Oberösterreich, 33. Jahrgang, Heft 1, 1983

Oberösterreich aktuell „Schloß Lichtenegg bei Weis (Frau Erzh. Marie Valerie). Die vier Kinderköpfe sind Porträts der vier ältesten auf L. geborenen Kinder der Erzher zogin." Kolorierte Radierung von J(akob) Groh (1855-1917), Blatt 479 x 618, Oö. Landes museum, OA Ii 345/3 ffi • ^ fr... «'VSonderpostamt. Ein Fest auf Schloß Puchberg (6. Mai) fehlt ebensowenig im Programm wie das große Welser Stadtfest vom 16. bis zum 19. Juni. Der Bogen der musikalischen Dar bietungen spannt sich von ,,Musik am Hofe Maximilians I." (29. Juli) bis zur,.Geschichte vom Soldaten" von Igor Strawinsky (19. Mai). Die Räumlichkeiten In der Burg Weis erlauben es, daß nahezu die Hälfte der Veranstaltungen Im Aussteliungsgebäude selbst stattfinden kann, so etwa konzertiert am 14. Mai hier das große Blasorchester Fulda, und die Kleine Weiser Bühne bringt 17 Aufführungen der Komödie ,,Die Gaunereien des Scappino". Das detaillierte Veranstaltungsprogramm (s. S. 58/59) ist dem Faltprospekt zur Landesausstellung beigelegt, der kostenlos von der Kuiturabteiiung des Amtes der ober österreichischen Landesregierung bezogen werden kann. Wer demnach im Aussteiiungssommer 1983 nach Wels kommt, um die gewaltige Schau ,.Tausend Jahre Oberösterreich" in sich auf zunehmen, tut gut daran, dies mit dem Besuch der einen oder anderen Sonderveranstaitung zu kombinieren. Er muß aber auch der Stadt Wels seine Reverenz erweisen. Vom ritter lichen Wels, seinen Burgen und Schlössern war schon die Rede, doch daneben existiert unübersehbar, glänzend und prunkvoll das bürgerliche Wels, ein faszinierendes Porträt aus Stein und Farbe. Wenn man mit auf nahmebereiten Sinnen durch die Gassen und Straßen der Innenstatt streift, kommt einem dieses bürgerliche Weis auf Schritt und Tritt entgegen, sei es mit Stuckfassaden, schmiedeeisernen Schildern, mit Renaissan cetoren, Eckerkern oder Säulenarkaden. Will man dies alles auf einmal genießen, so halte man auf dem Welser Stadtplatz an, der zweifellos zu den schönsten Straßenplätzen gehört, die Österreich zu bieten hat. Hier wird der Kunstfreund vergeblich versuchen, den genußreichsten Punkt zu gewinnen. Dieser Platz überrascht von jeder Stelle aus, gleich gültig, ob man vor dem ehemaligen Kremsmünsterer Freihaus steht oder vor jenem Stadtpaiais, das der Handelsherr Christoph Weiß von Würting 1589 im Stil der italieni schen Renaissance mit facettierten Quadern im Erdgeschoß, auf Fensterumrahmungen und Lisenen erbauen ließ. Ein Glanzpunkt be sonderer Art an diesem Stadtpiatz ist das Rat haus. Alles, was das Wels des 17. und 18. Jahrhunderts zu bieten hatte, scheint hier an einer Stelle konzentriert; reicher Stuck konkur riert mit der schmiedeeisernen Pracht der Fensterkörbe, und die Attika mit den Länder wappen wird bekrönt von aufgesetzten Stein vasen. Der gotisch-renaissancezeitiiche Kon trapunkt zum Rathaus findet sich auf dem Stadtpiatz Nr. 24, dem Hoffmannschen Frei haus. Sein gotischer Eckerker mit den phanta sievoll ornamentierten Architekturteiien be sticht gleichermaßen wie die in kräftigem Rot gehaltene Fassadenmalerei mit dem Wap penschmuck. In diesem Haus verbrachte Sa lome Alt, die einstige Lebensgefährtin des Salzburger Fürsterzbischofs Wolf Dietrich von Raitenau, nach dem Sturz des Kirchenfürsten ihren Lebensabend. Dem sogenannten Salome-Alt-Haus gegen über steht jene Kirche, in der sich die tausend jährige Geschichte des Landes Oberöster reich am Beispiel eines Gotteshauses nachvoliziehen läßt: die Weiser Stadtpfarrkirche. 888 zum erstenmal urkundlich erwähnt, ver fügt noch heute über beachtliche romani sche Bauteile, die Grabdenkmale, die sich in ihr erhalten haben, reichen bis herauf ins 19. Jahrhundert. Den Schwerpunkt bildet jene Epitaphiengalerie in der Turmhaile der Weiser Stadtpfarrkirche, die den Herren von Polheim gilt, jenem Geschlecht also, das auf mannig fache Weise mit Wels verbunden ist und das nichts unversucht ließ, die Stadt zu erhöhen und zu priviiegieren. Was aber die Welser Stadtpfarrkirche weit über den Rang einer lokalen Kult- und Kunst stätte hinaushebt, sind die Glasgemälde aus dem späten 14. Jahrhundert, die in die Fenster des Chorschlusses eingelassen sind. Der überwältigende Eindruck, den man von ihnen 71

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