Volkskun de, einer verhältnismäßig jungen Wissen schaft, die es sich zur Aufgabe steilt, das Ge dankengut und die kulturelien Werte eines Volkes in allen seinen sozialen Schichten zu erforschen, ist das gesammelte Material viel schichtig. Es umfaßt Zehntausende von Kar teiblättern mit Einzelmeldungen volkskundli cher Verhäitnisse in Oberösterreich, vielfach aus ganz Österreich, für die Fragen der Ge bäckskunde auch des gesamten deutschen Sprachraumes. Ergänzt wird dieses Material durch einen großen Bestand bereits gezeich neter Karten zur oberösterreichischen und österreichischen Volkskunde sowie eine um77

RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2